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Ercan Altun im Gespräch mit Schülern der 8. Klassen der Sekundarschule Parey Türkisch, russisch, deutsch ... oder was?

Von Sigrun Tausche 10.12.2011, 05:22

"Türkisch-russisch-deutsch... oder was?" Das ist der Titel, unter dem der Schauspieler Ercan Altun mit Schulklassen ins Gespräch kommt - über Jugendliche mit bikulturellem Hintergrund, über Vorurteile und Wege, diese zu überwinden. Am Mittwoch war er bei den 8. Klassen der Sekundarschule Parey zu Gast.

Parey l Lehrerin Kerstin Dalitz war vorher genauso neugierig wie ihre Schüler, was sie erwarten würde - und hinterher genauso begeistert. "Dass man sooo eine Buchlesung machen kann... Wahnsinn!!" Das, berichtet sie, haben die Schüler gesagt. Von wegen langweiliges Dasitzen und irgendwas über sich ergehen lassen müssen! Von Anfang an waren alle zusammen mittendrin im Thema. Schon bei der kurzen Vorstellung nahm Ercan Altun die Schüler mit - zurück in jene Zeit nach dem Krieg zunächst, als Deutschland jede Menge Arbeitskräfte aus anderen Ländern dringend brauchte. Seine Eltern kamen damals aus der Türkei, wollten eigentlich irgendwann wieder zurück - und sind dann doch geblieben.

Ercan Altun ist in Bremen geboren, Deutsch ist seine Muttersprache, Türkisch für ihn eine Fremdsprache. Wer ist er denn nun? Deutscher? Oder doch Türke? Wie begegnen ihm Deutsche, die auch deutsche Wurzeln haben? "Kann ich helfen Ihnen?" So, sagt er, werde er gelegentlich angesprochen, weil manch einer wohl meint: Wer nach Ausländer aussieht, könne unmöglich die deutsche Grammatik beherrschen. Welche Überraschung, wenn er dann fließend deutsch antwortet! "Aber ich habe nichts dazu getan. Ich bin hier geboren!"

Unter den Schülern teilte Ercan Altun Kärtchen in drei Farben aus, mit den Aufschriften türkisch-russisch-deutsch. Und er stellte eine ganze Liste von Fragen, alles Vorurteile, die mal der einen, mal der anderen Nationalität verstärkt nachgesagt werden. Welcher, das sollten die Schüler jeweils entscheiden. Eine interessante Sache, die bald zeigte, wie daneben man meist liegt mit Vorurteilen und wie unrecht man dem Einzelnen damit tun kann.

Drei Bücher hatte Altun mitgebracht: "Spiel mit dem Feuer" von Susanne Orosz, worin es um einen Jungen geht, der aus Moldawien kommt, "Joyride Ost", ein Roadmovie-Roman von Thorsten Nesch, und "Arabqueen oder Der Geschmack der Freiheit" von Yasemin Güner Balci. Besonders gut angekommen sei bei den Pareyer Schülern "Joyride Ost", berichtete Kerstin Dalitz.

Jedoch war es nicht nur der Inhalt, sondern vor allem die Art und Weise, wie Ercan Altun die Bücher vorstelle, was die Schüler so begeistert hat. Er stellte diese nicht nur vor und las nicht nur einige Seiten daraus, sondern er schlüpfte regelrecht in die Rolle jedes einzelnen Akteurs, verkörperte diese so überzeugend, dass man glaubte, direkt dabei zu sein. Und er fragte nach: "Was glaubt ihr, wie fühlt der sich jetzt? Gibt es unter euch jemanden, der auch schon solche Erfahrungen gemacht hat?" Und so weiter.

Es war eine Veranstaltung, die unbedingt empfehlenswert ist, findet nicht nur Kerstin Dalitz. Vermittelt habe diesen Termin die Stadt- und Kreisbibliothek Genthin. Es ist eines von vielen verschiedenen Angeboten der Agentur "Eventilator".