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Umleitung 40-Tonner auf Schleichwegen

Die Sanierung der Bundesstraße 107 bei Genthin läuft. Die Nutzung der vorgeschriebenen Umleitung ist schwierig.

Von Thomas Skiba 29.03.2020, 23:01

Jerichow l Seit ein paar Wochen laufen die Bauarbeiten an der Bundesstraße 107 zwischen Jerichow und Genthin. Schon von vergangenen Bauarbeiten in den Vorjahren ist die Umleitung, die über Genthin-Altenplathow-Ferchland-Jerichow bekannt. Doch viele Kraftfahrer halten sich nicht an die vorgeschriebene Fahrstrecke, suchen Schleichwege und finden sie. Das war für die Anwohner von Scharteucke und Nielebock Grund zur Beschwerde, denn hier verbindet ein Wirtschaftsweg die beiden Jerichower Ortsteile, gern und häufig befahren gerade von schweren Holz-Transportern.

Das brachte die Regionalbereichsbeamten der Jerichower Wache auf den Plan. „Nachdem sich die Anrufe häuften und damit die Beschwerden über Krach und zerfahrene Wegränder“, sagt Polizeiobermeister Lutz Pelzer, „haben wir uns für unregelmäßige Kontrollen an den Zufahrten des Wirtschaftsweges entschlossen.“ Als örtliche Polizeibeamte mit Orts- und Anwohnerkenntnis ausgestattet, gelingt es Pelzer und seiner Kollegin Anja Andres zwischen Ortsansässigen und Durchfahrenden zu unterscheiden.

„Die Nielebocker und Scharteucker dürfen sich gegenseitig besuchen“, sagt Pelzer. Aus Erfahrung weiß er, dass zwischen beiden Ortschaften enge, zum teil verwandtschaftliche Beziehungen bestehen: „Auch die beiden Ortsfeuerwehren arbeiten eng zusammen und dürfen, ja müssen im Notfall den Weg benutzen“, erklärt der Ordnungshüter. Ein 40-Tonner könne den schmalen Teerweg versperren, und die Feuerwehr oder der Rettungswagen kämen nicht mehr durch, denn der Weg biete keine Aus- weichmöglichkeiten, da er links wie rechts von Gräben und Koppelzäunen gesäumt sei. „Umso mehr müssen wir darauf achten, dass sich die Strecke nicht für alle zur offiziellen Umleitungsstrecke entwickelt.“

Insbesondere Lastkraftwagen nutzen in der waldreichen Region, schwer beladen mit Holz, normalerweise die B 107 für die Fahrten zu ihren Sägewerken. Das war auch schon im vergangenen Jahr, als ein Teil der Strecke gesperrt war, ein Problem. Denn die Fahrer kennen die Gegend und wissen, wie sie die vorgeschriebenen Umleitungen umgehen können. Bei den Kontrollen zeigen viele Kraftfahrer auf ihr Navigationssystem: „Mir wurde diese Strecke als Umleitung angezeigt.“

Die Karteninformationen, so denken sie, legitimierten die Durchfahrt – egal was ausgeschilderte Umleitungen oder Hinweisschilder ihnen zeigen. „Wir müssen sie immer wieder darauf hinweisen, dass sich alle an die Wegweiser zu halten haben“, sagen die Beamten, und so mancher Kraftfahrer muss zurücksetzen und seinen Weg über die ausgewiesenen Umleitung nehmen.

Warum solche Verbindungen im Ländlichen Wegebau – so die offizielle Bezeichnung – überhaupt in den Karten der Navigationssysteme auftauchen, verstehen die betroffenen Anwohner nicht. Denn: Man darf dort nur mit Kraftfahrzeugen fahren, die zum Ausüben einer landwirtschaftlichen Tätigkeit notwendig sind. Es muss nicht immer ein Traktor oder Mähdrescher sein. Darunter fällt zum Beispiel auch ein normaler Pkw, wenn man zum Beispiel Obst ernten will. Nicht erlaubt ist das Durchfahren zum Zwecke einer Abkürzung.

Aber auch auf der offiziellen Umleitungsstrecke macht den Anwohnern der Lkw-Verkehr zu schaffen, doch aus anderen Gründen. Sie beklagen, dass sich die Fahrer in den Ortschaften nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Insbesondere lang gestreckte Ortsausfahrten wie in Ferchland laden den einen oder anderen Fahrer dazu ein, schon weit vor dem Ortsschild ordentlich Gas zu geben.

Andererseits sehen die Anwohner die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde als Belastung, weil Teile der Umleitungsstrecke nie grundhaft ausgebaut wurden. Unter der scheinbar glatten Asphalt-Decke versteckt sich ein Betonplattenweg mit Absätzen an den Ausgleichsspalten. Fahren dann schwer beladenen Lkw mit der innerorts zugelassenen Geschwindigkeit darüber, wirken die Kanten wie kleine Barrieren, die dann Vibrationen verursachen, beschreiben die Anwohner die derzeitige Situation.

Sie berichten von Schäden an ihren Häusern, einschließlich Erschütterungen, die sie am Küchentisch spürten. Was den Pkw-Verkehr angeht, so hält sich der auf der Umleitungsstrecke derzeit in Grenzen, denn die Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie untersagen jeglichen Reiseverkehr und beschränken Autofahrten auf das notwendige Maß.