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Vortrag Als ein Genthiner für die Arbeiter kämpfte

Vor 200 Jahren wurde in Genthin Friedrich Ludwig Bisky geboren. Aus diesem Anlass erinnerte Antonia Beran an den Sohn der Stadt.

Von Mike Fleske 19.10.2017, 01:01

Genthin l Mit einer besonderen Persönlichkeit, die durchaus Pflichtprogramm für Heimat- und Personenforscher der Region hätte sein können, beschäftigte sich Antonia Beran in einem Vortrag. Leider hatten sich nur wenige Zuhörer in der Stadt- und Kreisbibliothek eingefunden. Schade, denn die Kreismuseumsleiterin widmete sich sehr anschaulich dem Leben und Wirken Ludwig Biskys, dessen Wurzeln in Genthin zu finden sind.

Denn am 19. Oktober 1817 kam Friedrich Ludwig Bisky als Sohn von Wilhelmine und Carl Gustav Bisky in Genthin zur Welt. Der Vater, bei der Gendamerie tätig, war 1815 in die Stadt am Kanal versetzt worden. Noch drei weitere Kinder gehörten zur Familie, Carl, Minna und Charlotte, die zwischen 1812 und 1816 geboren wurden.

Friedrich Ludwig ging in Genthin zur Schule. „Wahrscheinlich in die Knabenschule an der Schul-/Jahnstraße“, schätzte Beran. Die frühen Jahre Biskys liegen weitestgehend im Dunkeln. Auch wo er seine Lehre als Gold- und Silberschmied machte, ist unklar. „Es gab in der Stadt keinen solchen Betrieb.“ Was man sicher ist, dass Ludwig Bisky bereits mit 18 Jahren Vollwaise wurde und er eine gewisse Bildung besaß. Früh zeigten sich sein rhetorisches und dichterisches Talent.

Das nutzte er in den 1840er Jahren, als er nach Berlin gegangen war. Dort trat er dem Berliner Handwerkerverein bei, eine Organisation, die sich der Bildung der Arbeiter verschrieben hatte. Jedoch wurde dieser auch eine der Keimzellen für die Revolution von 1848, in der sich die Arbeiter gegen die Ausbeutung durch die herrschende Klasse auflehnten.

Bisky mittendrin, fordert eine gewerkschaftliche Organisation, ein Recht auf Arbeit und die Teilhabe an den Früchten der Arbeit.“ Er hatte sogar die Idee eines Arbeitsministeriums, das mit Arbeitern besetzt sein sollte. Der König ließ das Militär aufmarschieren und den Aufstand niederschlagen. Ludwig Bisky wurde 1850 aus Berlin ausgewiesen und folgte seiner Schwester Charlotte, die den Amtmann Theodor Lindenberg geheiratet hatte, und deren acht Kindern in die USA.

In den Columbus/Ohio USA bauten sich die Familien neue Existenzen auf. Nach Ausbruch des Sezessionskrieges in den USA trat Bisky (nun mit dem Vornamen Louis) 1861 als Leutnant freiwillig in das 45. New Yorker Regiment ein. Als Hauptmann und Kompaniechef kämpfte er auf der Seite der Nordstaaten in der Schlacht von Chancellorsville. Bis heute ist dieser Ort in den USA präsent, denn der gegnerische General der Konföderierten Staaten von Amerika (Südstaaten) war ein gewisser Robert Edward Lee. Im Sommer 2017 gab es beim Aufmarsch von rechten Gruppierungen am Denkmal dieses Generals gewalttätige Auseinandersetzungen. Als ein Mann mit seinem Auto in die Menge raste, gab es 19 Verletzte und eine Tote.

Bisky kämpfte im Sezessionskrieg auf der Seite der Vereinigten Staaten (Nordstaaten), wie übrigens zahlreiche aus Deutschland geflohene oder ausgewiesene Kämpfer der deutschen Revolution 1848. Rund 216.000 Deutsche habe es im Unionsheer gegeben, berichtete die Museumsleiterin. „Es gab Einheiten, die sich sogar auf Deutsch verständigten.“

Am Ende siegten die Konföderierten in Chancellorsville, die Verluste waren mit fast 30.000 Mann sehr hoch. Einer der Getöteten war Ludwig Bisky. Er fiel am 2. Mai 1863 und hinterließ seine Frau Henriette, die sieben Monate nach dem Tod ihres Ehemannes eine Tochter gebar. Emma Bisky kam 1864 zur Welt. Die Nachfahren der Lindenbergs und Biskys gibt es in den USA noch heute.

Biskys Verwandte haben vor einiger Zeit das Tagebuch ihres Urahnen aus dem Bürgerkrieg im Internet veröffentlicht, sodass diese Phase im Leben des einstigen Genthiners für eine große Öffentlichkeit dokumentiert ist. In dessen Geburtsstadt gibt es heute von Ludwig Bisky keine Spuren mehr. Eckhard Neumann, Gast des Vortrages und Bisky-Forscher, erinnerte sich an die Zeit, als dem Pionierhaus der Name „Ludwig Bisky“ verliehen wurde.

„Wir haben auf das Schild nur ‚Ludwig Bisky‘ geschrieben, der Name Friedrich wäre einfach zu lang gewesen.“ Auch eine Tafel habe man 1980 enthüllt, aber Beides sei heute nicht mehr existent. „Genau wie der Name Bisky in Genthin. „Der ist hier nie heimisch geworden“, berichtete Antonia Beran. Man würde ihn eher in Westpreußen fündig werden.

Dort habe auch die Familie des Malers Norbert Bisky ihre Wurzeln, sodass es eine Verbindung zu dem Künstler oder dessen verstorbenen Vater Lothar Bisky geben könnte. „Nachweisen lässt sich das leider nicht“, so Beran. Ludwig Bisky sei noch einmal in Genthin gewesen. Zu Zeiten der 48er Revolution, habe er am Bahnhof aufrührerische Reden gehalten und sich den Unmut des Landrates zugezogen. Geblieben ist vom vergessenen Sohn der Stadt Genthin aber doch etwas: Das „Lumpensammlerlied“. Noch heute gern gesungen auf Mittelaltermärkten oder von Liedermachern. Darin heißt es: „Eure großen Weltenwunder sind nur wohlgeborner Plunder. Hader, Lappen, Fetz und Fleck, s´ist doch nur alles Lumpendreck.“ Ganz schön frech...