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Winterdienst Sparbeschluss rächt sich jetzt

Aus Spargründen wurde in Genthin der Winterdienst auf ein Minimum gekürzt. Das sorgt für viele ungeräumte Straßen und wütende Genthiner.

Von Susanne Christmann 10.02.2021, 00:01

Genthin l „Klar sehen wir jetzt den Bedarf. Das ist unstrittig“, sagt Fachbereichsleiterin Dagmar Turian der Volksstimme. Denn nun räche sich, dass per Stadtratsbeschluss vom November 2019 der Winterdienst in Genthin auf das gesetzlich notwendige Mindestmaß zurückgefahren wurde. Viele wichtige Straßen bleiben in Genthin jetzt – wie vielfach von den Genthinern gegenüber der Volksstimme beklagt – unberäumt.

Und nicht nur die. Volksstimme Leser Thomas Koska schreibt, dass sich auch auf dem Parkplatz eines Supermarktes in der Bergzower Straße „in der Einfahrt so viel Schnee, Schneematsch“ angehäuft hätten, dass sich Autos dort festgefahren haben. „Der gesamte Platz ist eine Zumutung für die Leute, welche gerne einkaufen möchten. Keinerlei Schnee wurde auf dem Platz beseitigt. Auch der Eingangsbereich zum Markt hin ist durch hineingetretenen Schnee oder Schneematsch total glatt und eine zusätzliche Gefahrenquelle“, schreibt er weiter – ausdrücklich gerichtet an den Supermarkt-Betreiber, der hier seiner Räumpflicht nicht nachkomme.

Die minimierte Winterdienststrategie der Stadt nun wieder abzuändern, sprich solche Witterungslagen wie jetzt einzuplanen, sei allerdings eine politische Entscheidung, so Dagmar Turian. Sie hatte die Verantwortung für den Winterdienst in Genthin erst kürzlich übertragen bekommen.

Die Tatsache, dass es nach 2011 kaum noch Winter mit ernsthaften Schneefällen gegeben hat, mag jene 20 Stadträte im November 2019 dazu bewogen haben, mit „Ja“ für das Zurückfahren des Winterdienstes zu stimmen. 70.000 Euro jedes Jahr für etwas ausgeben, was dann nicht benötigt werde, sei bei einer angespannten Haushaltslage wie in Genthin eben kein Pappenstiel, so Turian.

Nichtsdestotrotz hat Dagmar Turian jetzt bei der aktuellen extremen Lage operativ angeordnet, die Hausmeister schon am Wochenende – und nicht erst am Montag – mit in die Räumarbeit einzubeziehen. Allerdings: das war genauso ein Tropfen auf den heißen Stein wie Turians Maßgabe, nach Möglichkeit nun nicht mehr nur die Straßen und Wege der höchsten Priorität zu räumen, sondern auch die der nachrangigen Kategorien. Die Kapazität dafür sollte von den Haltestellen der Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land abgezogen werden, die den kompletten Linien- und Schülerverkehr stillgelegt hat. Nur: wenn der Räumdienst mit den Straßen und Wegen der höchsten Kategorie mit dem Schieben einmal „durch“ war, musste er hier gleich wieder von vorn anfangen, weil der Wind neue Schneeberge aufgetürmt hatte. Da bleibt kaum noch Spielraum für die anderen Straßen.

Erfolg hatte Dagmar Turians Anfrage an die Agrargenossenschaften, beim Winterdienst auszuhelfen. So geschehen zum Beispiel in Paplitz. Auch der Baubetrieb Müller sprang auf Nachfrage ein, neben den ohnehin für den Winterdienst gebundenen Firmen Klause und Jung. Bürgermeister Matthias Günther habe, so sagte er auf Nachfrage der Volksstimme, angeordnet, dass zum diesjährigen Winterdienst-Geschehen zum Ende der Saison ein Resümee gezogen und analysiert werde, ob und wo nachgebessert werden müsse. Das steht auch bei Dagmar Turian im Plan, die sich zudem um die wirtschaftliche Darstellung möglicher Nachbesserungs-Szenarien kümmern will.

Laut Lutz Nitz, Grünen-Stadtrat, bedürfe es solcher Anordnungen gar nicht. Denn es habe im November 2019 auch einen Beschluss darüber gegeben, die Winterdienste jeweils bis zum 31. März des Jahres auszuwerten. Nitz war damals einer der wenigen Stadträte – genau einer von sechs – der gegen den Sparbeschluss gestimmt hatte. „Jetzt haben wir die Quittung dafür bekommen“, sagt er bitter und fügt sarkastisch hinzu: „Eine Frechheit, dass der Winter mit Schnee und Eis tatsächlich kommt, wo die Winterjahreszeit angesagt ist“. Der Winterdienst für Genthin müsse schnellstens wieder ausgeschrieben werden. Und nicht nur für das Mindestmaß, das gesetzlich vorgeschrieben ist.