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Maik Sauer wurde gestern 30 und fegte die Treppe des Genthiner Rathauses: "Zu meinem 40. Geburtstag bin ich längst verheiratet"

Von Kristin Schulze 28.07.2011, 04:32

Schuld haben die Bremer. Die erfanden nämlich den Brauch, der besagt, dass unverheiratete Männer an ihrem 30. Geburtstag die Treppe eines öffentlichen Platzes fegen müssen. Von Bremen aus verbreitete sich die Sitte in ganz Norddeutschland und machte auch vor der Kanalstadt nicht halt. Gestern war Maik Sauer dran. Das Geburtstagskind kehrte vor dem Genthiner Rathaus.

Genthin. Die Bremer waren zu weit weg für die Rolle des Sündenbocks, die übernahm Bruder Robert Sauer. Er hatte die Idee zum Kronkorkenfegen. Das kam gut an. Eltern und Freunde zogen mit, und so schlüpfte Maik Sauer in Perücke, Hut und Schürze, bevor er begann, die Kronkorken - und das waren nicht wenige - mit Zahnbürste und Kehrblech aufzufegen.

"Wer da nicht mitmacht, ist automatisch der Depp"

"Ausgezeichnet machst du das", sagte Christian Baumgart. Er muss es wissen, er kennt sich nämlich aus in der Materie. "Ich feierte im September meinen 30. Geburtstag, natürlich hatten meine Freunde nichts besseres zu tun, als mich mit viel Spektakel die Rathaustreppe fegen zu lassen." Auf die Idee Reißaus zu nehmen kam er nicht. "Familie, Freunde, Freundin ... Es sind ja alle da, wer dann nicht mitmacht, ist automatisch der Depp."

Der Depp sein - das wollte das Geburtstagskind nicht, deshalb nahm es Maik Sauer mit Humor. Und weil er sich so gut machte beim Fegen der Treppe, verbesserte die Geburtstagsgesellschaft Schritt für Schritt seine Arbeitsmaterialien. Begonnen hatte er mit einer Zahnbürste, bald wurden ihm alte Federn gereicht, dann war es gar ein kleiner Handfeger. Und als er sich auch damit recht geschickt zeigte, bekam er einen großen Besen zum Kronkorkenfegen.

"Maik ist für jeden Spaß zu haben und sieht alles nicht so verbissen", erzählte seine Freundin Anja Krenek. "Das ist einer der vielen Gründe, warum ich ihn so liebe", sagte die junge Frau begeistert über ihren Freund, "der auch mit Perücke und Schürze eine gute Figur macht."

Die Gäste hatten für genügend flüssiges Proviant wie Bier und Sekt gesorgt, und als Maik Sauer zu Besen, Kehrblech und Eimer griff, kam sogar die Sonne heraus. "Vor 30 Jahren um die Zeit hat es in Strömen geregnet", wusste Maiks Mutter Karola noch ganz genau. Auch Vater Peter erinnerte sich daran nur zu gut. Er selbst kam um das berühmte Kronkorkenfegen herum. "Mit 30 war ich längst verheiratet", erzählte er lachend.

"Wenn eine Jungfrau vorbeikommt und dich küsst, bist du erlöst"

Lachen konnte auch Maik Sauer, als er es geschafft hatte: "Das hat richtig Spaß gemacht." "Dann kannst du das zum 40. gleich nochmal machen", kam es prompt aus der Runde. "Da bin ich schon lange verheiratet", erwiderte das Geburtstagskind. Eine baldige Hochzeit käme auch Freundin Anja zu Gute. Die 28-Jährige bräuchte keine Klinken putzen - das ist die Frauenvariante des Bremer Brauches.

Die Kronkorken wurden trotzdem aufgehoben - für Tim Fabig, der im November seinen 30. Geburtstag feiert. "Wenn eine Jungfrau am Rathaus vorbeikommt und dich küsst, bist du vom Fegen erlöst", wusste Andreas Böttcher. Der hatte gut reden: Er konnte schon vor dem berühmten Datum einen Ehering vorweisen.