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Gleim-Literaturpreisträger las aus seinem Buch / Förderkreis des Literaturmuseums wählte neuen Vorstand Alte Handschriften ergänzen nun die Gleim-Bibliothek

Von Ingeburg Stoyan 15.10.2011, 04:23

Halberstadt l Der Gleim-Literaturpreis wurde am vergangenen Freitag an Dr. Philipp Blom für sein Buch " Böse Philosophen. Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung" vergeben (Volksstimme berichtete). Schon an diesem Abend konnte man das Buch kaufen und sich ein Autogramm von Philipp Blom sichern. Auch am Sonnabend war das möglich und wurde gern genutzt.

Seine Buchvorstellung gestaltete der Autor zu einer begeisternden Rede auf zwei wichtige Vertreter des Salons in Paris - Baron Paul Thiry d\' Holbach und Denis Diderot. In freier Rede führte Philipp Blom die Zuhörer in die Zeit der 1750er und 1760er Jahre, also vor der französischen Revolution von 1789. Die im Salon d\' Holbach Verkehrenden waren Franzosen, Briten, Italiener und Russen, Philosophen der westlichen Welt, aber kaum Deutsche. Mit einem Augenzwinkern fügte Blom hinzu: Diese seien wohl zu Gleim nach Halberstadt gekommen.

In dem Pariser Salon wurde offen über alles diskutiert, was denkende Menschen in dieser vorrevolutionären Zeit bewegte. Durch die Machtanhäufung und den Missbrauch dieser Macht von den Regierenden und der Kirche waren Männer wie Diderot zu scharfen Kritikern geworden. Man war der Überzeugung, dass die Welt gottlos sei, dass das Körperliche keine Sünde sei und der Mensch sich frei entscheiden könne; Religion dagegen schränke das Handeln und die Entscheidungsfähigkeit des Menschen ein. Rousseau, lange Zeit Wegbegleiter der Salonbesucher, dessen Biografie Blom mit der Diderots verband, entfernte sich später von den Ideen seiner Freunde. Er wurde, so Bloms Darstellung, intolerant und glaubte, dass der Mensch den friedlichen Naturzustand verlassen habe und dass das nunmehr wirkende Böse im Menschen auch der Zensur und Überwachung bedürfe. Interessant ist, dass es in der Gleimbibliothek Bände der französischen Enzyklopädie gibt (hier war Diderot mit Jean Baptiste d\' Alembert Herausgeber), auch Werke von Voltaire und Rousseau, aber von Diderot keine weiteren Werke. In der Diskussion wurde das Buch von Blom wegen seiner Sprache, seines sehr lesbaren Schreibstils und seiner Tiefgründigkeit sehr gelobt.

Neuerwerbungen des Gleimhauses vorgestellt

Nachmittags trafen sich die Mitglieder des Förderkreises Gleimhaus zur Versammlung, mit Rechenschaftsberichten von Vorstand und Schatzmeister, zur Wahl des neuen Vorstandes und zum geselligen Beisammensein. Nach lebhafter Diskussion, insbesondere ausgelöst durch die ungewisse Situation bezüglich der Finanzen, wurde dem Vorstand Entlastung erteilt. Die Neuwahl des Vorstandes erfolgte mit Stimmzetteln, also geheim. Im Ergebnis wurden die bisherigen Vorstandsmitglieder bestätigt: Udo Mammen als Vorsitzender, Kerstin Langer als seine Stellvertreterin, Dr. Ingeburg Stoyan als Schatzmeisterin, Rosemarie Schaumberg als Schriftführerin sowie Marita Spiller und Jürgen Jüling als weitere Vorstandsmitglieder.

Im Anschluss wurden die Neuerwerbungen des Gleimhauses vorgestellt, unter anderem eine umfangreiche Sammlung zu Klamer Eberhard Karl Schmidt: die Sammlung Schumann aus Göttingen. Eine mit einer Zeichnung sehr schön gestaltete Handschrift von Gottlob Nathanael Fischer an Gleim wurde bei den handschriftlichen Neuerwerbungen besonders bewundert. Annegret Loose zeigte mit großer Freude Bücher, die bisher im Bestand der Gleimbibliothek gefehlt hatten oder verloren gegangen waren. Auch Reimar Lacher konnte mit Raritäten aufwarten, die dem Grafikbestand hinzugefügt werden konnten. Unter anregenden Gesprächen wurde der Abend, wie es Gleim liebte, zu einer geselligen Begegnung.