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  7. André Baganz erzählt von seiner Zeit im Stasigefängnis

Berliner Autor stellt in Haldensleben sein Buch "Endstation Bautzen II" vor André Baganz erzählt von seiner Zeit im Stasigefängnis

18.10.2011, 04:24

Haldensleben (jh) l Mit einem Thema, das zu DDR-Zeiten totgeschwiegen wurde, setzten sich kürzlich die Besucher der Gaststätte Richter in Haldensleben auseinander. Auf Einladung von Ursula Fricke las der Berliner André Baganz aus seinem Buch "Endstation Bautzen II. Zehn Jahre lebenslänglich".

Der Sohn einer Deutschen und eines Afrikaners versuchte 1981, aus der DDR zu fliehen, wurde an der Grenze festgenommen und in Frankfurt/Oder in Untersuchungshaft gesteckt. Beim Versuch, aus der U-Haft auszubrechen, verschanzten er und andere Gefangene sich, nahmen Geiseln und töteten einen Polizisten. Baganz war zwar selbst nicht der Todesschütze, wurde jedoch zu lebenslänglicher Haft verurteilt und nach Bautzen II verlegt.

In seinem Buch beschreibt Baganz einerseits seine Kindheit und Jugend in der DDR und Gründe, die ihn schließlich zur Flucht trieben. Den größten Teil des Buches nimmt jedoch das Martyrium während seines Aufenthaltes in Bautzen II ein. Schlimmer als tätliche Übergriffe und bittere Kälte verletzen den damals 20-Jährigen der Psychoterror und die Einzelhaft, wie er in seinem Buch eingehend schildert.

Fünf Jahre lang wird Baganz nicht nur nach außen, sondern vor allem auch nach innen, also zu den anderen Häftlingen hin, isoliert. Die einzigen Personen, die er in dieser Zeit sieht, sind die Vollzugsbeamten und alle paar Monate seine Eltern, die ihn immer nur für wenige Minuten besuchen dürfen.

Sätze wie "Jeden Morgen, wenn das Licht anging, hasste ich mich dafür, dass ich noch immer lebte." drücken aus, wie der Berliner sich schließlich fühlte. Er war gebrochen und hatte die Aussicht darauf, seine Situation bis zu seinem Lebensende hin ertragen zu müssen.

Auch 1989 wurde Baganz nicht entlassen. Seine Strafe wurde zunächst in eine zehnjährige Jugendstrafe umgewandelt, bis das Urteil 1991 schließlich gänzlich revidiert wurde. Heute lebt Baganz als taxifahrender Schriftsteller in Bonn.

Um seine Geschichte von ihm persönlich zu hören, waren so viele Besucher in das Haldensleber Gasthaus gekommen, dass die Sitzplätze gerade so reichten. Nach der Lesung beantwortete André Baganz die Fragen seiner Zuhörer.