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Bergbau im Fokus Auf den Spuren der Harzer Steinkohle

Steinkohle ist das „Gestein des Jahres“ 2018. Vier Geologen haben sich auf die Spuren des historischen Bergbaus im Harz begeben.

Von Ingmar Mehlhose 10.03.2018, 00:01

Wernigerode l Heinz-Gerd Röhling (Hannover), Friedhart Knolle (Goslar), Henning Zellmer (Königslutter) und Klaus Stedingk (Schkopau-Ermlitz) haben sich auf eine gemeinsame Spurensuche begeben.

Anlass ist die Ernennung der Steinkohle zum „Gestein des Jahres“ 2018 durch den Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler. Seit etwa zehn Jahren kürt die Vereinigung mit Hilfe von Denkmalschützern, Architekten, Geotourismusexperten sowie Rohstoff- und Natursteinwirtschaftlern einen Favoriten. Mit dieser bundesweiten Aktion sollen Gesteine sowohl in ihrer naturräumlichen Funktion als auch in ihrer Anwendung der Öffentlichkeit nahegebracht werden.

Röhling, Knolle, Zellmer und Stedingk widmen sich speziell dem historischen Bergbau im Unesco-Geopark Harz. Braunschweiger Land. Ostfalen. Steinkohlen treten im Mittelgebirge demnach in verschiedenen Schichtenfolgen und an mehreren Stellen auf. Einige kommen nur in dünnen und somit nicht abbauwürdigen Lagen vor. Andere Flöze sind etwas mächtiger.

Eines davon war Auslöser für den Ilfelder Kohlebergbau. Beim Rabenstein – etwa 15 Kilometer von Nordhausen am Flecken Netzkater – wurde 1737 erstmals nach dem schwarzen Gold geschürft.

Geringe Mengen und schlechte Qualität (etwa 60 Prozent Aschegehalt) verhinderten jedoch einen gewinnbringenden Betrieb. Hinzu gesellten sich Besitzstreitigkeiten. Im Volksmund wurde der Begriff „feuerfeste Kohle“ geprägt wegen der unzureichenden Brennbarkeit.

Dennoch entwickelte sich ein hauptsächlich auf den Eigenbedarf der Bevölkerung ausgerichteter reger Abbau, der mit einigen Unterbrechungen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts andauerte. Nach Ende des Ersten Weltkriegs lebte der Bergbau im Südharz nochmals auf, als kriegsbedingt der Zugang zu den westfälischen, schlesischen und böhmischen Kohlen wegbrach.

Mit umfangreichen Investitionen in neue Technik wurde 1921 versucht, die Branche zu reaktivieren. Bereits 1924 endeten diese Bemühungen mangels Rentabilität.

Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Thema wieder aktuell. Erneut diente der Bergbau bis zur Stilllegung 1949 der Notversorgung mit Brennstoffen für die Anrainer. Reste des Vorkommens sind heute noch vorhanden. Deren Schürfung lohnt sich allerdings nicht.

Bereits 1571 wurde in der Nähe von Neustadt Steinkohle entdeckt. Um 1720 begann die Ausbeutung des Vorkommens zunächst in kleinen Tagebauen. Nachdem die oberflächennahen Vorkommen erschöpft waren, ging es ab Mitte des 18. Jahrhunderts unter die Erde. Die Förderung aus den Stollen erfolgte über bis zu 80 Meter tiefe Schächte. Hier dauerte die letzte zusammenhängende Bergbauperiode bis 1862.

In Abbau stand im Ilfelder Revier ein bis zu zwei Meter starker, dreigeteilter Flözkomplex, wobei die drei Horizonte „Bank-“, „Mittel-“ und „Dachkohle“ Mächtigkeiten von zehn bis 50 Zentimeter erreichten, die Zwischenmittel von 20 bis 50 Zentimeter.

Die Steinkohle aus Ilfeld wurde übrigens nicht nur zum Hausbrand genutzt, sondern auch in den Schmieden der Region, Salinen sowie zur Befeuerung von Dampfmaschinen. Ebenso versorgt wurden die Schnapsbrennereien im nahegelegenen Nordhausen. Sie waren ab 1840 Hauptabnehmer für die Neustädter. Insgesamt lag die Fördermenge im Südharzer Kohlebergbau nach den Recherchen der Autoren zwischen 1838 und 1949 bei rund 330 000 Tonnen.

Der Rabensteiner Stollen wurde 1981 für Besucher ausgebaut und gewährt sowohl unter- als auch übertage einen Einblick in die Arbeitswelt der Bergleute. Auf den angrenzenden Abraumhalden können in den heute zu Tonsteinen verfestigten Schlammablagerungen zum Teil Abdrücke von Pflanzen der Permzeit wie Schachtelhalme und Farnwedel gefunden werden. Auch Fossilien in der Kohle selbst werden bisweilen entdeckt.

Ein weiteres Vorkommen gibt es im Meisdorfer Becken bei Opperode. Dieses Flöz ist etwa 0,5 bis einen Meter stark. Anhand eines Lehensbriefes ist der Bergbau dort seit 1557 sicher nachgewiesen. Ab 1693 erfolgte die Gewinnung mit Unterbrechungen in mehreren bis zu 100 Meter tiefen Schächten im Strebabbau. Nach einer weiteren unfreiwilligen Pause wegen eines Brandes 1770 wurde die Förderung in den Jahren danach auf bis zu 3000 Tonnen gesteigert und 1824 eingestellt.

Steinkohleflöze befinden sich zudem im Revier Sülzhayn am Harz-Südrand und in der Lappwaldmulde bei Helmstedt (Niedersachsen). Spuren des Abbaus lassen sich bei Morsleben, Marienborn, im Marientaler Forst sowie im Brunnental nachweisen. Dort – nahe des Steinbruchs Holzmühle – sind noch heute die verfallenen Schächte des ehemaligen Zechenhauses vorhanden.