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Kein Durchgang Behörde spricht Machtwort

Ein Nachbarschaftsstreit in Halberstadt beschäftigt nun das Landesverwaltungsamt, das Verkehrsministerium und das Verwaltungsgericht.

Von Jörg Endries 29.01.2020, 03:00

Halberstadt l Über Jahrzehnte waren mehrere Wohnhäuser und Gartengrundstücke im Bereich Hasenpflug- und Windhorststraße über eine kleine Stichstraße zu erreichen – über ein von der Stadt Halberstadt festgesetztes Wegerecht. Plötzlich setzte ein Grundstücksbesitzer mitten auf dem Weg ein massives Eisentor und sperrte seine Nachbarn aus. Er verteilte nach Gutsherrenart Schlüssel an die Betroffenen. Die, die er mag, bekamen einen, andere nicht. Zu den Letztgenannten gehören Gudrun und Emil Keilwerth. Seit dreieinhalb Jahren kämpfen beide für ihr Anlieger­recht.

Nachdem Familie Keilwerth bei der Landkreisverwaltung Harz gegen Mauern gelaufen ist, suchten sie in Magdeburg Hilfe. Von den Landesbehörden erhalten sie nun plötzlich Unterstützung. „Der Gartentor-Erbauer muss jetzt an alle Grundstücksbesitzer beziehungsweise Pächter einen Schlüssel aushändigen. Unrecht wird damit wieder zu Recht“, freut sich Emil Keilwerth.

Gabriele Städter vom Landesverwaltungsamt in Halle bestätigt auf Nachfrage, dass die Behörde den Landkreis Harz zum Handeln aufgefordert habe. Die betroffene Familie habe, weil sie weiterhin keinen Zugang zu ihrem Pachtgrundstück hat, eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Landesverwaltungsamt und im Anschluss beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr eingelegt, so die Behördensprecherin mit Blick auf Gudrun und Emil Keilwerth. „Im Ergebnis der Prüfung und Abwägung erging die Entscheidung, dass die Baulast ungeachtet des offenen Gerichtsverfahrens zunächst durchgesetzt werden soll.“

Der Landkreis Harz habe daraufhin am 23. Januar eine Verfügung erlassen, die den Grundstücksbesitzer auffordert, für die Ausgesperrten sofort Zutrittsmöglichkeiten zu schaffen“, informiert Gabriele Städter. Allerdings könne der Tor-Erbauer gegen diese Verfügung Widerspruch einlegen, so die Sprecherin des Landesverwaltungsamtes.

Seinen Ursprung hat der Konflikt in den früheren Eigentumsverhältnissen der Grundstücke. Viele Flächen in der Hasenpflug- und Windhorststraße befanden oder befinden sich im Besitz der Stadt Halberstadt, die sie verpachtet und später zuweilen verkauft hat. Dazu gehört besagtes Grundstück, das der Erbauer des Tores von der Stadt erworben hat. Mit entsprechenden Vorgaben zum Wegerecht für Dritte, auf die sich Keilwerths berufen. Sie verweisen auf einen Absatz des Kaufvertrages zwischen der Stadt Halberstadt und dem Käufer und Torbauer. Darin heißt es: „Der Erwerber übernimmt die im Baulastenverzeichnis der Stadt Halberstadt eingetragenen Baulasten. Diese sind ihm bekannt.“

Dazu gehöre laut Vertrag ein dauerhaftes Geh- und Fahrrecht für die Nutzer der anliegenden Gärten auf dem jetzt abgesperrten Weg. Genau das ignoriere der Mann, so Emil Keilwerth. Dessen Beweggründe für den Bau des strittigen Tores seien bis heute schleierhaft.

Gudrun und Emil Keilwerth investierten in den 1990er Jahren nach eigenen Worten viel Geld in die Sanierung ihres 90 Jahre alten und unter Denkmalschutz stehenden Familien­besitzes, dem Haus Hasenpflugstraße 1. Beide fordern, dass Gerechtigkeit und der soziale Frieden wieder hergestellt werden sollen.

Laut Landesverwaltungsamt ist die Baulasterklärung aus dem Jahr 1992 samt Geh- und Fahrrecht 2012 fortgeschrieben worden. Allerdings ist dabei das ursprünglich berechtigte Grundstück der Familie Keilwerth nicht mit aufgenommen worden.

Auf welcher Basis diese Korrekturen erfolgten, ob sie berechtigt waren oder womöglich ein Behördenfehler vorliegt, soll nun das Verwaltungsgericht klären. Ein Verhandlungstermin dafür steht nach Recherchen der Volksstimme noch nicht fest. Unklar sind letztlich auch die Beweggründen des Torerbauers. Er war bislang für eine Stellungnahme der Volksstimme nie erreichbar.