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Nachbarschaftsstreit Ehepaar fordert Tor-Öffnung

Ehepaar Keilwerth fühlt sich in seinen Rechten als Grundstücksbesitzer massiv eingeschränkt, weil ihm ein Tor den Weg versperrt.

Von Jörg Endries 14.08.2019, 01:01

Halberstadt l In der Hasenpflugstraße und der Windhorststraße in Halberstadt tobt ein heftiger Nachbarschaftsstreit. Über Jahre hinweg erschloss ein kleiner Weg von der Hasenpflugstraße aus die hinter den Häusern liegenden Grundstücke und Gärten, die von der Straße aus mit Fahrzeugen oder Fahrrädern nicht zu erreichen sind. Alle Anlieger und Nutzer, heißt es vor Ort, seien glücklich und zufrieden gewesen. Bis vor etwa dreieinhalb Jahren, als ein Grundstücksbesitzer plötzlich mit einem Tor den Weg versperrte.

Ein Schritt, dessen Vorgeschichte bis ins Jahr 1992 und teilweise noch weiter zurück reicht. 1992 erwarb ein Anlieger einen der Gärten samt Teilen des besagten Weges von der Stadt Halberstadt. Im Jahr 2016 setzte er plötzlich besagtes eisernes Tor, das den Weg absperrt und die Zufahrt zu anderen Grundstücken verhindert.

Gudrun und Emil Keilwerth, denen das Wohnhaus Hasenpflugstraße 1 gehört, verschlägt es die Sprache. Aufgrund der Barriere, so berichten sie empört, seien sowohl der kleine Garten hinter ihrem Haus als auch ein weiteres Gartengrundstück im hinteren Teil des Areals mit einem Auto nicht mehr erreichbar.

Das Ehepaar ist nicht nur verzweifelt, sondern ärgert sich über das, wie beide sagen, „dreiste“ und nach ihrer Meinung unrechtmäßige Vorgehen des Mannes, der das Tor „willkürlich“ gesetzt habe. „Damit wird gültiges Recht missachtet“, sagen sie mit Blick auf das ihrer Meinung nach verbriefte Wegerecht.

„Wir versuchen seit nunmehr dreieinhalb Jahren eine Lösung zu finden. Gespräche mit dem Mann, der das Tor gesetzt hat, blieben aber erfolglos. Auch die Mühlen der Behörden arbeiten langsam. Es nervt alles“, berichtet Emil Keilwerth verärgert.

Ein weiteres Ärgernis dabei: Der Gegner im Streit verteile mittlerweile offenbar nach individueller Sympathie ­Schlüssel für das Tor an einige der betroffenen Gartennutzer. „Wir gehören leider nicht zu den Begünstigten“, so Emil Keilwerth.

Seinen Ursprung hat der Konflikt in den früheren Eigentumsverhältnissen der Grundstücke. Viele Flächen in der Hasenpflug- und Windhorststraße befanden oder befinden sich im Besitz der Stadt Halberstadt, die sie verpachtet und später zuweilen verkauft hat.

Dazu gehört auch besagtes Grundstück, das der Erbauer des Tores von der Stadt erworben hat. Mit entsprechenden Vorgaben zum Wegerecht, auf die sich Keilwerths heute berufen. Sie verweisen auf einen Absatz des Kaufvertrages zwischen der Stadt Halberstadt und dem Käufer. Darin heißt es: „Der Erwerber übernimmt die im Baulastenverzeichnis der Stadt Halberstadt eingetragenen Baulasten. Diese sind ihm bekannt.“

Dazu gehöre laut Vertrag ein dauerhaftes Geh- und Fahrrecht für die Nutzer der anliegenden Gärten auf dem jetzt abgesperrten Weg, sagt Emil Keilwerth. „Genau das ignoriert der Mann einfach“, empört sich Keilwerth.

Er und seine Frau investierten in den 1990er Jahren nach eigenen Worten viel Geld in die Sanierung ihres 90 Jahre alten und unter Denkmalschutz stehenden Familienbesitzes. Heute beherbergt ihr Haus in der Hasenpflugstraße 1 eine Ferienwohung und zwei Mietwohnungen. „Wir fordern, dass Gerechtigkeit und der soziale Frieden wieder hergestellt werden. Seit dreieinhalb Jahren beschäftigt der Streit die Stadt Halberstadt, den Landkreis Harz und das Landesverwaltungsamt.“ Mittlerweile liegt der Fall auch beim Verwaltungsgericht.

Das Problem: So klar das betroffene Ehepaar die Rechtslage mit dem entsprechenden Wegerecht zu seinen Gunsten interpretiert, so konträr ist dazu die Sicht von Kreisverwaltung und Landesverwaltungsamt.

Eine Sprecherin der Kreisverwaltung bestätigt auf Anfrage, dass der betroffene Weg ursprünglich mit Geh- und Fahrrecht zugunsten Dritter in der Baulasterklärung der Stadt Halberstadt eingetragen worden sei. Die Baulasterklärung der Stadt beinhalte auch die konkret begünstigten Flur­stücke sowie alle Gärten auf dem Restgrundstück.

Allerdings wird seitens der Kreisverwaltung auf eine juristische Bewertung des Sachverhaltes seitens des Landesverwaltungsamtes verwiesen.

Diese Behörde relativiert die Baulast und das damit verbundene Geh- und Wegerecht mit Blick auf Familie Keilwerth: Einen Anspruch als Eigentümer des Grundstückes Hasenpflugstraße 1 zur Durchsetzung der strittigen Baulast hätten sie nicht, da das betreffende Grundstück an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche – besagter Hasenpflugstraße – liege. Sofern die Stadt Halberstadt das Zuwegungsrecht ausüben möchte, müsse ihr die Möglichkeit eingeräumt werden.

Aus dem Rathaus der Kreisstadt heißt es hingegen: Die Angelegenheit liege inzwischen als strittiges Verfahren vor Gericht. „Seit drei Jahren ist die Stadt Halberstadt intensiv darum bemüht, eine Lösung zu finden.“ Kürzlich habe die Stadt die Kreisverwaltung aufgefordert, darauf zu drängen, dass zeitnah eine gerichtliche Entscheidung getroffen wird“, so eine Rathaussprecherin.

Soll heißen: Gudrun und Emil Keilwerth können nur abwarten, bis vor dem Verwaltungsgericht in erster Instanz eine Entscheidung fällt.

Übrigens: Die Kernfrage, warum der Grundstücksnachbar das Tor überhaupt errichtet hat und womit er diesen Schritt rechtlich begründet, bleibt offen. Der Mann war trotz mehrerer Versuche für die Volksstimme nicht erreichbar.