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Bundeswehr-Flugzeug Transall auf dem Weg nach Wernigerode

Die ausgemusterte Bundeswehr-Transall wird in Wernigerode erwartet. Zuvor wurde der gut 21 Tonnen schwere Riesenvogel zerlegt.

Von Dennis Lotzmann 09.10.2018, 01:01

Ballenstedt l „Mann – das ist der absolute Wahnsinn, und wir sind dabei!“ Es gibt Momente, da geben sich Franz Dröge und Max Knierer keine Mühe, ihre Emotionen zu kaschieren. Im Gegenteil: Als Montag kurz nach 12 Uhr die riesigen Fahrwerks-Räder endlich im Bauch der silbernen Transall verschwunden waren, hatten die beiden Zivilangestellten der Bundeswehr allen Grund zum Jubeln. Schließlich war der wichtigste Part der beiden Mechaniker in diesem Moment erledigt.

Nachdem die Transall seit der Landung nach ihrem definitiv allerletzten Flug am 18. Dezember 2017 abseits des Rollfeldes auf dem Airport Ballenstedt Stück für Stück demontiert worden war, ging es nun darum, sie für die letzte Reise huckepack via Tieflader nach Wernigerode zu verladen. Dafür mussten – zum vorletzten Mal vor der heutigen Montage auf dem Museumsdach in Wernigerode – besagte Fahrwerksräder bewegt und eingefahren werden.

Dass dies problemlos verlaufen würde, stand für Dröge, Knierer und ihren Kollegen Tobias Brunke außer Frage. Das Trio – aus privatem Antrieb angereist aus Landsberg-Penzing, dem früheren Stationierungsstandort der Transall mit der Kennnummer 51-01, und dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover – begleitet als geballte Bundeswehr-Fachkompetenz sowohl Demontage als auch Montage.

Normalerweise liefere eine Gas-Turbine den nötigen Hydraulikdruck, um die Fahrwerke zu bewegen, erklärte Dröge. Da die Maschine aber längst zerlegt ist, waren nun Muskelkraft an einer für Notfälle installierten Handpumpe und schließlich ein kräftiger Tritt gegen das mittlerweile leicht blockierte vordere Rad nötig.

Dann war es geschafft, und der riesige Silbervogel hing buchstäblich in den dicken Tragseilen der beiden Kräne. Ein Punkt, an dem auch Transall-Besitzer Clemens Aulich entspannt aufatmen konnte. Einmal noch den Flugzeug-Rumpf ein wenig höher hieven, dann den rund 30 Meter langen Tieflader drunter manövrieren, die Maschine punktgenau darauf „landen“ und verzurren – und die allerletzte Reise mit der Tieflader-Karawane konnte starten.

In der Nacht zum Dienstag ging es ab 22 Uhr mit Polizeieskorte nach Wernigerode. Erst ein Stück über Feldwege, anschließend via Hoym auf die Bundesstraße 6 und von dort geradewegs nach Wernigerode. Dort soll das Maschinchen ab Dienstag auf das Dach des Flugzeugmuseums am Gießereiweg gehievt und bis zum Donnerstag wieder zusammengebaut werden. Quasi als Puzzlespiel für Erwachsene.

Clemens Aulich, passionierter Sammler von Flugzeugen aller Art und Museumsbetreiber in Wernigerode, hat sich mit der Überführung der Maschine gewissermaßen das größte Geschenk zum kürzlichen 57. Geburtstag selbst gemacht.

Nachdem er bereits 2012 eine erste im grünen Tarnlack gespritzte Transall für sein Museum nach Ballenstedt geholt und seither auf dem dortigen Airport geparkt hatte, folgte Ende 2017 ein weiterer Riesenvogel. Eine zur Feier anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des Fliegergeschwaders Landsberg-Penzing im vorigen Sommer silbern lackierte Transall, die dank des aufgemalten Geschwader-Wappens – einer Gämse – sofort den Spitznamen „Silberne Gams“ verpasst bekam.

Hätte sich Aulich nicht auch noch diese Maschine geangelt, wäre sie wahrscheinlich längst in die Schrottpresse gewandert. Nach gut vier Jahrzehnten im weltweiten Militäreinsatz, mustert die Bundeswehr ihre insgesamt knapp 90 Transall nun aus. Verbunden sind damit zuweilen Bilder, die Franz Dröge und Max Knierer richtig nahe gehen. „Wir haben die Maschinen über all die Jahre gehegt und gepflegt – und dann kommt ein Schrotthändler und macht sie vor unseren Augen platt“, berichtet der 55 Jahre alte Dröge. Um so größer sei daher die Freude, dass hier im Harz nun sogar zwei Maschinen vor diesem Schicksal bewahrt werden.

Was sich Flugzeugfan Aulich diese Rettung für die Nachwelt kosten lässt, bleibt offen. „Darüber rede ich nicht – es ist aber schon ziemlich teuer“, lässt er sich gerade mal entlocken. Wobei – das ist ein offenes Geheimnis – der Ankauf beider Maschinen der kleinere Posten war. Der Transport samt aufwändiger Verladung plus Montage auf dem Museumsdach schlagen richtig zu Buche. Und auch der Bau des Museumsgebäudes, der entsprechend statisch ausgelegt sein muss. „Das war aber schon immer so geplant“, erklärt der 57-Jährige.

Dass nun just eine Transall zum optischen Aushängeschild des Museums avanciert, sei ein wenig dem Zufall geschuldet, dass die Bundeswehr nun gerade diese Maschinen ausmustere, sagt der Mann mit dem Hang zum handfesten Hobby. Alles in allem befänden sich mittlerweile mehr als 100 Flugzeuge in seinem Besitz.

Dass bei der Verladung am Montag alles reibungslos und flott über die Bühne ging, ist auch den Profis zu verdanken, die dabei ihren Part spielten. Die auf schwere Lasten und Transporte spezialisierten Firmen Breithaupt und Philipp aus Magdeburg sowie Meier und Sohn aus Biederitz managen in Aulichs Auftrag Transport und Aufbau.

Thomas Einbeck und Frank Pilz saßen beim Verladen in den Piloten-Kanzeln der beiden Terex-Kräne. „Ein bissel unhandlich vielleicht, eine etwas knifflige Sache – aber keinesfalls ein Problem“, so der 39-Jährige Einbeck, der seit zwei Jahren als Kranführer arbeitet. Entscheidende Herausforderung beim Transall-Rumpf: Die Hubtraversen so platzieren, dass die etwa 17 Tonnen Last geradehängen.

Mit Flugzeugen habe das Unternehmen bereits Erfahrung – vor Jahren hatte die Firma eine alte Interflug-Maschine am Haken, die von Oschersleben nach Magdeburg chauffiert wurde.

Den jetzigen Einsatz in Ballenstedt dürfte Thomas Einbeck so schnell nicht vergessen. Nicht nur wegen der ziemlich exotischen Last am Kranhaken, sondern wegen der grünfarbenen Transall mit der Kennung 50-07, die neben dem Rollfeld steht. „Mit genau dieser Maschine war ich 2002 als Bundeswehr-Soldat im Einsatz in Bosnien“, verrät der Magdeburger, damals truppenintern für Logistik verantwortlich.

Franz Dröge und Max Knierer – die beiden Transall-Mechniker mit Profi-Status – haben nach der Verladung von 51-07 gleich noch an dieser Vorserien-Maschine Hand angelegt. Nunmehr können dort im Handbetrieb Ladetor- und Laderampe geöffnet werden.