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Corona-Folgen Pandemie setzt Merino-Verein schwer zu

2020 ist ein Katastrophenjahr für den Merino-Verein Langenstein. Das Kulturprogramm ist gestrichen, die Schafhaltung vorbei.

Von Jörg Endries 22.11.2020, 00:01

Langenstein l Seit drei Wochen ist jegliches Leben auf dem Schäferhof, dem kulturellen Herz Langensteins, eingefroren. Das Landhotel und die Gaststätte mussten schließen, Kulturveranstaltungen abgesagt werden. Außerdem musste sich der Verein aus Kostengründen von seiner Schafhaltung trennen.

Der Vorstand des Merino-Vereins sei nun gezwungen gewesen, auch noch die letzten Veranstaltungen für November und Dezember abzusagen, informiert Vorstandsmitglied Cordula von Rhade im Volksstimme-Gespräch.

Der Pandemie sei der traditionelle Christkindelmarkt – ein absoluter Höhepunkt im bunten und abwechslungsreichen Veranstaltungskalender des Merino-Vereins – zum Opfer gefallen. „Außerdem fallen die Lesung mit Musik „Hilfe die Herdmanns kommen“ am 5. Dezember mit Dana Golombek und Juan Luca sowie das geplante Weihnachtskonzert mit Harmonic Brass am 9. Dezember leider aus“, berichtet Cordula von Rhade.

Konzerte, Märkte, Lesungen und vieles mehr in der Festscheune und auf dem historischen Vierseitenhof im Zentrum Langensteins sind eine feste Größe im Kulturkalender der Region und weit darüber hinaus. Sie sind normalerweise ein Magnet, der Jung und Alt anzieht und begeistert. „Bis auf den Erntedankmarkt im Oktober, der wieder viele Menschen in seinen Bann zog, dem sehr gut besuchten Sommerklassik-Konzert des Orchesters des Nordharzer Städtebundtheaters und einem weiteren Konzert mussten alle Veranstaltungen auf Grund der Pandemie ausfallen“, bedauert die Vereinssprecherin.

Die Ausbremsung des Kulturlebens hat für den kleinen, aber sehr umtriebigen Verein mit 49 Mitgliedern natürlich finanzielle Folgen. „Neben den verloren gegangenen Einnahmen laufen Unterhaltungskosten und Versicherungen unabhängig weiter“, betont Cordula von Rhade. Allein aufgrund der in der Festscheune ausgefallenen Veranstaltungen gingen laut Vorstand etwa 26 000 Euro verloren. Dazu kämen noch die Einnahmen aus Freiluftveranstaltungen wie zum Beispiel den Märkten, so die Langensteinerin.

Trotzdem stecken die Vereinsmitglieder nicht die Köpfe in den Sand. Das Jahr 2020 haben sie zwar abgehakt, lassen sich aber nicht entmutigen. „Die Planungen für das kommende Jahr laufen, als ob nichts wäre. Dann müssen wir sehen, was geht und was nicht“, schaut Cordula von Rhade bewusst optimistisch auf das Jahr 2021.

Schweren Herzens muss sich der Merino-Verein zum 31. Dezember 2020 von seiner Schafhaltung trennen. Ein Schritt, der nicht mit der Corona-Pandemie in Zusammenhang steht. Die Schafhaltung sei seit Jahren unwirtschaftlich, informierte kürzlich Vereinsvorsitzende Frauke Meenken. Zu dieser schweren, aber absolut notwendigen Entscheidung habe sich der Vorstand nach einem etwa einjährigen Entscheidungsprozess durchgerungen. Letztlich seien finanzielle Nöte für das Aus ausschlaggebend gewesen.

Mit der Einstellung der Schafhaltung verschwindet nicht nur eine der größten Schäfereien in der Region. Die drei Langensteiner Herden umfassen immerhin 850 Tiere, mit denen bislang eine 220 Hektar große Weidefläche, unterteilt in über 100 Teilflächen, bewirtschaftet wurde. Vielmehr geht es auch um die Rettung eines wichtigen Kulturgutes. Dem Verein Merino-Herdbuchzucht Heimburg 1861 – Landschaftspflege Harz ist es zu danken, dass die Merino-Herdbuchzucht, die älteste in Deutschland, überhaupt noch existiert. Der Stammbaum der Tiere ist bis 1861 lückenlos dokumentiert. Von den drei Herden des Merino-Vereins ist aber nur eine reinrassig. Die anderen sind Schwarzkopf- und Suffork-Schafe.

Eine große Sorge des Vereins war, dass die Merinos nun verschwinden. „Die kostbare Gen-Bank der Herde bleibt aber erhalten“, freut sich Frauke Meenken. 80 Tiere übernehme eine junge Schäferin aus der Region Bernburg, die weiterhin Merinos züchten wolle und eng mit dem Verein kooperieren möchte. Mit dem Ende der Schafhaltung in Langenstein müsse nicht ein Tier den Weg zum Schlachthof antreten. Alle Tiere habe der Verein an andere Schäfereien abgeben können, so Frauke Meenken.