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Corona-Impfung Hoffnung für Rückkehr zum Alltag

Am Samstag startete im Harzkreis das Impfen gegen das Coronavirus. So soll es weitergehen.

Von Sabine Scholz 28.12.2020, 02:27

Halberstadt/Quedlinburg/Elbingerode l Eine unscheinbare Kiste, darin Trockeneis und ein Karton, der ein bisschen an einen Pizzakarton erinnert. Der Inhalt jedoch ist wertvoller als jede Pizza: 195 Ampullen Impfstoff gegen das Coronavirus.

Immo Kramer, veranwortlich für den Aufbau und die Leitung des Harzer Impfzentrums, war dabei, als am Samstagmittag die erste Lieferung in dem umgebauten Supermarkt in Quedlinburg eintraf. Dort wurden die 195 Ampullen in die Kühlzelle gebracht, wo sie auftauten. „Innerhalb von rund drei Stunden werden die bei der Lieferung -70 Grad Celsius kalten Ampullen auf eine Temperatur von Null Grad Celsius gebracht Bei Null Grad ist der Impfstoff fünf Tage lang haltbar“, erklärte Kramer.

Aus jeder Ampulle werden insgesamt fünf Impfdosen gewonnen. Heißt, diese erste Lieferung entspricht 975 Impfungen. Die Aufbereitung erfolgt vor Ort bei den zu Impfenden. Dabei ist rund ein Drittel der gelieferten Ampullen, exakt waren es 69 und somit 345 Impfdosen, für die Krankenhäuser im Kreis vorgesehen. So sei es mit dem Sozialministerium des Landes abgestimmt, berichtet Immo Kramer.

„Wir sind mehr als froh, dass wir so schnell mit der Impfung unseres Personals starten können“, sagte Professor Klaus Begall, ärztlicher Direktor des Ameos-Klinikums Halberstadt, als er am Samstag die ersten Impfampullen entgegennahm. „Seit mehreren Wochen bereiten wir uns intensiv auf diese Phase vor, haben Teams zusammen- und Räume bereitgestellt. Alles ist perfekt organisiert und die Impfbereitschaft in unserer Belegschaft erfreulicherweise hoch.“

In Halberstadts Krankenhaus werden in einem ersten Schritt vor allem Mitarbeitende der Intensivstationen sowie der Isolierbereiche geimpft. Jeweils zwei Mitarbeiter können im 15-Minuten-Takt geimpft werden. Am Samstag waren das in Summe 95 Mitarbeiter.

„Selbstverständlich erfolgt die Impfung unserer Mitarbeitenden auf freiwilliger Basis“, ergänzt der Direktor des Klinikums, Stefan Fiedler. Die Verantwortlichen aus Medizin und Pflege seien in den letzten Tagen auf die Stationen gegangen, um die Belegschaft persönlich über die Impfungen aufzuklären und Fragen zu beantworten. „Mit dieser intensiven Aufklärungsarbeit waren wir erfolgreich“, berichtete Begall, „unsere Mitarbeitenden kommen selbst an den Feiertagen in ihrer Freizeit in die Klinik, um sich impfen zu lassen. Für uns ein echtes Geschenk, denn wir haben noch eine Wegstrecke vor uns. Dieser Impfstart ist ein wichtiger Schritt, uns allen schnellstmöglich den Weg in eine Zukunft nach Corona zu ebnen“.

Im Harzklinikum und in der Lungenklinik Ballenstedt starten die Impfungen morgen. Heute werde festgelegt, wer geimpft werde. „Getreu des Grundsatzes: Zunächst jene Mitarbeiter mit einem Impfschutz auszustatten, die dem höchsten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, auf den Isolierstationen, den Intensivstationen und in den Notaufnahmen in unseren Krankenhäusern in Blankenburg, Quedlinburg und Wernigerode“, sagte Kliniksprecher Tom Koch.Im Harzklinikum und in der Lungenklinik Ballenstedt starten die Impfungen heute.

Während die Kliniken das Aufbereiten der Impfdosen ebenso wie das Impfen der Mitarbeiter selbst vornehmen können, schwärmen seit Samstag die die ersten mobilen Impfteams in die 90 Alten- und Pflegeheime im Kreis aus, um dort Bewohner und Belegschaft zu impfen.

Premiere war am Samstag in einer Pflegeeinrichtung von Tobias Krüger in Halberstadt, in der vor allem Menschen mit demenziellen Erkrankungen betreut werden. „Die erste Frau, die sich hat impfen lassen, ist 101 Jahre alt“, berichtet Kramer. So wie es laut bundesweiter Berichterstattung aussieht, war sie der erste Bundesbürger, der eine Impfung bekommen hat.

Waren zuerst 20 Bewohner und Mitarbeiter als Impfwillige gemeldet gewesen, kam schon am Mittag der Anruf, dass es mehr als 40 Menschen sein werden, die geimpft werden wollen, berichtete Kramer am Samstagabend. Am Ende waren es laut Heimbetreiber Tobias Krüger 40 Bewohner und zehn Mitarbeiter, die sich impfen ließen. Er sei sofort bereit gewesen, den Landkreis zu unterstützen.

Bewohner und Mitarbeiter hatten im Vorfeld ihr Einverständnis erklärt und Fragebögen ausgefüllt. „Wir haben ganz bewusst erstmal mit einer kleineren Einrichtung begonnen, um erste Erfahrungen zu sammeln, die wir dann an die anderen mobilen Teams weitergeben können. So wollen wir sicherstellen, dass alles möglichst reibungslos abläuft“, erklärt Immo Kramer die „kleine“ Premiere des Impfstarts im Harz. Als sehr positiv wertete Kramer, dass die Ärzte einige Impfwillige von der Impfung ausgenommen haben. In Halberstadt betraf das drei Personen. „Es gab ärztliche Gründe dafür. Dank solch verantwortungsvollen Handelns sind bislang keinerlei allergischen Reaktionen bei den Geimpften aufgetreten“, sagte Kramer am Sonntag auf Nachfrage.

Spätestens ab dem heutigen Montag sollen alle fünf mobilen Impfteams in die Pflegeeinrichtungen ausschwärmen. Jedes Team besteht aus vier Mitarbeitern. Neben einem Arzt sind das impfberechtigte ärztliche Helfer sowie ein Verwaltungsmitarbeiter, der die erforderliche Dokumentation übernimmt.

Die Ärzte stellt die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Am Wochenende hatte sich der Landkreis zunächst selbst um einen Arzt gekümmert. Die KV brauche zeitlichen Vorlauf, um alles zu organisieren.

Dass es fünf Einsatzteams sind, sei der vom Land zur Verfügung technischen Ausstattung geschuldet. „Das Land stellt uns die IT zur Verfügung. Also Laptops, Software und dafür erforderliche Lizenzen. Denn die Impfungen werden dokumentiert und von der Software automatisch ans Land und ans RKI (Robert-Koch-Institut, Anmerk. d. Red.) geschickt.“ Die Handhabung der Software habe sich schwieriger gestaltet, als man erwartet, berichtete der Leiter des Impfzentrums am Sonnabendabend. „Die Dokumentation kostet mehr Zeit.

Kramer habe bereits bis Mitte Januar die Tourenpläne für die Impfteams erarbeitet, er stehe dabei in engem Kontakt mit den Amtsärzten des Kreises und mit den Heimleitern. Gemeinsam werde eine Prioritätenliste erstellt, die nach und nach abgearbeitet werde.

Am Sonntag war ein mobiles Impfteam unter Federführung der DLRG Wernigerode in einem Heim in Elbingerode unterwegs. Dort hatten sich 105 Impfwillige gemeldet.

Die Mitglieder der einzelnen Teams sollen sich nicht mischen, in den nächsten Tagen werden zu den Einsatzteams aus Mitarbeitern der Kreisverwaltung weitere kommen, die von Hilfsorganisationen wie DRK, DLRG, Johannitern, ASB gestellt werden. „Das sind Ehrenamtler, die da helfen. Die können natürlich meist an den Wochenenden und Feiertagen.“ Daher werde es vielleicht seitens des Kreises noch ein paar befristetete Einstellungen für die mobilen Teams geben, um die Werktagszeiten abzusichern. Immerhin wird diese Aufgabe mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen.

Nach 21 Tagen muss die zweite Impfgabe erfolgen, damit eine Immunisierung erreicht wird. „Deshalb sollten sich Bürger gleich beide Termine geben lassen“, sagt Kramer. Die Kassenärztliche Vereinigung werde bis Mitte, Ende Januar Telefone und Internetseiten einrichten, über die die Terminvergabe für die Bürger erfolgen soll.

Derzeit sei zudem beabsichtigt, informierte Kramer, dass die bestehenden Fieberzentren in Wernigerode und Halberstadt zugleich als Impfzentren agieren. Das werde wohl frühestens Mitte Februar der Fall sein so der Leiter des Impfzentrums Harz.

Dann sei Geduld gefragt, jeder Impfwillige muss neben seiner Einverständniserklärung ein Aufklärungsgespräch mit einem Arzt führen und einen Fragebogen ausfüllen. „Das können wir in den Zentren vor Ort ja nicht wie in den Heimen vorbereiten“, so Kramer.