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Coronavirus Das Fassbier ist schon bestellt

Das Volkshaus ist in Schwanebeck eine Institution. Umso mehr bedauern es die Einwohner, dass die Veranstaltungen derzeit entfallen müssen.

Von Christoph Carsten 11.05.2020, 10:16

Schwanebeck l So hat sich René Hellmund das nicht vorgestellt: Gespenstig still ist es dieser Tage im Volkshaus, etwas verloren wirkt der Betreiber trotz nicht zu verachtender Körpergröße im großen Saal. Dabei wollte Hellmund es in der dritten Saison – vor zwei Jahren hat er das Volkshaus übernommen – „so richtig krachen“ lassen. Sogar einen kompletten Jahresplan hatte der Schwanebecker dafür schon entwickelt und im Internet veröffentlicht. Der liegt nun erst mal auf Eis – unterkriegen lassenwill sich René Hellmund aber trotzdem nicht.

Das Jahr sei richtig gut angelaufen, sagt der Volkshaus-Chef. „Im Januar hatten wir hier den Neujahrsempfang – den ersten seit zehn Jahren. Im Februar haben wir für die Kids sechs Hüpfburgen hier in der Halle aufgestellt, das kam auch super an. Und Ende Februar gab es bei der Schwanebecker Rocknacht Live-Musik von verschiedenen Bands.“ So hätte es für Hellmund auch gerne weitergehen können – doch dann kam Corona.

Einige Veranstaltungen wie der Ostertanz und der Tanz in den Mai seien Pandemie bedingt „schon weggebrochen“, bedauert René Hellmund. Auch der Herrentag am 21. Mai müsse leider ausfallen. Besonders ärgerlich: In diesem Jahr hatte sich der MDR angekündigt, um von dem Spektakel – inklusive Schweineohren-Weitspucken und Tauziehen – zu berichten. Auf das Schützenfest am ersten Juli-Wochenende müssten die Schwanebecker wie es aussieht ebenfalls verzichten.

„Ich hatte mich besonders auf die Biergarten-Saison gefreut. Mal wieder den Grill anschmeißen oder Kesselgulasch machen“, sagt René Hellmund. Nach der Krise wolle er dafür mit umso mehr Elan wieder durchstarten. Und zeigt schon jetzt mehr Optimismus als manch anderer Gastronom: „Vor drei, vier Wochen habe ich Fassbier bestellt. Die Brauerei konnte es kaum glauben, denn ich war in diesen Tagen der Einzige“, sagt er lachend. „Ich brauchte das einfach für mich, das Gefühl, dass es weitergeht.“

Die Lager im Volkshaus wären somit gut gefüllt – „von mir aus kann es losgehen“, bestätigt Hellmund. Spätestens zum Erntedank im September – traditionell ein Highlight im Schwanebecker Veranstaltungskalender – hofft er, wieder Feierwillige aus der Region in seine Hallen einlassen zu dürfen. „Die Jungs, die das organisieren, sind echte Profis. Wenn es hart auf hart kommt, können die auch mit nur kurzer Vorbereitung schnell etwas auf die Beine stellen“, sagt der Volkshaus-Betreiber.

Von wirtschaftlicher Seite sei die Situation aktuell noch zu bewältigen, so René Hellmund. Zwar habe auch er laufende Kosten, dafür aber keine festangestellten Mitarbeiter, die bezahlt werden müssten. „Dennoch macht mich das Ganze traurig. Das ist vor allem eine emotionale Sache“, sagt er.

Denn das Volkshaus ist für den gebürtigen Schwanebecker eine Herzensangelegenheit: „Ich habe meine gesamte Kindheit und Jugend hier verlebt. Jeder hier in Schwanebeck hat seine ganz eigene Verbindung zu dem Objekt.“ Nachdem lange Zeit nichts mehr in der Veranstaltungsstätte passiert sei, habe er den Laden schließlich selbst übernommen – und sich so einen Traum erfüllt.

Seither versuche er, den Geist des ‚alten‘ Volkshauses neu aufleben zu lassen, indem er all das zurückhole, was es früher schon einmal gegeben habe. Hellmund erzählt: „In den 1950er-Jahren hatte Schwanebeck zum Beispiel ein Boxteam, das hier trainiert hat. Ich habe dann vor zwei Jahren selbst eine Profi-Boxveranstaltung hier im Volkshaus ausgerichtet.“

So ist das Volkshaus inzwischen wieder der Dreh- und Angelpunkt für Schwanebeck geworden, der es in früheren Zeiten einmal war. „Hier kommen wirklich Jung und Alt zusammen“, sagt René Hellmund. „Der Opa kommt mit dem Enkel und erzählt ihm, was er hier früher schon alles erlebt hat.“ Auch deshalb hofft der Gastgeber, dass sich bald wieder etwas in den beiden Sälen und im Biergarten tut. Er sagt: „Ich merke, das auch bei den Leuten draußen. Da ist ein großes Bedürfnis, wieder zusammenzukommen und zu feiern.“

Bis dahin hält René Hellmund mit den Freunden des Hauses über das Internet Kontakt und informiert sie über Neues. Und sorgt zusätzlich für ­Unterhaltung: In der ­Schwanebecker Facebook-Gruppe habe er ein Gewinnspiel mit Fragen zum Volkshaus veranstaltet, zum Beispiel nach dem Jahr der Grundsteinlegung und der Grundfläche des großen Saals. Die Gewinner durften sich über Volkshaus T-Shirts und eine Schwanebeck-Fahne freuen. Die richtigen Antworten lauteten übrigens: 1898 bzw. 520 Quadratmeter.