1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Döhrener Kinder wollen auch kommendes Jahr im Dorfgemeinschaftshaus singen

Stadtrat will Gebühren für Nutzung von öffentlichen Gebäuden erhöhen Döhrener Kinder wollen auch kommendes Jahr im Dorfgemeinschaftshaus singen

11.12.2012, 01:34

In Döhren werden Einbrüche im dörflichen Leben befürchtet. Denn Veranstaltungen im Dorfgemeinschaftshaus werden sehr viel teurer, wenn der Stadtrat dem Entwurf der Benutzungs- und Entgeltordnung für öffentliche Einrichtungen der Stadt Oebisfelde-Weferlingen zustimmt.

Döhren (cbo) l"Lasst uns froh und munter sein" und andere Weihnachtslieder sangen Kinder aus Döhren am Sonntagabend in ihrem Heimatdorf.

Das Umsingen zum Nikolaustag hat in Döhren Tradi-tion. Länger als ein Jahrhundert ziehen alljährlich Kinder in Döhren durchs Dorf, um vor den Türen zu singen. Die Einwohner legen als Dankeschön Süßigkeiten, Honigkuchen, Äpfel, Apfelsinen und ähnliche Dinge in eine Kiepe, die eigentlich jeweils die Achtklässler tragen. Inzwischen helfen aber auch andere Jugendliche oder Eltern mit.

In diesem Jahr hat Anika Peuschel die Organisation übernommen. Die Gaben aus dem Dorf verteilt der Nikolaus nach der Runde durchs Dorf an die Kinder. Dazu wartet der Nikolaus schon im Dorfgemeinschaftshaus. Bisher konnte das Dorfgemeinschaftshaus dafür von Vereinen kostenfrei genutzt werden, im nächsten Jahr aber, so ist zu befürchten, muss für die Nutzung bezahlt werden.

Wenn der Stadtrat nämlich eine neue Benutzungs- und Entgeltordnung für alle Ortsteile in Kraft setzt, dann müssen auch Heimatverein und Freiwillige Feuerwehr oder auch einfach eine von Jahr zu Jahr wechselnde Gruppe, die das Nikolausumsingen organisiert, für alle Veranstaltungen bezahlen.

Das sei ungerecht, so hat der Ortschaftsrat schon mehrfach dokumentiert und diesen Entwurf abgelehnt. Das Dorfgemeinschaftshaus ist heute nur deshalb so ansprechend, weil es im Laufe der Jahre in Eigeninitiative ausgebaut und modernisiert wurde, bekräftigt Peter Beck vom Ortschaftsrat, der die Arbeiten am Dorfgemeinschaftshaus organisiert und selbst kräftig mit Hand angelegt hat.

Nur Arbeiten, die - unter anderem wegen möglicher Garantieleistungen - Fachfirmen erforderten, wurden auch von Firmen ausgeführt. Ansonsten hat die Kommune lediglich Materialkosten getragen. Das betrifft sowohl den Innenausbau als auch Außenarbeiten wie Dämmung, Putzarbeiten und Anstrich. Auch der Abriss des alten Schornsteins, des alten Ofens und einer Trennwand, die Entfernung des alten Fußbodens und der Einbau des neuen Fußbodens, das Einziehen der Decke, Verspachteln und Tapezieren und weitere Arbeiten haben Einwohner des Dorfes unentgeltlich übernommen. Eine Familie hat zum Beispiel die Wände im großen Raum verspachtelt und tapeziert.

"In der Küche steht nichts, was auf Kosten der Kommune angeschafft wurde."

Döhrens Bürgermeister Frank Rosburg

Ähnlich sieht es beim Mobiliar aus. Lediglich die neuen Tische und Stühle sind aus dem Gemeindehaushalt finanziert, versichert Bürgermeister Frank Rosburg: "In der Küche steht nichts, was auf Kosten der Kommune angeschafft wurde." Küchenmöbel, Kühlschrank, Spülmaschine sowie auch Geschirr und Bestecke stammen aus Privatbeständen oder sind durch private Initiativen angeschafft. Doch die Küchennutzung wird künftig noch zusätzlich berechnet.

Die bisherige Gebühr von 40 Euro für eine private Nutzung hat jeder akzeptiert. Denn ganz ohne Einnahmen kann das Haus nicht betrieben werden. Künftig sollen jedoch pro Tag 94 Euro gezahlt werden, außerdem 20 Euro für die Nutzung der Küche.

Bei sonstiger Nutzung fallen für maximal fünf Stunden 10 Euro pro Stunde plus jeweils 2 Euro für die Küchennutzung an. Dazu kommt noch eine Heizkostenpauschale von 17 Euro pro Tag für den Raum und 4 Euro für die Küche beziehungsweise von 9 Euro Pauschale und 2 Euro für die Küche bei Stundennutzung. So sieht es der Entwurf der Entgeltordnung vor.

Sollte das auch für die Vereine gelten, sehen die Döhrener schwarz. Damit werden auch Veranstaltungen für den Heimatverein sehr viel teurer, beispielsweise die alljährliche Grünkohlwanderung oder ein Heimatnachmittag mit Blick in die Geschichte, weiß die Heimatvereinsvorsitzende Gudrun Heinecke, die auch am Sonntag im Dorfgemeinschaftshaus geholfen hat, alles für die Kinder vorzubereiten.

Jetzt hat der Verein für eine Veranstaltung maximal 40 Euro Miete bezahlt. Für die Grünkohlwanderung am 19. Januar wird das wohl nicht mehr reichen, befürchtet die Vereinsvorsitzende. Für solche Veranstaltungen kommen die Organisatoren mit Vor- und Nachbereitung in der Regel nicht mit fünf Stunden aus. Und man kann nicht davon ausgehen, dass der Ortschaftsrat ständig Anträge auf eine teilweise oder vollständige Befreiung von der Entgeltpflicht genehmigen kann.

Bisher wurde die Meinung des Ortschaftsrats Döhren im Stadtrat und in der Verwaltung nicht gehört, der unentgeltliche Einsatz der Einwohner für das Dorfgemeinschaftshaus nicht berücksichtigt, stellt der Bürgermeister fest. Eine Erhöhung der Mietgebühr auf 60 Euro würde der Ortschaftsrat akzeptieren. Doch wenn die neuen Entgelte tatsächlich kassiert werden, wird sich auch niemand im Dorf mehr finden, der unentgeltlich bei der Verschönerung und Erhaltung des Dorfgemeinschaftshauses und des großen dazugehörenden Geländes, auf dem auch Spielgeräte stehen, zupackt, ist sich Frank Rosburg sicher.

"Wir müssen wohl die höheren Kosten hinnehmen", sagt Gudrun Heinecke. Welche Konsequenzen das haben wird, ist jetzt noch nicht absehbar. Das traditionsreiche Nikolausumsingen aber wird es auch künftig geben. Daran besteht kein Zweifel. Da werden die Döhrener ganz sicher einen Weg finden.