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Nachruf Ein Riesenverlust für Osterwieck

Dr. Klaus Thiele ist tot. Der Wolfenbütteler hat viel für Osterwieck getan.

Von Mario Heinicke 07.11.2017, 08:00

Osterwieck l Die traurige Nachricht verbreitete sich am Montag schnell in Osterwieck: Dr. Klaus Thiele ist tot. Verstorben am Vormittag durch einen tragischen Verkehrsunfall in seiner Heimatstadt Wolfenbüttel. Ein abbiegender Lkw-Fahrer hatte den 83-Jährigen, der auf dem Fahrrad unterwegs war, übersehen. „Vermutlich aus Unachtsamkeit“, wie es in einer Polizeimeldung heißt.

Obwohl Wolfenbütteler, war Osterwieck für Dr. Klaus Thiele quasi zur zweiten Heimatstadt geworden. Er hat sich hier außerordentliche Verdienste erworben. Ganz besonders ihm hat es die Stadt zu verdanken, dass die Stephanikirche heute wiederaufgebaut ist und dass allen bewusst ist, welche Bedeutung die Reformation für Osterwieck besaß, ablesbar an vielen Hausinschriften. Um so größer ist das Bedauern, ja das Entsetzen bei langjährigen Weggefährten über den Tod von Klaus Thiele.

Ortsbürgermeister Ulrich Simons (CDU) erinnerte daran, dass Klaus Thiele zusammen mit seiner Frau Liselotte Ende 1989 erstmals in Osterwieck war und beide die gefährdete Kirche entdeckten. Dieser Ausflug mündete im März 1990 und damit noch vor der deutschen Einheit darin, den ersten deutsch-deutschen Kirchbauverein zu gründen. Mit weiteren Wolfenbüttelern, die an der Spitze standen. Simons hob weiterhin Thieles intensives Quellenstudium von Kirchenakten hervor, die zuvor noch niemand anderer ausgewertet hatte.

In der Folge schrieb Klaus Thiele, der kein promovierter Historiker, sondern Chirurg war, mehrere Bücher und hielt Vorträge. 2016 fasste er seine 25-jährigen Forschungen über die Stephanikirche in einer äußerst umfangreichen kulturhistorischen Abhandlung zusammen.

„Ich bin absolut betroffen“, sagte Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (parteilos/Buko). Klaus Thiele habe ein unendliches Wissen über die Stadt Osterwieck gehabt und versucht, zum Beispiel die Bedeutung der Hausinschriften ins Bewusstsein der Bürgerschaft zu bringen. Mehrmals habe er in Osterwieck Symposien mit Fachleuten veranstaltet, das letzte in diesem Frühjahr. Dr. Klaus Thiele und seine Frau engagierten sich auch im Verein Kulturland Osterwieck, der für die Verknüpfung von Straße der Romanik und Reformation 2011 vom Ministerpräsidenten ausgezeichnet wurde.

Pfarrer Stephan Eichner äußerte sich gestern dankbar, mit Dr. Klaus Thiele ein Stück der Wegstrecke gemeinsam gegangen zu sein. Dessen Tod tue ihm furchtbar leid, zumal unter diesen Umständen. Als der Pfarrer 2001 seinen Dienst in Osterwieck antrat, sei Klaus Thiele einer seiner entscheidenden Ansprechpartner gewesen. Für die Geschichte der Kirche, aber auch „für die Dinge, die es noch zu tun galt“. Sein Tod „ist für uns ein Riesenverlust“.