In Veltheimer Kirche werden im September Konfirmationsjubiläen gefeiert Erinnerungen an die Konfirmation vor 50 Jahren
Veltheim. Landauf, landab gibt es alljährlich auch in unserer Region Feiern zur "Goldenen Konfirmation". Nach 50 Jahren trifft man sich in seiner Heimatgemeinde zur erneuten Einsegnung; ein alter Brauch seit der Zeit der Reformation als fester Bestandteil kirch- lichen Lebens.
Es gab eine Zeit, da wurden nahezu alle Jugendlichen konfirmiert. So war es auch in Veltheim. Alte vergilbte Fotos und Erinnerungsunterlagen finden sich noch in vielen Familien. Die Konfirmation war neben Taufen, Hochzeiten, aber auch Beerdigungen und natürlich den hohen Festen wie Weihnachten sowie vor allem Ostern und Erntedank ein Höhepunkt im christlichen Leben eines Dorfes. Nahezu 98 Prozent gehörten früher einer christlichen Konfession an und davon wiederum waren über 90 Prozent der Menschen seit der Reformation evangelisch.
Dann aber kam die nationalsozialistische Zeit mit der politischen Gleichschaltung der deutschen Gesellschaft. Auch die evangelische Kirche wurde davon nicht verschont. Das wirkte bis nach Veltheim und in die umliegenden Orte hi- nein. Vor allem Mitglieder der NSDAP traten aus den Kirchen aus. Es handelte sich dabei um Beamte und hier vor allem um Lehrer. Andererseits waren Atheisten in den Gliederungen des NS-Staates nicht erwünscht.
Es gab einen Reichsbischof und "Deutsche Christen". Aber es gab auch eine "Bekennende Kirche" mit Dietrich Bonhöffer, die sich gegen die Nationalsozialisen vehement wehrte.
Die antikirchliche staatliche Haltung setzte sich ab 1945 in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) sowie ab 1949 in der DDR fort. Die evangelische Kirche der Provinz Sachsen, ihre Gliederungen sowie ihre Mitglieder wurden vor allem in den 1950er und 1960er Jahren systematisch unterdrückt beziehungsweise diskriminiert. Bekennenden Christen beider Konfessionen, evangelisch und katholisch, wurde oftmals der Besuch weiterführender Schulen beziehungsweise ein Studium versagt. Vielerlei Berufe waren ihnen verwehrt.
Zu einem Hebel der Diskriminierung für junge Christen wurde die Jugendweihe, deren erste Veranstaltungen im Jahre 1955 erfolgten. So auch in Hessen auf dem Saal der Gastwirtschaft "Zur Weinschenke", wo Jugendliche aus den Orten Hessen, Veltheim und Osterode ihre Jugendweihe nach erheblichem politischen Druck auf die Eltern erhielten. Einher gingen damit Kirchenaustritte. Nicht so sehr, um Kirchensteuern zu sparen, wie oft gesagt wird, sondern um der Drangsalierung durch Partei- und Staatsorgane aus dem Wege zu gehen und sich nicht die eigene Karriere oder den Lebensweg der Kinder zu verbauen. In der Folge sank unter der Bevölkerung Veltheims die kirchliche Bindung von über 90 Prozent um das Jahr 1950 auf weniger als 35 Prozent zur Zeit der Wende. Heute bekennen sich noch, bedingt durch Generationenwechsel und Bevölkerungsschwund, etwa 27 Prozent zur evangelischen Kirche.
Christenlehre in der Schule untersagt
Die Durchsetzung der Jugendweihe durch den DDR-Staat brachte auch die Veltheimer Kirchengemeinde in erhebliche Schwierigkeiten. Pastor Heinrich (Heinz) Zippel sah sich wie seine anderen Amtsbrüder seit Anfang der 1950er Jahre mit den Auswüchsen der antikirchlichen DDR-Politik konfrontiert.
So wurde in der Veltheimer Schule das Abhalten der Christenlehre untersagt. Die systematische Werbung für die Jugendweihe und damit einhergehend die Missbilligung der Konfirmation beziehungsweise der Firmung bei den Katholiken taten ein Übriges, um die Jugendlichen sprichwörtlich "abzuwerben". Eltern und Paten und nicht zuletzt die betroffenen Heranwachsenden kamen in Bedrängnis. Die Frage stand in vielen Familien an: Was tun?
Auch die Kirche als Institu- tion stand unter Druck. Sollte sie dem Antireligiösen klein beigeben? Wie sollte die Reaktion auf diese staatliche Herausforderung sein?
Ähnliche Überlegungen stellten auch die Elternhäuser an. Und so lag es nahe, nach einem Kompromiss zu suchen. "Wir machen beides", das sagte auch ich. Nur, damit waren die Kirche und auch Pfarrer Zippel nicht einverstanden.
Nach Diskussionen in den kirchlichen Gremien und der eigenen Urteilsfindung war für den Veltheimer langjährigen Geistlichen klar: Wer von den Jugendlichen sich zur Jugendweihe anmeldete, konnte zumindest im laufenden Jahr nicht auch noch konfirmiert werden. Dieses betraf mich und weitere vier Jugendliche.
Wir erhielten so im Jahre 1960 in der Hessener "Weinschenke" die Jugendweihe mit der Überreichung des obligatorischen Buches "Weltall - Erde - Mensch". Ein Jahr darauf erfolgte dann die Konfirmation in der Veltheimer St.-Johannis-Kirche. Und nun steht die Goldene Konfirmation an.
Erste "Fühler" sind ausgestreckt, um die Konfirmationsjahrgänge 1955 bis 1961 zu "aktivieren", was gar nicht so einfach ist. Viele Jahrzehnte sind vergangen, gesellschaftliche Umbrüche wie die Wende mit der deutschen Wiedervereinigung waren zu meistern. Aber auch persönliche Schicksale charakterisieren den Weg der Ehemaligen bis heute. Die meisten haben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in Veltheim. Und der Eine oder die Andere lebt nicht mehr.
Heute Spannungen verschwunden
Aber irgendwie gibt es immer noch eine Bindung zu dem kleinen Ort zwischen Fallstein und Bruch. Und vor diesem Hintergrund soll in diesem Jahr das Fest der Goldenen Konfirmation für die Jahrgänge 1955 bis 1961 in der St.-Johannes-Kirche zu Veltheim gefeiert werden. Viele Angesprochene freuen sich schon auf das Wiedersehen.
Wer von den Ehemaligen Interesse hat am Treffen in Veltheim im September mit der Einsegnung, der melde sich bitte unter den Telefonnummern (05 31) 51 48 81 oder (01 75) 560 02 13.
Heute sind erfreulicher Weise die Spannungen zwischen Konfirmation und Jugendweihe weitestgehend verschwunden. Jeder Jugendliche kann frei von Zwängen seine Entscheidung treffen. Und das ist gut so. Übrigens traf ich eine Mitschülerin, sagte diese doch: "Ihr habt es gut mit der Goldenen Konfirmation. Für uns Nur-Jugendweiheteilnehmer gibt es leider, leider keinen 50. Geburtstag." Recht hat sie.