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Fahrplan Verkehrsbetriebe starten in neue Ära

Der Countdown läuft. Am Sonntag, 15. April, startet im dritten Anlauf der neue Busfahrplan für den gesamten Harzkreis.

Von Dennis Lotzmann 12.04.2018, 01:01

Wernigerode l Wird jetzt alles gut? Hört man sich mit Blick auf den neuen Busfahrplan in der Belegschaft der Harzer Verkehrsbetriebe (HVB) um, dominiert dort ein Zustand, den man mit skeptischer Erwartungshaltung wohl am treffendsten beschreiben kann. Was nicht überrascht. Schließlich steht den Harzern und den touristischen Gästen am Sonntag, 15. April, nicht nur ein „einfacher“ Fahrplanwechsel bevor, sondern ein großer mit grundsätzlichen Veränderungen, die auch für die Mitarbeiter viel Neuland mit sich bringen.

Die Eckpunkte: Nachdem schon vor Jahren die Fusion der drei einst eigenständigen Busbetriebe in den Alt-Kreisen über die Bühne gegangen ist, wird nun erstmals kreisweit geplant, vertaktet und mit neuen Linienführungen gearbeitet. Zudem stehen die Verknüpfung mit anderen regionalen Busbetrieben sowie der Bahn und direkte Anschluss- und Umsteigebeziehungen stärker im Fokus. Und – quasi das Sahnehäubchen – die Tarifstruktur soll gerechter werden. Schlugen bislang längere Fahrstrecken und Umwege mitunter zu Lasten der Nutzer zu Buche, soll künftig allein die direkte Distanz zwischen Start- und Zielpunkt entscheidend und tarifrelevant sein.

Damit geht der bevorstehende Fahrplanwechsel letztlich durchaus mit einem Paradigmenwechsel einher und kann als Start in eine neue HVB-Ära bezeichnet werden. Eine, die in der Planungsphase von zahlreichen Pannen begleitet worden ist und daher Landrat Martin Skiebe zu ungewöhnlichen Schritten veranlasste.

Der CDU-Politiker hatte Ende vorigen Jahres wenige Stunden vor dem ursprünglich am 10. Dezember geplanten Wechsel die Notbremse gezogen und den Start auf Februar verschoben. Weil sich herausgestellt hatte, dass die Harzer Schüler als maßgebliche Hauptnutzer der Busse bei den Planungen außen vor geblieben waren. Auch der Termin Februar war angesichts der Kompliziertheit der Materie nicht zu halten. Daher als dritter Anlauf nun der 15. April.

Mittlerweile sind kritische Stimmen aus den Schulen zumindest nicht mehr wahrnehmbar. Ob mit dem jetzt vorliegenden Plan tatsächlich der große Wurf gelungen ist, bleibt mit Blick auf die Praxis abzuwarten. Allerdings, so Skiebe am Mittwoch bei dessen Vorstellung, werde man an weiteren Nachbesserungen nicht vorbeikommen. Zwar läuft der Plan regulär bis zum 8. Dezember – wahrscheinlich werde es schon nach den Sommerferien Anfang August erste größere Korrekturen geben.

Das Ziel dabei: Die Anfangszeiten der Schulen auf ein breiteres Zeitfenster verteilen, um so die Schülerbeförderung in den Morgenstunden mit Blick auf Fahrzeug- und Personalkapazitäten besser staffeln zu können. Ein Umstand, den die Fahrplanmacher aktuell nicht realisieren konnten, weil sie die Schulen nicht rechtzeitig einbezogen hatten. Dort gibt es zwar die Bereitschaft für derartigen Korrekturen – allerdings nicht mitten im Schuljahr.

Dies sei eine der Lehren, die die Verantwortlichen aus der Misere selbstkritisch gezogen hätten, betonten Skiebe und HVB-Geschäftsführer Björn Smith. Letztlich, so beide unisono, habe sich die anfangs „nicht ganz so optimal gelaufene Kommunikation mit den Schulen“ (Skiebe) zuletzt sehr positiv entwickelt. Hier wolle man am Ball bleiben. „Wir streben weiter einen konstruktiven Dialog mit Schulen und Unternehmen an“, betonte Skiebe. Ziel sei ein aus Sicht der Nutzer optimales Fahrplanwerk. „Die Pflichtaufgabe Schülerbeförderung erfüllen wir uneingeschränkt. Allerdings können wir aus wirtschaftlichen Gründen nicht jeden Wunsch erfüllen.“

Letzteres dürfte insbesondere für private Nutzer, beispielsweise Heike Augsten aus dem Wegeleber Ortsteil Rodersdorf gelten. Die Frau arbeitet bislang zwischen 8 und 17 Uhr in Halberstadt. Das wird jetzt zum Problem: Der letzte Bus heimwärts fährt künftig schon um 16.04 Uhr. Ihr Chef hat einer Arbeitszeitverlagerung zwar zugestimmt, dann aber offenbaren sich morgens neue Transportprobleme.

Rodersdorf sei neben Röderhof (Gemeinde Huy) und dem Osterwiecker Ortsteil Rohrsheim einer von drei aktuell noch bestehenden Problempunkten, räumte Verkehrsplaner Michael Wendt von der Kreisverwaltung ein. Nachdem die Volksstimme das Dilemma von Heike Augsten jetzt publik gemacht hat, könnte eine Lösung denkbar sein, kündigte Wendt an. Der 18.04 Uhr in Halberstadt startende Bus, der bislang in Hedersleben endet, könnte bis nach Rodersdorf weiterfahren.„Das wird jetzt geprüft“, kündigte Smith an und gab die generelle Perspektive aus: „Wenn ein Kundenproblem lösbar ist, wird es gelöst.“

Gleichwohl zahlen die HVB – und damit letztlich deren Gesellschafter – mit Blick auf den neuen Fahrplan und die jüngste Pannenserie einiges an Lehrgeld. Landrat Skiebe bezifferte die mit der Umstellung generell verbundenen Mehrkosten – quasi die Anlaufkosten – auf rund 200 000 Euro. „Allerdings sind die im Gegenzug erwarteten Mehreinahmen bislang nicht absehbar.“ So erhofft sich der Kreis höhere Zuschüsse vom Land, weil die bislang Schülern vorbehaltenen Busse nun fast vollständig auch allen anderen Nutzern geöffnet werden. Hinzu komme die Hoffnung auf langfristige Einsparungen aufgrund der Neustrukturierung.

Wobei der Harzkreis nach Smiths Worten auf hohe Attraktivität im Nahverkehr setzt. So stiegen die Fahrstrecken von bislang 8,1 auf 8,6 Millionen Kilometer jährlich. Im Zuge der Umstellung seien zehn Mitarbeiter zusätzlich eingestellt und vier neue Fahrzeuge – darunter Gelenkbusse – angeschafft worden. „Wir rangieren damit als Flächenlandkreis auf Augenhöhe mit Halle und Magdeburg“, betonte Smith und erinnerte daran, dass die Nahverkehrsleistungen in anderen Kreisen ausgedünnt würden.

Die konkreten Mehrkosten, die aufgrund der zweifachen Verschiebung des Fahrplanwechsels entstanden sind, konnte Landrat Skiebe am Mittwoch noch nicht beziffern. Diese Frage war bereits im Kreistag laut geworden. „Was die im Dezember gedruckten Fahrpläne angeht, ist von einem niedrigen einstelligen Tausend-Euro-Betrag auszugehen“, so HVB-Chef Smith. Hinzu dürften die Personalkosten für die Planer kommen, die gut vier Monate länger als beabsichtigt mit Entwurf, Feinplanung und Korrekturen am Fahrplanwerk beschäftigt waren.