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Feuerwerk Unverzichtbar oder überflüssig?

Immer mehr Geschäfte verkünden, dass sie keine Silvesterknaller mehr verkaufen wollen. Der Hagebaumarkt in Blankenburg gehört dazu.

Von Sandra Reulecke 29.12.2019, 08:00

Blankenburg/Halberstadt l Silvester – dieser Tag ist geprägt von knallenden Sektkorken, guten Vorsätzen, von „Dinner for one“ und natürlich Feuerwerk am Nachthimmel. Kaum sind die Feiertage vorbei, rüstet der Handel dafür auf, die Weihnachtsdeko weicht den Aufstellern mit Raketen und Böllern. So ist es Tradition.

Doch die gerät langsam ins Wanken. Meldungen von Händlern, die auf den Feuerwerksverkauf verzichten wollen, sind keine Einzelfälle mehr. So haben gleich mehrere Edeka-Betreiber aus Norddeutschland angekündigt, Raketen und Knaller in diesem Jahr zu boykottieren. In den Filialen des Baumarkt-Riesen Hornbach werden Knaller-Fans in diesem Tagen zum letzten Mal fündig. Das Unternehmen informiert auf seiner Homepage, dass es sich dafür entschieden habe, ab 2020 kein Feuerwerk mehr anzubieten. „Insbesondere aus Gründen des Tier- und Umweltschutzes.“ Auch der Hagebaumarkt Blankenburg setzt aus diesen Gründen ein Zeichen. Wie die Geschäftsführer mitteilen, gibt es bereits in diesem Jahr keinen Knaller-Verkauf mehr.

Der Boykott wird damit begründet, dass sich der Markt so für mehr Tierschutz und besserer Luft einsetzten will. „Wir möchten nicht noch mehr zur enormen Feinstaubbelastung und zur Verängstigung der Tiere beitragen,“ wird der Betriebsleiter Fred Fränzel in der öffentlichen Bekanntmachung zitiert. „Wir sind uns bewusst, dass etwas für die Nachhaltigkeit unserer Erde getan werden muss.“ Es sei heute wichtiger denn je, dass Klima und die Tiere zu schützen.

Dass Böller und Co. tatsächlich die Umwelt belasten, zeigt sich an Zahlen des Umwelt-Bundesamtes. Dieses informiert, dass jährlich rund 4200 Tonnen Feinstaub von Feuerwerkskörpern freigesetzt werden, der größte Teil davon natürlich in der Silvesternacht. Diese Menge entspreche laut dem Amt in etwa 25 Prozent der jährlich durch Holzfeuerungen freigesetzten Feinstaubmenge in Deutschland.

Aber ist der Schritt des Blankenburger Hagebaumarktes für mehr Umweltschutz nicht auch gleichzeitig ein finanzieller Einschnitt? Wie auf Nachfrage der Volksstimme aus dem Baumarkt mitgeteilt wurde, werde das nicht befürchtet. Im Gegenteil, die Entscheidung sei auch aus kaufmännischen Gesichtspunkten getroffen worden. Denn obwohl Feuerwerk nur an wenigen Tagen verkauft werden kann, sei die Logistik und der Mehraufwand dafür sehr groß.

Bisher ist der Baumarkt aus Blankenburg mit seinem Boykott Einzelkämpfer in der Region. Wie eine Stichproben-Nachfrage der Volksstimme ergeben hat, startet der Böller-Verkauf in vielen Geschäften spätestens am Montag, in anderen ist er bereits heute angelaufen.

Für die Käufer gibt es einiges zu beachten. So darf Feuerwerk grundsätzlich nur am 31. Dezember und am 1. Januar gezündet werden. Für den Rest des Jahres gilt laut Bundessprengstoffgesetz: Pyrotechnik der Klasse 2 (F 2) – darunter fallen so ziemlich alle Böller und Raketen – darf nur von Besitzern einer speziellen Befähigung oder bei Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung benutzt werden.

Dass Gesetz sieht zudem vor, dass alle Artikel, die zur Klasse zwei (F 2) gehören, ausschließlich im Freien und nur von Personen gezündet werden dürfen, die mindestens 18 Jahre alt sind.

Außerdem darf nur geprüfte und zugelassene Pyrotechnik verwendet werden. Diese ist anhand des Prüfsiegels/Prüfaufdrucks der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erkennbar.

Das Bundessprengstoffgesetz regelt auch, wo geknallt werden darf und wo nicht. Ein Verbot gilt im Umkreis von 100 Metern um Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheime sowie brandgefährdete Gebäude.

Zudem haben viele Städte und Gemeinden eigene Regelungen. Zum Beispiel hat Wernigerode wegen seines feuergefährdeten Fachwerkensembles 2009 ein Böllerverbot in der Altstadt erlassen. Eine ähnliche Regelung gilt in Quedlinburg. „Diese Regelung dient insbesondere dem Schutz kulturhistorisch wertvoller Gebäude vor Bränden“, teilt die Stadtsprecherin Sabine Bahß mit. Wie sie berichtet, hat die Stadt Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe inmitten des Sanierungsgebietes von Quedlinburg angeschrieben mit der Bitte, ihre Gäste und Besucher für die Einhaltung des Abbrennverbotes zu sensibilisieren.

Für die, die sich nicht an das Verbot halten, kann der Jahreswechsel richtig teuer werden. „Zuwiderhandlungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden kann“, mahnt Sabine Bahß. Die Einhaltung des Abbrennverbotes werde mit gezielte Kontrollen von Polizei und Ordnungsbehörde überwacht. Zudem bittet die Stadtsprecherin, dass in der Nähe des Quedlinburger Tierheimes auf den Einsatz von Feuerwerkskörpern verzichtet wird.

Zum Schutz der Tiere und Pflanzen gilt im Nationalpark Harz ganzjährig ein Verbot, Feuerwerkskörper zu zünden. „Nicht nur auf dem Brocken, sondern grundsätzlich auf allen Flächen des Schutzgebiets“, betont Nationalpark-Sprecher Friedhart Knolle. „Die Tiere des Waldes und zahlreiche Haustiere, deren Besitzer hoffen in den stillen Regionen Zuflucht zu finden, werden es Ihnen danken.“

Der Verzicht auf Böller und Raketen bedeute nicht, dass es am Nachthimmel nichts zu entdecken gibt. „Mit ein wenig Glück lässt sich stattdessen ein ganz anderes – natürliches – Himmelsfeuerwerk betrachten. Da der Nationalpark Harz zu den dunkelsten Regionen Deutschlands gehört, kann man hier in klaren Nächten zahlreiche Sterne und die Milchstraße besonders gut sehen“, so Knolle.

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