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Frühwarnsystem Im Vorharz gibt es 151 Schrottimmobilien

In der Verbandsgemeinde Vorharz gibt es 151 Häuser, die Schrottimmobilien sind. Jetzt gibt es ein Frühwarnsystem.

Von Christian Besecke 12.01.2017, 09:21

Wegeleben/Schwanebeck l „Die Innenstadt von Wegeleben ist ein Paradebeispiel für den Zustand von zahlreichen Immobilien in der Region“, sagt Knut Buschhüter vom Bau- und Ordnungsamt der Verbandsgemeinde. „Aufgrund der Ballung an betroffenen Gebäuden würde sich Wegeleben für ein Projekt eignen, das sich mit dem Thema befasst.“ Hier hätten die beauftragten Experten eine beispiellose Ansammlung von Schrottimmobilien dokumentiert. „Es genügt ein Blick auf die alte Malzfabrik“, sagt Buschhüter. „Sie schreit geradezu nach einer Lösung.“

Von der Anzahl sanierungsbedürftiger Häuser sei Schwanebeck, die zweite Stadt in der Verbandsgemeinde Vorharz, allerdings noch vor Wegeleben einzuordnen. „Auch hier haben wir, speziell in der Breiten Straße, Gebäude in einem sehr schlechten Zustand, einige davon sind schon zusammengefallen“, sagt der Mitarbeiter des Bau- und Ordnungsamtes.

In Zusammenarbeit mit der Hochschule Harz hat sich Buschhüter intensiv mit dem Zustand der 5078 Häuser in der Verbandsgemeinde beschäftigt und für Sanierungsfälle Lösungswege erarbeitet. In Schwanebeck und Harsleben hat er das sogenannte Dresdner Modell den Gemeindevertretern erläutert. Knut Buschhüter hat sich so tief in das Thema Schrottimmobilien eingearbeitet, dass er demnächst von Journalisten einer deutschlandweit erscheinden Fachzeitschrift interviewt wird – auf Empfehlung seiner Dresdner Amtskollegen.

Im Auftrag der Verbandsgemeinde haben ein Umweltplanungsbüro aus Wernigerode und ein Architektenbüro aus Osterwieck einen umfangreichen Bericht zur Entwicklung eines Frühwarnsystems zum Demografie-Wandel abgegeben.

„Der 86 Seiten starke Bericht liegt seit Oktober 2014 vor, nebst einem Kartenteil mit topographischen Darstellungen der Erhebungen in den Mitgliedsgemeinden“, erläutert Buschhüter. „In zwei Begehungen wurde der Zustand von 5078 Wohngebäuden erfasst.“

Die Gebäude wurden mit Schulnoten versehen: „Sehr gut“ (Neubauzustand), „Gut“ (geringer Renovierungsbedarf), „Befriedigend“ (ästhetische Schäden) und „Ausreichend“ (geringer Sanierungsbedarf). Das seien Kriterien, bei denen nur eine Beobachtung der gebäude erforderlich sei.

Die Zustände „Mangelhaft“ (dringender Sanierungsbedarf) und „Ungenügend“ (einsturzgefährdet) beschreiben Handlungsbedarf seitens der Behörden. „Bei den beiden letztgenannten Zuständen reden wir dann von tatsächlichen oder zukünftigen Schrottimmobilien“, sagt Buschhüter. „Das betrifft 151 Gebäude in der Verbandsgemeinde. Noch relativ geringer Sanierungsbedarf besteht bei 631 Gebäuden, die ein Ausreichend bekommen haben.“ Schwanebeck führt die Liste der Schrottimmobilien mit 34 an, gefolgt von Ditfurt (25) und Wegeleben (24) sowie Harsleben (15). Knut Buschhüter ist bereit, die Untersuchungen auch den anderen Gemeinderäten vorzustellen.

„Das Frühwarnsystem funktioniert hier als Interpretation der Gesamtschau“, erklärt er. „Die Ergebnisse wiederholter Erfassungen werden gesammelt und mit anderen Kriterien kombiniert. Ergibt diese Kombination ein überwiegend negatives Bild, wird Handlungsbedarf gesehen.“ Daraufhin könne ein Aufgabenpaket erstellt und dem Verbandsgemeinderat oder den Gemeinderäten vorgelegt werden.

„Empfehlenswert nach dem Dresdner Modell ist die Ernennung eines Quartierbeauftragten für den jeweilige Ort“, schlägt Buschhüter vor. „Der könnte über Fördermittel finanziert werden. Seine Aufgabe wäre es, Daten zu sammeln und erste Gespräche mit den bekannten Eigentümern zu führen. Er wäre die zentrale Kontaktperson für diese Belange.“ Bislang gebe es diesen Posten noch in keiner Gemeinde.

„Zunächst muss in solchen Fällen fast immer Überzeugunsgarbeit geleistet werden“, sagt Knut Buschhüter. „Wenn ein Eigentümer begreift, dass der Zustand seiner Immobilie nur Unannehmlichkeiten nach sich zieht, trennt er sich eher davon.“ Davon könnten dann Gemeinden und benachbarte Eigentümer profitieren, die die einsturzgefährdeten Gebäude erwerben und im schlimmsten Fall abreißen würden. Abhängig sei das natürlich von finanziellen Mitteln, sagt Buschhüter.