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Theatergruppe Erxleben bringt französisches Gaunerstück auf die Bühne Gemini 13 und eine weibliche Geisel, die alle Fäden in ihren Händen behält

Von Carina Bosse 12.03.2012, 05:27

Ein echt unterhaltsamer Ganovenstreich ist der Theatergruppe Erxleben in diesem Jahr gelungen. Ihre 29. Inszenierung entführt nicht nur das Publikum in die französische Normandie Ende der 1960-er Jahre.

Erxleben l Was passiert, wenn eine entführte Geisel und ein notgelandeter englischer Pilot in einer gottverlassenen Gegend in der französischen Normandie von - zugegeben recht friedlichen - Gaunern aufeinander losgelassen werden? Na klar! Sie schmieden natürlich einen Plan für ihre Flucht.

"Die Entführung und Gefangensetzung der Madame des Blanzac samt dem komplizierten Fall des Oberleutnants Hubert de Pifre mit englische Präzision geplant von dem Boss der Familie Dubois" aus der Feder von Francis Veber ("Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh") bietet unterhaltsamen Stoff für einen vergnüglichen Theaterabend.

Die Theatergruppe Erxleben spart auch in der diesjährigen - ihre mittlerweile 29. - Inszenierung nicht mit spritzigen Dialogen, witzigen Wortspielen und allerlei Irrungen und Wirrungen bis zum großen Finale.

Nach der Premiere des Stückes stehen Marina, Ulrike und Ulrich Wahrendorf, Rüdiger Laaß, Jürgen Wölkerling und Bodo Benzing noch bis Ende April am Gründonnerstag und nahezu jedes Wochenende auf der Bühne.

Vor dem Hintergrund des reichen Industriellen Charles de Blanzac entführen Francois Dubois (Ulrich Wahrendorf) und seine Familie Malou (Marina Wahrendorf) und Petitjean (Bodo Benzing) Ende der 1960-er Jahre dessen Frau Mathilde de Blanzac (Ulrike Wahrendorf).

Die Dubois erhoffen sich ein Lösegeld in Höhe von 50 Millionen Franc. "Mehr nicht", lautet der lapidare Kommentar von Madame des Blanzac, als sie von der Lösegeldforderung erfährt. Das allerdings sieht ihr Gatte völlig anders und ist nicht bereit zu zahlen.

Im Verlauf des Stücks wird schon bald klar, warum der Gatte de Blanzac nicht zahlen will: Seine Frau führt wohl auch zu Hause das Zepter, in der Gefangenschaft jedenfalls reißt sie sämtliche Initiativen an sich, erst recht, als der etwas naive und gutmütige Petitjean karreschiebend mit einem Bruchpiloten ins Zimmer, pardon, auf die Bühne eilt. Der treuherzige Bewacher der Geisel scheint angesichts des Bewusstlosen etwas kopflos, da Francois und Malou gerade wegen der Lösegeldforderung zum Telefonieren in den Ort geeilt sind.

Nach ihrer Rückkehr wittern die Entführer in dem vermeintlichen Kosmonauten ihre noch größere Chance auf Reichtum und ein sorgloses Leben. Denn sie vermuten in den Bruchpiloten einen Überlebenden der Gemini-13-Raumfahrtmission der Amerikaner. Nicht zuletzt deshalb, weil Madame de Blanzac um das Leben des mit einem Fallschirm notgelandeten Hubert de Pifre (Rüdiger Laaß) fürchtet und ihn deshalb auffordert, die Rolle eines Gemini-Kosmonauten zu spielen, der gerade aus dem Weltall abgestürzt sei. Die Radio-Nachrichten sind schließlich voll von der just an diesem Tag vermissten Raumfähre.

Die Dubois wittern in der Tat, den großen Coup zu landen. Major Carpenter, wie der Pilot nun dank der neuesten Nachrichten aus dem Radio (Stimme von Carolin Höding) genannt wird, weckt auch gleich das Interesse der Russen und der Chinesen, die im Wettlauf um den nächsten Weltraumflug mit den Amerikanern punkten wollen. Die Chinesen bekommen die Gangster als erste an die Strippe und verlangen 200 Millionen Franc. Von nun an beginnt ein intrigantes Katze-und-Maus-Spiel, das den Zuschauern im ausverkauften Saal im "Gasthaus zur Post" ein ums andere Mal mehr vor Lachen die Tränen in die Augen treibt. Doch mehr soll vom Stück noch gar nicht verraten werden, schließlich folgen bis zum 28. April noch zehn Vorstellungen, in denen das Publikum sich sein höchst eigenes Urteil bilden soll.

Des Lobes voll waren jedoch schon die Zuschauer der ersten Vorstellungen, denn mit dem französischen Stück ist den Erxleber Hobby-Schauspielern wieder ein Meisterwerk gelungen. Nicht aufwändige Bühnenkulissen oder -bekleidungen machen ihr Spiel aus, sondern vielmehr der Charme und die Spritzigkeit der Akteure auf der Bühne und vor allem ihre schier unbändige Spielfreude.