Überraschende Ausstellung in der Hochschule Harz am Halberstädter Domplatz Grabräuber, Hehler und die Verwaltungen
Krimis ziehen immer. Räubergeschichten auch. Und doch versteckt sich hinter den Krimis im Raum S105 der Hochschule Harz mehr als spannende Unterhaltung. Es geht um Raubgrabungen und Kunsthehlerei.
Halberstadt l Leise betritt die junge Studentin den Raum, wendet sich den übereinandergestapelten Würfeln zu, auf denen Fotos, Texte und Zeitungsausschnitte prangen. "Ich hab\' das Schild draußen gesehen und mich gewundert, was da ist", sagt Tabea Schinke. Sie studiert im fünften Semester Verwaltungsökonomie an der Hochschule Harz in Halberstadt. In dem neogotischen Seminargebäude am Domplatz ist bis Ende Juni eine Ausstellung zu sehen, die auf den ersten Blick so gar nichts mit Verwaltungswissenschaften zu tun hat - Kriminalarchäologie.
Prof. Dr. André Niedostadek hat die irritierende Schau zu verantworten, er hatte sie auf dem Flughafen München gesehen und sich gedacht: "Das wäre auch was für unsere Hochschule." Aber was haben Grabräuber und Verwaltungen miteinander zu tun?
"Auf den ersten Blick mag das exotisch anmuten, Kriminalarchäologie für die Verwaltungswissenschaften, aber es gibt eine Vielzahl von Berührungspunkten", sagt der Wissenschaftler. "Und das nicht nur, weil ich mal Archäologie studieren wollte, bevor ich Jura studiert habe", fügt er schmunzelnd an. Die Berührungspunkte sind, betrachtet man sich die Fotos und Texte genauer, sehr wohl gegeben. "Das beginnt bei den zahlreichen rechtlichen Fragestellungen und reicht bis zu dem Fakt, wie zum Beispiel kommunal geführte Museen mit angebotenen Stücken unklarer Herkunft umgehen", erklärt Niedostadek. Es sind viele öffentliche Stellen einbezogen, wenn es darum geht, das Plündern antiker Stätten und den illegalen Handel mit archäologischen Funden zu unterbinden.
Die Ausstellung widmet sich zwar vor allem der Grabräuberei im Irak und dem Handel mit den Artefakten aus Ninive und Co., aber auch aktuelle Fälle aus Deutschland und Sachsen-Anhalt finden sich. Sei es die spannende Geschichte rund um die Himmelsscheibe von Nebra oder ein ganz aktueller Fall aus Köln, wo sich die Stadtverwaltung plötzlich in der Pflicht sieht, Ausgrabungsgelände vor Räubern zu schützen. "Wenn ein Fund auftaucht, ohne das man den Fundzusammenhang kennt, wird er für die Wissenschaft fast wertlos" erklärt der Hochschullehrer, warum der Kampf gegen die Grabräuberei wichtig ist. "Ein Archäologe hat es mal so formuliert: Das Artefakt ist wie ein einzelner Buchstabe. Ohne den Satz drumherum sagt er nichts aus."
Für das Thema sensibilisieren will der Professor mit dieser Ausstellung und die Studenten zum Blick über den Tellerrand hinaus ermutigen. "Manchmal ergeben sich auch tolle Kooperationen", so Niedostadek. So hatte ein Student der Verwaltungswissenschaft nach einem Praktikum beim Landesamt für Archäologie in Halle eine prämierte Abschlussarbeit über die juristische Auseinandersetzung um die Himmelscheibe veröffentlicht. Geplant sind für die Dauer der Ausstellung, die bis 28. Juni gezeigt wird, auch Vorträge und Projekte mit Gymnasien.
Die Ausstellung ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, sonnabends von 9 bis 14 Uhr zugänglich.