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Fusion mit Anstalten zum 1. Juli stößt auch auf Kritik / Vorstand sieht neuen Partner als Chance "Guter Hirte" schließt sich Neinstedt an

Von Ingmar Mehlhose 02.03.2013, 02:18

Das Haus der Diakonie "Zum guten Hirten" in Wernigerode fusioniert mit den Neinstedter Anstalten. Die offizielle Übergabe soll am 3. Juli erfolgen. Der Schritt stößt nicht nur auf Zustimmung. Ein Kritikpunkt ist die Aufgabe der Eigenständigkeit.

Wernigerode l Die Entscheidung ist gefallen. Von 22 Mitgliedern des ehrenamtlichen Vereins Haus der Diakonie "Zum guten Hirten" in Wernigerode haben 17 für eine Fusion mit den Neinstedter Anstalten gestimmt. Darüber informierte Dirk Kruschel nach der zuletzt einberufenen Versammlung im Gespräch mit der Harzer Volksstimme. Das Vorstandsmitglied: "Wir haben nach einem größeren Partner gesucht, um als Haus zu überleben."

Dabei gehe es laut Kruschel auch um den seit etwa zwölf Jahren "nicht über die Planungsphase hinausgekommenen Bau der Tagesförderung". Zu keinem Zeitpunkt habe es dafür eine Finanzierung gegeben. Im Gegenteil: Die Einrichtung mit ihren beiden Standorten Friedrichstraße 104 und Grüne Straße 52 ("Haus Nathusius") sei in der jüngsten Zeit regelrecht "kaputtgespart" worden. Dies habe zu einem Investitionsstau geführt. Als Beispiele nannte der Vorstand unter anderem, dass die Bewohner in Doppelzimmern mit Gemeinschaftsbädern lebten und die "beengten Räume der Tagesförderung nur noch geduldet sind". Dirk Kruschel: "Die Genehmigung ist im Oktober ausgelaufen. Wir sind aufgefordert, Lösungen zu finden." Zudem sei erst vor wenigen Tagen festgestellt worden, dass das nach einem Brand 1993/94 sanierte Gebäude in der Grünen Straße keinerlei Fassadendämmung besitze.

Kruschel ist eigenen Angaben nach in der Branche beheimatet. Er sei bisher Kaufmännischer Leiter in der Alten- und Behindertenpflege in Hannover gewesen. Zum 1. April wechsele er zu einem Anbieter nach Greifswald.

Zur jüngsten Entwicklung betonte der Vorstand, dass sich für die Mitarbeiter des "Guten Hirten" durch den Wechsel arbeitsvertraglich nichts verändere. Dafür gebe es bereits eine Betriebsvereinbarung. Ein Vertragsentwurf für die Übernahme durch die Neinstedter Anstalten zum 1. Juli liege vor. Offiziell solle dieser Schritt am 3. Juli vollzogen werden. Auch die Pläne für die Einrichtung einer Tagesförderung würden danach Gestalt annehmen. Dafür habe der neue Partner bereits das ebenfalls an der Friedrichstraße gelegene ehemalige Jugendgästehaus der Stadt Wernigerode erworben.

Die Verbindung von David und Goliath (siehe Info-Kästen) findet nicht nur Zustimmung. Kritik äußert zum Beispiel Birglinde König. Die Benn-eckensteinerin kennt den Hirten eigenen Angaben nach seit vielen Jahren. Aktuell kümmere sie sich um vier Bewohner. Nach ersten Übernahmegerüchten sei im August 2010 ein Angehörigenbeirat gegründet worden. Dieser habe intensiv Mitgliederwerbung betrieben und über 30 Aufnahmeanträge beim Vereinsvorstand eingereicht. Birglinde König: "Mit Schreiben vom 31. Januar 2011 erhielten bis auf zwei alle Bewerber eine Absage mit der Begründung, gemäß der Vereinssatzung sei die Aufnahme begrenzt." Dies sei richtig, denn die Höchstzahl der Mitglieder betrage 30. Damals seien aber nur 22 vorhanden gewesen. Die Rentnerin bitter: "Wir waren für den Vorstand nicht passig."

Aus ihrer Sicht, so Birglinde König weiter, habe das fachlich überforderte Gremium nicht versucht, andere Partner zu finden. Jetzt sei "der Zug abgefahren" und sie persönlich "äußerst traurig über diese Entwicklung". Und: "Ob der Zusammenschluss gut ist, wird die Zeit zeigen." Der "Gute Hirte" als kleine und überschaubare Einrichtung hätte aus ihrer Sicht eine gute Chance gehabt, auf dem Markt zu bestehen.

Dirk Kruschel räumte ein: "Die Absage kann falsch verstanden werden. Sie war schwierig geschrieben." Gleichzeitig biete er Birglinde König eine Zusammenarbeit an.

Für diese war das Thema erledigt. Sie erklärte: "Ich habe kein Interesse an dem Verein."