Per Zufall zum Traumjob Halberstadt: Pfleger für grüne Riesen
Der Klimawandel bereitet vielen Bäumen Probleme. Sebastian Beil aus Halberstadt kümmert sich bei Bedarf um die grünen Riesen.

Halberstadt - Halberstadt verfügt über einen stolzen Baumbestand. 2500 stehen in den Grünanlagen, 6400 an den Straßen, 1000 auf den Geländen von Kindergärten und Schulen, 1000 auf dem Friedhof und 5500 in den sieben Ortsteilen und ungezählte auf privaten Grundstücken.
In Zeiten des Klimawandels leiden diese Bäume. Die klimabedingte Dürre in den zurückliegenden Jahren hat im Baumbestand Halberstadts Spuren hinterlassen. Das kann Sebastian Beil bestätigen. Der Halberstädter verdient seine Brötchen mit der Gesundheit der grünen Riesen - er ist hauptberuflicher Baumpfleger.
Eher durch Zufall ist Sebastian Beil zu seinem nicht alltäglichen Job gekommen. Zwar gebe es Kollegen, die über ihr Hobby, das Bergsteigen, zum Job als Baumpfleger gekommen sind. Bei ihm sei das nicht der Fall gewesen. „Ein Freund, der selbst Baumpfleger in Hessen ist, hat mich darauf gebracht. Ich bin mal dabei gewesen und habe Gefallen an der Arbeit gefunden“, berichtet der 38-Jährige.
Kletterschein absolviert
Dann habe er einen Kletterschein in einer Schule in Brandenburg gemacht, die auch Industriekletterer ausbildet. „Den Schein muss man haben. Er ist eine Absicherung gegenüber der Berufsgenossenschaft. Es gibt einen A- und einen B-Schein. Der letztgenannte ist notwendig, um mit Kettensäge in die Bäume klettern zu dürfen.
„Um den Schein absolvieren zu können, muss man 300 Kletterstunden in Bäumen nachweisen“, ergänzt Sebastian Beil. Natürlich seien auch Lehrgänge notwendig gewesen, die sich mit dem Thema Baum beschäftigen. Die berechtigen ihn, Kleinstgutachten über den Zustand seiner Pfleglinge abzugeben.
Man müsse schon einen Blick für die Bäume haben, das habe auch etwas mit der eigenen Sicherheit zu tun. „Wenn ich in den Baum klettere, muss ich auch auf Nummer sicher gehen, dass am Stamm kein Pilz vorhanden ist, der die Standsicherheit des Baumes gefährdet. Daher muss ich mir vorher ein genaues Bild über die Gesundheit des Baums machen können“, so Sebastian Beil.
Höhenangst kann sich Sebastian Beil nicht leisten. „Dann wäre ich bei diesem Job definitiv fehl am Platz“, bestätigt er. Denn oft genug geht es hoch hinaus, wenn er die Baumkronen pflegen oder abgestorbene Äste entfernen muss.
Ausgerüstet wie ein Bergsteiger geht es oft in luftige Höhen. 20 Meter seien da keine Seltenheit. Etwa 23 Meter Höhe war bislang für ihn der höchste Baum. Da sei schon das Seil ausgegangen, an dem er auf den Baum klettert. 60 Meter sei sein Kletterseil lang. Das werde in der Baumspitze verankert, und von da aus wird der gesamte Baum begangen. „Da kommt man schnell an die Grenzen der Seillänge.“
Abwechslungsreicher Job
Pflegeschnitte, Totholzentnahme, Standsicherheit und im schlimmsten Fall Fällungen, wenn der Baum absolut nicht mehr zu retten ist - Sebastian Beils Job ist alles andere als langweilig. Zur Baumpflege gehört in seinem Fall auch der Obstbaumschnitt. Baumfällungen stehen vor allem von Oktober bis März an, außerhalb der Brutzeit der Vögel.
Fichten haben im Stadtgebiet in den zurückliegenden sehr trockenen Jahren besonders gelitten, bestätigt der Baumpfleger. Borkenkäfer seien nicht nur im nahen Harz ein großes Thema. Die Käfer seien längst in Halberstadt angekommen und setzen den Bäumen zu. Birken und andere Laubbäume seien ebenfalls von der Trockenheit betroffen.
Einfach Bäume fällen, das würde nicht funktionieren. Die Baumschutzsatzung von Halberstadt regelt, welche Bäume geschützt sind und welche nicht. „Alle Bäume, die einen Stammumfang von 60 Zentimetern in 1,20 Meter Höhe übersteigen, müssen von der Stadtverwaltung genehmigt werden“, erklärt der Baumpfleger. Das würde auch für Bäume gelten, die scheinbar abgestorben sind. Allerdings gebe es Ausnahmen.
„Ich hatte jetzt erst den Fall bei zwei Fichten, für die es eine Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde gab, weil die abgestorbenen Bäume Passanten gefährdeten.“ Baumpflege sei bis zu einem Durchmesser von zehn Zentimetern möglich, allerdings keine gravierende Kroneneinkürzungen, die Form vom Baum muss danach immer noch erkennbar sein. „Aber das ist ja in meinem Sinn, dass der Baum nach dem Eingriff wieder schön aussieht. Je weniger, desto mehr ist es für die Schönheit des Baums.“
