1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Hochzeit zwischen Rieder und Ballenstedt droht im Landtag zu scheitern

Hochzeit zwischen Rieder und Ballenstedt droht im Landtag zu scheitern

04.09.2013, 18:49

Rieder/Ballenstedt/Quedlinburg l Heute soll es soweit sein: Im Rathaus Ballenstedt wollen Vize-Bürgermeisterin Annett Ograbek und Rieders Bürgermeister Jürgen Rössling (Linke/Bürgerfraktion) den Gebietsänderungsvertrag zwischen beiden Kommunen unterzeichnen und die Eingemeindung der 1600-Einwohner-Kommune Rieder in die Stadt Ballenstedt - zumindest zwischen den beiden Partnern - perfekt machen. Vorausgesetzt, die Räte in Rieder folgen am Mittwochabend dem mehrheitlichen Willen ihrer Einwohner. Was aus Rösslings Sicht nur eine Formsache ist, wäre die Eingemeindung dann auf dem Papier klar. Und das droht sie zu bleiben: Im Landtag formiert sich eine klare Mehrheit von SPD und CDU gegen den geplanten Alleingang von Rieder.

SPD-Fraktionsmitglied Andreas Steppuhn preschte am Mittwoch nach vorn: "Die SPD-Landtagsfraktion hält weiterhin an einer Eingemeindung von Bad Suderode, Gernrode und Rieder in die Stadt Quedlinburg fest", ließ er wissen. Und: Die SPD-Landtagsfraktion habe in dieser Frage eine glasklare, gemeinsame Position mit der CDU und dem Innenminister, so der Landtagsabgeordnete. Daran änderten auch die nunmehr gegensätzlichen Tendenzen des bisherigen Dreier-Bündnisses nichts.

Wie berichtet, haben die Einwohner von Rieder und Gernrode am Sonntag bei der Bürgeranhörung unterschiedlich votiert. Während die Einwohner von Rieder mehrheitlich nach Ballenstedt streben, haben die Gernröder gegen diesen Weg votiert. Hinzu kommt, dass die Bad Suderöder bei einer früheren Abstimmung mit einer Stimme Mehrheit für die Eingemeindung nach Quedlinburg gestimmt hatten. Damit haben sie dem vom Land eingeschlagenen Weg zur Eingemeindung in die Welterbestadt formell bestätigt.

Das Land hatte das Trio schon einmal nach Quedlinburg eingemeindet. Diese Zwangseingemeindung war im Februar vom Landesverfassungsgericht wegen eines Formfehlers kassiert worden. Nun will das Land das Trio erneut an die Welterbestadt angliedern.

Und dabei scheint Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) auf den Rückhalt von CDU und SPD im Landtag bauen zu können. Im Innenministerium legt man derweil die Hände in den Schoß: Weil das neue Gesetzgebungsverfahren zur Eingemeindung im zweiten Schritt schon angeschoben worden sei, liege das Heft des Handeln nun beim Landtag.

"Es geht darum, Quedlinburg zum starken Mittelzentrum zu machen."

Ulrich Thomas (CDU), Landtagsabgeordneter

Und dort bestätigt Jens Kolze, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, Steppuhns Darstellung: "Es ist weiterhin - wie bereits im Jahr 2010 durch den Gesetzentwurf des Landes geschehen - festzustellen, dass eine Zuordnung der Stadt Gernrode und der Gemeinden Bad Suderode und Rieder in die Stadt Quedlinburg den Gemeinwohlaspekten Rechnung trägt. Das sollte weiter verfolgt werden sollte."

Was sein Quedlinburger Fraktionskollege Ulrich Thomas untermauert: "Wir tragen den Gesetzesentwurf der Landesregierung zur erneuten Eingemeindung mit." Die am 26. September im Innenausschuss geplante Anhörung der drei Kommunen sowie Quedlinburgs sei noch mal Gelegenheit, alle Argumente zu diskutieren. Allerdings lässt Thomas durchblicken, dass er kaum glaubt, dass Rieders Bürgermeister die Parlamentarier dann noch vom eingeschlagenen Kurs nach Ballenstedt überzeugen kann.

"Wir nehmen das Votum vor Ort natürlich ernst. Allerdings ist die Mehrheit pro Ballenstedt längst nicht mehr so überzeugend wie noch vor Jahren", erinnert Thomas. Damals habe eine Mehrheit von 90 Prozent der Bürger gegen Quedlinburg votiert. Bei der aktuellen Anhörung habe es nur 130 Stimmen Differenz gegeben.

In der Tat: Am Sonntag stimmten 435 Einwohner von Rieder für Ballenstedt, 304 votierten dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,5 Prozent.

Und in noch einem Punkt macht Thomas seine Kritik fest: Die jetzige Situation sei seit Februar bekannt, seit Frühsommer laufe das neue Eingemeindungsverfahren. "Seit Monaten ist in Rieder nichts passiert und jetzt plötzlich wird man aktiv. Eine Liebesheirat ist das nicht, sonst hätte man das schon lange vorher angeschoben."

"Am Ende geht es doch darum, Quedlinburg zum starken Mittelzentrum zu machen. Daran sollten alle ein Interesse haben." Ähnlich sieht das Steppuhn: Er sprich von struktureller und wirtschaftlicher Vernunft.

Links-Politikerin Monika Hohmann warnt indes davor, das Bürgervotum zu ignorieren. "Das Land wäre gut beraten, dem demokratischen Willen zu folgen und Rieder nach Ballenstedt ziehen zu lassen", so die Landtagsabgeordnete. "Wir sollten den Glauben der Bürger in Recht und Gesetz nicht erschüttern", warnt die Hederslebenerin.