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Deutsche Bahn Juristischer Streit um Baumfällung

Der Streit um das Fällen von Bäumen entlang einer Bahntrasse in Halberstadt geht weiter. Trotz Verbots wurde weiter gearbeitet.

Von Dennis Lotzmann 03.11.2016, 11:55

Halberstadt l Nachdem der städtische Teamleiter für Ordnung und Sicherheit, Thomas Dittmer, die Baumfällarbeiten am Sonnabend in der Schönerstraße per Sofortverbot gestoppt hatte, setzte die von der Bahn beauftragte Firma ihr Werk am Dienstag wenige hundert Meter weiter westlich fort. „Bei uns sind sie am Dienstag früh ab 7 Uhr zur Tat geschritten“, so Klaus-Dieter Franz aus der Beethovenstraße am Mittwochmorgen voller Empörung am Volksstimme-Lesertelefon.

„Wir sind davon jäh überrascht worden“, berichtet der 66-Jährige. Neben zahlreichen Büschen seien auch größere Bäume gefällt worden. Er selbst habe das Treiben am Dienstag zunächst nur mit Entsetzen registriert. „Ich dachte, dass die Bahn das im Bereich ihrer Strecke wohl darf und habe erst am Mittwoch beim Lesen der Zeitung bemerkt, dass dem wohl nicht so ist“, erzählt der Halberstädter. Die Volksstimme hat am Mittwoch ausführlich über den Konflikt in der Schöner- und der Eitzstraße berichtet.

Nach Angaben von Klaus-Dieter Franz seien im Bereich Beethovenstraße auch größere Bäume – „schätzungsweise sechs bis acht Meter hohe“, so der Anwohner – gefällt worden. Und: „Mein Grundstück reicht bis an die Bahntrasse, jetzt liegt der gesamte Schnitt auf meinem Grundstück.“

Dass dort tatsächlich große und möglicherweise unter Schutz stehende Bäume gefallen sind, konnte Roswitha Hutfilz, Teamchefin für Stadtgrün beim Stadt- und Landschaftspflegebetrieb Stala am Mittwoch zunächst nicht bestätigen. „Ein Kollege war dort – er hat erst einmal keine entsprechenden Entdeckungen gemacht.“ Allerdings müsse man unter dem gesamten Schnittgut noch genauer nachschauen, so Hutfilz.

Gleichwohl zeigte sie sich einigermaßen verwundert. Sie habe nach dem Eklat am Sonnabend den Chef der Grünschnitt-Truppe für Dienstagmittag zu sich einbestellt gehabt. „Und noch vor dieser Unterredung ist am Morgen einfach weitergemacht worden“, schlussfolgert sie nun. „Das ist schon merkwürdig und steigert nicht unbedingt das Vertrauen.“

Dabei habe der Vorarbeiter offenbar wirklich nicht gewusst, dass er gegen Vorschriften verstößt: „Er hat wohl darauf vertraut, dass die Bahn als Auftraggeber alles korrekt geregelt hat. Ihm war das alles hochnotpeinlich.“ Gleichwohl stelle sich für sie nun mehr und mehr die Frage, ob der Verstoß vom fahrlässigen in den vorsätzlichen Bereich rutsche. Das, so Roswitha Hutfilz, hätte auf jeden Fall Konsequenzen für die Höhe des drohenden Bußgeldes.

Derweil überraschte die Deutsche Bahn AG (DB) am Mittwoch mit ihrer Sicht auf die Dinge: Das Freischneiden entlang der Bahntrasse Halberstadt-Blankenburg sei von DB Netz in Auftrag gegeben worden, so eine Bahn-Sprecherin in Leipzig. Basis seien Auflagen und Anforderungen des Eisenbahngesetzes hinsichtlich Sicherheit und Betrieb von Bahnstrecken. Und: „Die Fäll- und Rückschnittarbeiten finden auf planfestgestelltem Gelände der DB Netz AG statt. Eine Fällgenehmigung ist nicht notwendig, da ein Ursprungszustand nach Planfeststellung hergestellt wird. Eine Anzeige an die Untere Naturschutzbehörde ist erfolgt“, behauptet die Bahnsprecherin.

Was eine grundsätzliche Frage aufwirft: Kann die Bahn an ihren Strecken nach Gutdünken schalten und walten und mit der Kettensäge agieren? „Diese Sicht wundert mich schon sehr und ist aus meiner Perspektive nicht nachvollziehbar“, reagierte Roswitha Hutfilz.

Unterstützung bekommt sie von der Unteren Naturschutzbehörde bei der Kreisverwaltung Harz: „Die Deutsche Bahn hat unrecht und hätte bei der Stadt Halberstadt eine Baumfäll-Genehmigung gemäß städtischer Baumschutz-Satzung einholen müssen“, so Guido Harnau. Es sei unerheblich, dass die Bäume auf DB-Gelände stehen. Entscheidend sei, dass die Bahntrasse durch den Innenbereich der Stadt verlaufe und damit die städtische Baumschutz-Satzung gelte.

„Nur außerhalb der Stadt würde die Baumschutz-Verordnung des Landkreises gelten“, so Harnau. Dort gebe es tatsächlich eine Ausnahme-Regelung, wonach die DB ihre Rückschnitte nur anzeigen müsse. Die Naturschutzbehörde könne dann aber jederzeit eingreifen. Und: „Großbäume wie in der Eitzstraße fallen auf keinen Fall unter eine solche Ausnahmeregelung. Die Naturschutzbehörde hätte solche Bäume in der freien Natur nicht einfach zur Fällung freigegeben“, stellt der Mitarbeiter der Kreisverwaltung klar.