Küstentannen im Revier Bischofswald Kletterkünstler ernten Zapfen in 40 Meter Höhe
Geschulte Zapfenpflücker ernteten im Revier Bischofswald erstmals den Samen von Küstentannen. Die Bäume kamen vor rund 40 Jahren in den Landkreis und waren nun für die Ernte reif.
Bischofswald l Nahezu unbemerkt verrichten sie ihre Arbeit, sind flink wie die Eichhörnchen und höhentauglich. Das müssen sie auch sein, um ihre Arbeit verrichten zu können, denn ihr Arbeitsplatz befindet sich in schwindelerregender Höhe. Revierförster Uwe Sommer hatte kürzlich Zapfenpflücker im Revier Bischofswald zu Gast, die aus den Gipfeln der Großen Küstentanne Zapfen pflückten, um deren Samen zu gewinnen. "Die Tanne stammt ursprünglich aus Nordamerika, wo sie in küstennahen Gebieten wie in Oregon oder Washington anzutreffen ist", berichtet der Förster. Dort könnten die Bäume 80 Meter hoch und bis zu 300 Jahre alt werden.
"Durch seine Pfahlwurzel verankert sich der Baum tief im Boden und ist sturmsicher."
Revierförster Uwe Sommer
Vor rund 140 Jahren wurde die Tanne nach England eingeführt und vorwiegend als Parkbaum gepflanzt. Im Landkreis Börde entstanden die ersten Waldflächen mit der Küstentanne um 1960. Jedes Jahr wächst der Baum rund einen Meter in die Höhe. Durch seine Pfahlwurzel verankert sich der Baum tief in der Erde und gilt daher trotz seiner enormen Höhe als sturmsicher.
Und wenn man sich in der Küstentannenfläche in Bischofswald umschaute, bestätigte sich die Theorie. Von geknickten Bäumen keine Spur. Dafür kann einem schwindelig werden wenn man einen Stamm hinauf in die Gipfel des Nadelbaumes blickt. "Hier in unserem Wuchsgebiet kann mit 50 Jahren eine Stammhöhe von 40 Metern bei einem Durchmesser von einem halben Meter erreicht werden. Eine Kiefer braucht dafür etwa zwei- bis dreimal so viel Zeit", so Uwe Sommer.
Erntegut wird in der Landesdarre getrocknet
Die eigentliche Ernte im Revier Bischofswald war auch für den erfahrenen Förster eine Premiere. Die speziell geschulten Pflücker steigen gesichert die Bäume hinauf, um die Zapfen zu ernten. Ein mühsames Geschäft. Aus einem Kilogramm reiner Samenkörner können zirka 50000 Sämlinge in Forstbaumschulen herangezogen werden können. Doch ein Kilogramm Samen will erst einmal gewonnen werden.
Die Ernte wurde nach Annaburg gebracht. Dort gibt es die Landesdarre Sachsen-Anhalt als einzige namhafte Einrichtung ihrer Art im mitteldeutschen Raum. Sie gehört zu den ältesten und traditionsreichsten Klengen (Forstsamendarren) Deutschlands. Ihrer Tätigkeit lag der Gedanke zugrunde, daß sich nur aus herkunftsgesichertem Saatgut gesunde, betriebssichere und leistungsstarke Wälder erziehen lassen. Eine nachhaltige Versorgung mit entsprechendem Saatgut ist dafür eine unerläßliche Voraussetzung.
Mit der Darre Annaburg besitzt das Land Sachsen-Anhalt einen eindrucksvollen Ort deutscher Forstgeschichte. Sie bildet eine solide Basis für die Gewinnung, Lagerung und Verteilung von Forstsaatgut. Nach etwa drei Jahren im Saatbeet - meist in Forstbaumschulen - kann aus den 50000 Sämlingen ein rund 25 Hektar großer Küstentannenwald entstehen.