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Zweijähriger Berner Sennenrüde unterstützt Lehrer an der Ohre-Schule Uthmöden Kooper: Ein Seelentröster auf vier Pfoten

Von André Ziegenmeyer 18.06.2013, 03:24

Während viele seiner Artgenossen den lieben langen Tag mit Spielen und Gassigehen verbringen, hat Kooper einen echten Job. Der zweijährige Rüde arbeitet als Therapiebegleithund an der Ohre-Schule Uthmöden. Dabei ist er für Referendarin Julia Wiergowski ein unersetzlicher Partner.

Uthmöden l Vorsichtig fassen sich Alex-Jan und Fabian an der Hand. Auf der Wiese hinter den beiden Schüler nimmt Kooper Anlauf. Mit einem riesen Sprung setzt er über die beiden Kinder hinweg. Was auf den ersten Blick wie ausgelassenes Toben wirkt, beinhaltet für die Kinder der Ohre-Schule eine wichtige Lektion: Vertrauen.

"Viele unserer Kinder haben Bindungsstörungen. Sie haben in ihrem Leben schon so viele Enttäuschungen erlebt, dass sie nur schwer Vertrauen aufbauen können", sagt Kerstin Wiergowski, die Leiterin der Förderschule. Gerade deshalb sei Koopers Job so wichtig. Denn dem Charme des Berner Sennenhundes kann keiner widerstehen. "Kooper geht auf alle zu und nimmt sie so an, wie sie sind", erklärt Julia Wiergowski. "Er wertet nicht und er meckert nie." Julia Wiergowski ist die Tochter von Schulleiterin Kerstin Wiergowski und arbeitet als Referendarin an der Ohre-Schule. Gleichzeitig ist sie ausgebildete Hunde-Trainerin. Schon während des Studiums hat sie damit begonnen, Kooper auf seine spätere Aufgabe vorzubereiten. Dazu gehört eine umfangreiche Ausbildung - und viel Arbeit für Hund und Halterin.

Am Anfang steht eine Wesensüberprüfung für soziale Einrichtungen. Sie soll klären, wie ein Hund auf laute Geräusche reagiert, auf Menschen mit Krücken oder in einem Rollstuhl. Neben praktischem Training gehören auch Theorieunterricht und Klausuren zur Ausbildung. Mittlerweile ist Kooper sowohl ein Besuchshund als auch ein Therapiebegleithund. Zusätzlich hat er auch eine Qualifikation als Traumatherapiehund.

Gemeinsam mit Julia Wiergowski ist Kooper derzeit für eine erste und eine vierte Klasse zuständig. Seine Arbeitstage sind vielseitig. Ehe Kooper ein Klassenzimmer betritt, muss er erst die "Dienstbekleidung" anziehen - in seinem Fall ein blaues Halstuch mit weißem Pfötchen drauf. Auch die offizielle Eröffnung der Unterrichts fällt in Koopers Aufgabenbereich. "Er bellt zu Stundenbeginn. Spätestens dann sollten die Kinder mit ausgepackten Sachen arbeitsbereit am Tisch sitzen", so Julia Wiergowski. Kooper kann sogar Arbeitsmaterialien verteilen, wenn an diesen vorher ein kleines Schwämmchen zum "Festhalten" angebracht wurde.

Seine wahre Stärke jedoch ist die Rolle als bester Freund und Seelentröster. "Bei Schülern, die ein Referat halten müssen, kommt Kooper auf Wunsch mit nach vorn", gibt Julia Wiergowski ein Beispiel. Ist ein Kind traurig oder spürt es Wut in sich aufsteigen, kann es die sogenannte Kooper-Karte auf den Tisch legen. Anschließend darf es aufstehen und sich bei dem Berner Sennenhund ankuscheln, bis alles vorbei ist.

Das funktioniert sogar bei Anfällen: "Ich weiß nicht, wie er das macht. Aber wenn Kooper kommt, hören die Kinder auf zu krampfen, um sich zu schlagen und zu schreien", schildert Julia Wiergowski. "Wenn wir als Lehrer nicht mehr an die Kinder rankommen, stellt er sofort auf seine Weise Nähe her." Gleichzeitig sorgt Kooper aber auch für Motivation. "Wenn im Unterricht Sachen fliegen, bleibt Kooper am nächsten Tag zu Hause. Schließlich soll er sich ja bei uns wohl fühlen", verrät Julia Wiergowski. Als Gegenstück gibt es aber auch die "Pfötchen". Jedes Kind hat selbst gesetzte Regeln, wie zum Beispiel "Ich will leise sein" oder "Ich will anderen zuhören". Hält es die Regeln ein, gibt es zur Belohnung "Pfötchen" - maximal drei pro Stunde.

"Wer 8 Pfötchen hat, darf in die Süßigkeiten-Schatztruhe greifen. Für 20 gibt es eine Kooper-Stunde", sagt Julia Wiergowski. Dabei dürfen sich die Schüler wünschen, was sie gerne machen würden. Zum Beispiel ein Foto-Shooting mit Kooper. Ganz allein mit dem Hund bleiben sie aber nie. Als eine Art Tagebuch gibt es sogar ein Kooper-Heft. Darin können die Kinder ihre Sorgen oder auch schöne Erlebnisse aufschreiben. Anschließend geben sie das Heft dem Hund mit und warten auf seine Antwort.

Damit Kooper als Schulhund anfangen konnte, mussten zunächst viele Personen grünes Licht geben: Die Schule, das Schulamt und auch die Eltern der Kinder. Doch laut Schulleiterin Kerstin Wiergowski hat sich das gelohnt: "Wir haben bisher sehr positive Erfahrungen gemacht." Laut Julia Wiergowski fragen immer mehr Klassen an, ob sie in den Unterricht mit Kooper eingebunden werden können. Mittlerweile hat der Berner Sennenhund sogar eine eigene Facebook-Seite. Der einzige Wermutstropfen: Im Juli geht das Referendariat von Julia Wiergowski zu Ende. "Wir drücken alle Daumen, dass sie und Kooper bleiben können", betont Kerstin Wiergowski.