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Kunst Ein Klangteppich und entspannte Gesichter

Das Musikduo The Love Keys hat im Garten von Schäfers Hof in Osterwieck ein Mantra-Konzert gegeben.

Von Konstanze Eichner 17.07.2018, 17:09

Osterwieck l Am späten Freitagnachmittag sitzen die ersten Teilnehmer des Yogaabends bereits auf ausgelegten Matten und Kissen auf der Wiese des Bauerngartens vom Schäfers Hof. Gudrun Gambietz hat dafür alle Requisiten aus ihrem Kursraum der Stephanischule mitgebracht.

Die Yogastunden, die sonst immer dort stattfinden, sollen an diesem Abend unter freien Himmel ins Grüne verlegt werden – in aller Ruhe. Dazu gibt es Musik von dem Duo The Love Keys, bestehend aus den Künstlern Ben Vogt und Ulrike Müller (alias Aleah). Sie singen und vertonen Mantren, also heilige Verse, die ihre Wurzeln im alten Indien haben. Erst erklingen sie zur Yoga-Stunde, später in einem Konzert.

Solch eine Mantra-Yogastunde mit Mantra-Konzert hat Gudrun Gambietz schon mehrfach in Osterwieck organisiert. Diesmal feiert sie gleichzeitig das Jubiläum ihrer eigenen Yogaschule. Vor 15 Jahren hat die ausgebildete Yogalehrerin und Erzieherin in Osterwieck den Sprung in die Selbständigkeit gewagt.

„Das war ein Abenteuer“, erinnert sich Gudrun Gambietz, die vorher bereits an den Volkshochschulen in Wernigerode und Halberstadt Yoga- und Gesundheitskurse gab. Durch den Aufbau ihrer eigenen Yoga-Schule im Jahr 2003 zog sie sogar einige Teilnehmer aus den Schulen mit in die kleine Ilsestadt.

So hat sich für ihre Kurse mittlerweile ein fester Teilnehmerstamm gebildet. Gleichzeitig finden immer wieder neue Interessierte den Weg zu ihr. Die Absichten sind dabei so unterschiedlich, wie Yoga vielfältig sein kann. „Der eine kommt, weil er gesundheitliche Probleme hat, der andere will einfach abschalten“, berichtet Gudrun Gambietz. „Yoga wird verstärkt von Arztpraxen oder Krankenhäusern empfohlen. Oft hilft es zum Beispiel nach einer Hüftgelenksoperation oder Chemotherapie.“ Dabei betont die Yogalehrerin immer: „Ich therapiere nicht, sondern ich gebe eine Ergänzung zum Gesundwerden.“

Auch den beruflichen Druck nennt Gudrun Gambietz als Grund, zum Yoga zu gehen. Sie stellt fest: „Nicht alles kann man beim Sport loswerden oder ausgleichen. Wer zum Beispiel einen Job hat, bei dem er den ganzen Tag unter Druck steht, braucht die Stille und das innerliche Ankommen so wie beim Yoga. Denn vieles ist auch eine Kopfsache.“

Fünf mal in der Woche bietet Gudrun Gambietz Yogakurse in der ehemaligen Stephanischule an, darunter gibt es auch Yoga für Schwangere und zur Rückbildung. Außerdem unterscheiden sich die Kurse in den Tageszeiten: mal vormittags, mal abends.

Und es gibt Yoga für Senioren. Wer glaubt, dass in diesen Kursen nur leichte „Vinyasas“ – also Bewegungsreihenfolgen – geübt werden, der liegt falsch. „In der Seniorengruppe sind viele mit 80 Jahren fitter als so manch jüngerer Teilnehmer“, berichtet Gudrun Gambietz und erklärt: „Einige von ihnen sind schon von Beginn an in meinen Kursen. Sie können alle Übungen im hohen Alter noch genauso mitmachen und sind extrem beweglich. Daran erkennt man, was Yoga bewirken kann, wenn man es Jahre lang macht.“

Tiefgründiger gestaltet sich Yoga in Verbindung mit Mantra-Gesängen. Auf die Mantra-Yogastunde im Schäfers Hof lassen sich an diesem Abend 15 Teilnehmer ein. „Es geht um das Erleben, ganz bei sich zu sein“, erklärt Gudrun Gambietz das musikalische Projekt. Denn durch die Mantren finde jeder seinen eigenen Rhythmus und brauche für die einzelnen „Vinyasas“ keine Anleitung mehr. Auch Sängerin Aleah weiß: „Durch Mantren findet man leichter einen Zugang zu seinen Gefühlen und Emotionen.“ Denn „Mantra“ steht übersetzt für ein Hilfsmittel, um den Geist zu befreien.

Was auf den ersten Blick ziemlich spirituell und für so manchen vielleicht etwas seltsam klingen mag, ist in der Praxis weniger kompliziert, wie es sich bei dem anschließenden Mantra-Konzert herausstellt. „Man muss kein Hindu sein, um Mantren zu verstehen. Es ist glaubensunabhängig“, erklärt Aleah den Besuchern, die vor ihr auf der Wiese sitzen.

Und so lädt die aus Osterwieck stammende Sängerin immer wieder die Anwesenden ein, mit ihnen zusammen Mantren zu singen. Während so ein vielstimmiger, sich wiederholender Gesang den Garten erfüllt, genießen die Besucher den Klangteppich – teils auf Matten liegend, teils meditierend, und offenbar ganz ausgeglichen.

Trotz Wiederholungen ist die Musik keineswegs eintönig, sondern bekommt durch Unterstützung gezielt eingesetzter Instrumente einen modernen Dreh. „Musikalisch ist alles erlaubt“, erklärt Aleah. „Wir vertonen die Mantren im Singer-Songwriter-Stil, sodass manche auch tänzerisch klingen.“

Zwei Kerngedanken nehmen die beiden Musiker an diesem Abend oft auf: Dankbarkeit und Frieden. „Was für ein Luxus, dass wie hier heute so zusammensitzen können, oder?“ fragt Aleah zwischendurch. Und, dass der Mantra-Abend die Gemeinschaft verbindet, bekräftigt die Sängerin immer wieder – besonders am Ende des Konzertes: „Geht zueinander und nehmt euch einfach mal in den Arm. Vielleicht auch jemanden, den ihr noch nicht kennt.“ – eine Aufforderung, die viele Besucher ohne Zögern umsetzen.