Mit dem Traktor auf den Großglockner
Beim größten Oldtimer-Traktoren-Treffen Europas haben sich zwei Flechtinger wie zu Hause gefühlt. Rudolf Wiegel und sein Sozius Walter Müller haben tuckernd den Großglockner bezwungen.
Flechtingen l Die Serpentinen haben es in sich. Schon für Pkw eine Herausforderung, sind sie für Traktoren auf der österreichischen Großglockner-Hochalpenstraße (2500 Meter ü. M.) pure Herausforderung.
Einer, der diese Herausforderung in diesem Jahr zum ersten Mal angenommen hat, ist Rudolf Wiegel. Geht es nach dem 56-Jährigen soll es nicht seine letzte Teilnahme an der Oldtimer-Traktor-WM am Großglockner (3800 Meter) gewesen sein: "Ich würde sofort wieder mitmachen."
Er fand über Erich Bänecke aus Osterweddingen den Weg in die Landesmannschaft von Sachsen-Anhalt, die zu elft, darunter mit Melanie Almeling auch eine Frau, an den Start ging. "Wir haben noch einen Platz frei, willst du mitmachen?", fragte Erich Bänecke, der in diesem Jahr schon zum dritten Mal an der WM teilgenommen hat.
Rudolf Wiegel, bestärkt von seiner Lebensgefährtin, die ihm bei der Pflege seiner Mutter die vier Tage den Rücken freihielt, überlegte nicht lange.
Der Flechtinger gerät sofort ins Schwärmen, wenn er an die tolle Atmosphäre des dreitägigen Spektakels denkt. Die historischen Trekker bildeten schon für sich genommen ein eindrucksvolles Bild, aber Musik, Gaudi, Essen, Wettbewerb und Unterkunft waren bestens organisiert.
Für seinen Traktor, einen RS 04-30H, der genauso alt ist wie Rudi Wiegel selbst, hat er sich eigens für die 780-Kilometer-Fahrt zur WM einen VW-MAN gekauft. Zwölf Stunden Fahrt nahm er dafür in Kauf. "Gut, dass ich nicht ganz allein war, denn die Strecke auf der Autobahn zieht sich doch ganz schön in die Länge", erzählt er. Walter Müller sei ihm als Co-Pilot jederzeit eine große Hilfe gewesen.
Zwischen Bruck und Fusch versammelten sich im Laufe des Donnerstags mehr als 500 historische Traktoren. Am Freitag startete die erste von mehreren Prüfungen, eine Gleichmäßigkeitswertung zwischen Bruck und Fusch.
"Bei der WM geht es nicht um Geschwindigkeit, sondern um Gleichmäßigkeit beim Fahren", sagt Rudolf Wiegel. Mehrere ungefähr gleich lange Fahrtabschnitte mussten möglichst in der gleichen Zeit absolviert werden.
"Es ist einfach ein tolles Gefühl als ein verrückter Traktorenfan unter 500 Verrückten"
Rudolf Wiegel, Flechtingen
Das Besondere: Die 13-Kilometer-Bergstrecke ab der Mautstelle Ferleiten am Sonnabend war in zwei nahezu gleich lange Touren geteilt. Im ersten Abschnitt wurde die gefahrene Zeit genommen. Im zweiten Teil musste der Fahrer versuchen, die gleiche Zeit wie zuvor zu schaffen. Die Schwierigkeit lag in der Steigung, die im ersten Abschnitt noch nicht vorhanden war. Hinzu kam, dass es in der Nacht mehrere Zentimeter Neuschnee gegeben hatte. Und immer die bange Frage, ob denn auch der Traktor mit der Startnummer 113 durchhält, schließlich ist die Technik nicht mehr die jüngste. Doch Rudolf Wiegel und sein Gefährt meisterten die Aufgaben mit Bravour.
Er landete in der Weltmeisterwertung als viertbester Sachsen-Anhalter auf Rang 33 und in der Klassenwertung (nach Baujahren) auf Platz 14.
Auf der Edelweiss-Spitze ist Schluss mit der Bergtour. Auf dem großen Parkplatz versammeln sich noch einmal alle Teilnehmer zu einem imposanten Schaubild vor der großartigen, schneebedeckten Kulisse des Großglockners.
"Es ist einfach ein tolles Gefühl als ein Verrückter unter 500 Verrückten zu sein", schwärmt der Diplom-Ingenieur bei der DEKRA in Magdeburg. Wenn morgens 400 Traktorfahrer gleichzeitig ihren Diesel anwerfen, inklusive Qualm und Gestank, dann könne man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. So etwas könne man aber auch so schnell nicht wieder vergessen.