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Museum Sammlung für neue Schau

Die Halberstädter Moses-Mendelssohn-Akademie kann sich über neue Objekte fürs Berend-Lehmann-Museum freuen.

Von Sabine Scholz 02.02.2019, 12:00

Halberstadt l „Wir sind in Halberstadt in der glücklichen Lage, dass es viel Geschichte zu erforschen gibt“, sagt Jutta Dick. Es gäbe einen riesigen Schatz an Quellen in den Archiven, die Zugang zu unterschiedlichen Aspekten des Lebens in der über Jahrhunderte zum Halberstädter Alltag gehörenden jüdischen Gemeinde ermöglichen.
Allein 35 000 Blatt gibt es an Akten, die die Gemeinde in ihrem eigenen, seit 1650 geführten Archiv aufbewahrte und die heute in der israelischen Nationalbibliothek Jerusalem liegen. Doch auch diese Quellen haben sich erst in den letzten Jahren für die Arbeit in der Moses-Mendelssohn-Akademie (MMA) erschließen lassen, unter anderem, weil das land Sachsen-Anhalt die Digitalisierung der Akten finanziell unterstützte.
„Als wir 1998 in die ehemalige Klaussynagoge eingezogen sind, hatten wir zwei Schreibtische, zwei Schränke und Telefon“, erinnert sich Jutta Dick. Seit 1995 gibt es die Akademie in Halberstadt. Die zwei bei der MMA festangestellten Mitarbeiter haben inzwischen einen Stab an ehrenamtlichen Mitstreitern und über unterschiedliche Projekte finanzierte Kollegen an ihrer Seite.
Ein Projekt ist die Neukonzeption der Dauerausstellung des Berend-Lehmann-Museums. Das hatte die Akademie 2001 eröffnet. „Damals hatten wir nur ein einige wenige Objekte“, sagt Dick, weshalb auch der Fokus auf der Geschichte der Juden in Preußen lag, die am Beispiel der Halberstädter Gemeinde erzählt wurde.
Inzwischen hat sich das geändert, es gibt Dauerleihgaben und Schenkungen von Familien ehemaliger Halberstädter. „Wir sind damals nicht ins Niemandland gekommen, sondern haben mit unserer Arbeit aufbauen können auf dem, was Martin Gabriel und Werner Hartmann schon geleistet hatten“, sagt Dick. Der ehemalige Pfarrer der Liebfrauenkirche und der Stadtchronist hatten wie einige andere Halberstädter schon in den 1950er Jahren begonnen, Kontakte zu den ehemaligen jüdischen Mitbürgern zu knüpfen, die Vertreibung, Deportation und Vernichtungslager überlebt hatten. Männern wie Hartmann und Gabriel sei es zu danken, dass nach dem Krieg wieder ein Vertrauen zu den Deutschen zu keimen begann.
Mittlerweile hat die Akademie, die viele Projekte mit und für Jugendliche organisiert, diese Vertrauensbasis ausbauen können und pflegt enge Kontakte zu ehemaligen Halberstädtern und deren Nachfahren. Und so kommen nun auch mehr und mehr Objekte nach Halberstadt, die von der jüdischen Geschichte der Stadt berichten. So sind liturgische Textilien in die Sammlung gekommen, darunter erst jüngst ein Vorhang, der 1853/1854 im Auftrag der Familie Hirsch angefertigt worden war. Ob der Vorhang in der kleinen Privatsynagoge der Hirschs hing oder in der Klaussynagoge, ist ungeklärt. „Die Familie sah sich in der Tradition von Berend Lehmann und hatte Mitte des 19. Jahrhunderts das Rabbinerseminar im Rosenwinkel mit der Klaussynagoge sanieren lassen“, berichtet Dick.
Doch auch Zufallsfunde wie das bei Bauarbeiten in der Bakenstraße 55 entdeckte Geschäftsbuch eines jüdischen Halberstädter Kaufmanns aus dem 18. Jahrhundert sollen Teil der Ausstellung sein. Erzählen sie doch viel aus dem Alltagsleben der Menschen damals.
Bis es soweit ist, muss zunächst eine neue Konzeption erarbeitet werden. „2020 wollen wir die neue Dauerausstellung präsentieren“, sagt Jutta Dick. Dann besteht die MMA 25 Jahre.