Die Kreisvolkshochschule hilft Zugezogenen, in der neuen Heimat besser Fuß zu fassen Ob aus Thailand oder Sri Lanka, in Deutschland wird Weihnachten gefeiert
Rungsiri Garitz aus Thailand hat das deutsche Weihnachtsfest erst in der neuen Heimat kennen- gelernt. Nihal Dalpadado, der aus Sri Lanka kommt, hat auch in der alten Heimat Weihnachten gefeiert, denn er ist katholisch. Mit dem Winterwetter aber mussten beide erst lernen zurechtzukommen.
Haldensleben l Rungsiri Garitz geht im Winter nicht gern spazieren. Obwohl sie schon seit einigen Jahren in Deutschland lebt, hat sie sich mit der kalten Jahreszeit noch nicht richtig angefreundet. Mit dem Weihnachtsfest ist das anders. Sie ist Buddhistin. Und da gibt es kein Weihnachtsfest. Seit sie in Deutschland lebt, feiert sie aber mit ihrem deutschen Mann und ihrem Sohn, mit denen sie in Bülstringen wohnt, auch Weihnachten. Der dreijährige Patrick wartet sicher schon sehnsüchtig auf den Weihnachtsmann. Die junge Frau kann Weihnachten übrigens doppelt feiern, denn sie hat am 25. Dezember Geburtstag.
Nihal Dalpadado kennt Weihnachten von Kindheit an, denn er ist katholisch. Allerdings sah der Weihnachtsbaum in Sri Lanka etwas anders aus als hier in Deutschland. Der 38-Jährige ist 1999 nach Haldensleben gekommen, der Liebe wegen. Zwei Jahre später fand er Arbeit in einem griechischen Restaurant in Haldens- leben. "Das Arbeitsamt hat mich als Aushilfe dorthin geschickt, ich konnte nach der Probezeit bleiben", erinnert er sich. Koch zu sein, das ist sein Traumberuf. Schon als 13-Jähriger begann er zu Hause zu kochen und von seiner Mutter zu lernen. Nihal Dalpadado freut sich darauf, am Heiligabend in die Kirche zu gehen. Die Messe am Sonntag fehlt ihm, doch wer in der Gastronomie arbeitet, steht am Sonntagvormittag in der Küche.
Rungsiri Garitz und Nihal Dalpadado sprechen gut deutsch. "Ich lebe in Deutschland, da muss ich die Sprache kennen", sagt der Sri-Lanker. Die Thailänderin hat ihren Deutschkurs an der Kreisvolkshochschule 2009 gemacht, bald, nachdem sie nach Deutschland kam. Nihal Dalpadado ein Jahr später. Seine Frau war vor ein paar Jahren gestorben, da war er mehr auf sich allein gestellt. Und er wollte sicherer in der Sprache werden.
"Ich lebe in Deutschland, da muss ich die Sprache kennen."
Beide kommen immer wieder gern in der Flachbau an der Warmsdorfer Straße in Haldensleben. Sie wissen, hier sind sie auch willkommen, wenn sie mal Hilfe brauchen. Sie sprechen zwar gut Deutsch, doch einmal in der Woche setzen sie sich mit anderen Zugezogenen hin und üben mit Sylvia Grundwald, der Leiterin der Kreisvolkshochschule, lesen und schreiben. Nihal Dalpadado hat vor wenigen Monaten eine Ausbildung begonnen, selbstverständlich als Koch. Auch wenn er jetzt schon einige Jahre in der Gastronomie arbeitet, möchte er gern einen Berufsabschluss haben. Das bedeutet, zusätzlich lernen. Rungsiri Garitz hat sich zur selben Zeit selbständig gemacht. Für beide ist es ganz wichtig, dass sie nicht nur deutsch sprechen, sondern auch lesen und schreiben können. Die Wahl-Bülstringerin bietet thailändisches Essen mit einem Lieferservice an. Die Nachfrage ist gut. Sie liefert Bestellungen in Firmen, aber auch zu Familienfeiern. "Viele sagen, nicht so scharf wie in Thailand", erzählt sie, denn in der thailändischen Küche wird mit viel Chili gekocht.
Rungsiri Garitz ist seit diesem Jahr übrigens nicht nur Schülerin von Sylvia Grunwald, sie ist gewissermaßen auch Kollegin. Sie bietet an der Kreisvolkshochschule nämlich Kochkurse an. Auch im neuen Semester steht die asiatische Küche wieder im KVHS-Programm. Da die Nachfrage stetig wächst, gibt es nicht nur zwei Kursabende in Haldensleben, sondern auch einen in Oschersleben.
Zu Hause essen beide Zuwanderer mehr ihre heimischen Gerichte. Rungsiri Garitz kocht auch für Mann und Sohn thailändisch. Sie isst aber auch gern deutsch, wenn ihre Schwiegermutter gekocht hat. Grünkohl oder Suppe zum Beispiel. Und sie freut sich, dass ihre Schwiegermutter backt - auch für Weihnachten. Das gibt es in Thailand so nicht.
Überhaupt dauert das Kochen in Thailand und in Sri Lanka viel länger als in Deutschland. "In Deutschland kann man ein Essen in einer halben Stunde fertig haben", sagt der Koch. Das sei in Sri Lanka nicht möglich, und dort brauche man für nur ein Gericht mindestens fünf Töpfe. Er liebt nach wie vor die vielen Reisgerichte. Aber deutsches Gulasch mag er auch. Griechisches Essen, was er beruflich jeden Tag zubereitet, kocht er zu Hause übrigens nicht.
Beide Zugezogenen haben in ihrer Heimat bereits in der Hotellerie gearbeitet und so ihre Lebenspartner kennengelernt. In Deutschland aber mussten sie neu lernen.
"Frau Grunwald hat mir alles von A bis Z beigebracht", versichert Nihal Dalpadado. Und er möchte unbedingt allen danken, bei denen er in den Jahren gelernt hat, das sind auch Susanne Engel und Heinz Rimkus. Auch Katrin Kunze gehört dazu, die Fachbereichsleiterin Integration. Ob er mal wieder nach Sri Lanka zurückgeht, weiß Nihal Dalpadado noch nicht. Vorerst gefällt es ihm hier, wenn sich auch die familiäre Situation verändert hat. An die deutsche Mentalität hat er sich gewöhnt. Das geht auch Rungsiri Garitz so. "Ich bin ehrlich gern hier", bekräftigt sie.
Sylvia Grunwald freut sich, wenn sie die Lebenswege der Zugezogenen verfolgen kann, wenn sie sieht, dass sie Fuß fassen und zurechtkommen. Die Deutschkurse laufen an allen vier Standorten der KVHS. Erstmals gibt es jetzt in Haldensleben auch einen B2-, also einen weiterführenden Deutschkurs.