Rottmersleber Kindergartenkinder begleiten eine Kuh im ersten Lebensjahr "Olbespatzen" taufen ihr Patenkälbchen "Rosalie"
Wie viel Zähne hat eigentlich eine Kuh? Und was säuft sie so am Tag? Von Geburt an begleiten die Rottmersleber Kita-Knirpse ihr Paten-Kälbchen im ersten Lebensjahr. Gestern war Namenstaufe für die Jung-Kuh "Rosalie".
KleinRottmersleben l Müsli schmeckt auch einem Kalb. Ein Mix aus Soja-Schrot, Gerstenflocken, Malzkeimen und Dinkelspelzen stärkt die kleine Rosalie und lässt sie zu einer stattlichen Mutterkuh wachsen. Ein ganzes Jahr lang wollen die Knirpse aus der Rottmersleber Kita "Olbespatzen" ihr dabei zuschauen und jede Menge darüber erfahren, woher die Milch kommt. Gestern war große Namenstaufe des Patenkälbchens. Die Vorschulkinder übergaben nach einem kleinen Ständchen das selbst gemalte Namensschild an ihre "Rosalie".
Schon kurz nach ihrer Geburt am 3. April hatten die "Olbespatzen" ihr Patenkind auf vier Beinen das erste Mal in der Klein Rottmersleber Milchviehanlage besucht. Seitdem führen die Kinder ein Tagebuch, tragen ihre Beobachtungen ein, malen Bilder, notieren Fragen. "Es ist schon erstaunlich, auf welche Fragen die Kinder kommen. Zum Beispiel die nach der Anzahl der Zähne im Mund einer Kuh. Es sind 32. Oder wussten Sie, dass auch Kühe bei zwei von hundert Geburten Zwillinge bekommen? Die Antworten kennen auch wir Erzieherinnen nicht. Wir lernen bei unseren Besuchen auf dem Bauernhof mit den Kindern", erzählte Kita-Leiterin Susann Ullrich.
"Wir wollen den Kindern zeigen, was täglich in ihrer dörflichen Umgebung passiert. Wir erklären Ihnen, welche Arbeiten in der modernen Landwirtschaft anfallen."
Thomas Seeger
Mit ihrer Projekt-Idee stieß Susann Ullrich beim Geschäftsführer der Agrargesellschaft "Börde", Thomas Seeger, sofort auf offene Ohren. Das einjährige Projekt geht weit über die Streicheleinheiten mit Rosalie hinaus. Die Knirpse begleiten die Bauern auf den Acker, lernen auf dem Technikhof die schweren Landmaschinen kennen, erfahren, wie sich Gerste, Mais und Weizen anfühlen. Sie studieren Rosalies Speiseplan und erleben, wo und wie Futter produziert wird. Alle gesammelten Informationen kommen ins Tagebuch oder ins große Kuh-Lexikon, das täglich neue Seiten bekommt.
"Wir wollen den Kindern zeigen, was täglich in ihrer dörflichen Umgebung passiert. Wir erklären ihnen, welche Arbeiten in der modernen Landwirtschaft das ganze Jahr über anfallen und was moderne Nutztierhaltung heißt", erläuterte "Börde"-Chef Seeger und ergänzte: "Natürlich erklären wir den Kindern auch, warum das Kalb nach der Geburt von der Mutter getrennt wird und woher das Fleisch und die Wurst an der Theke des Supermarktes kommen."
Kinder auch für die Achtung von Lebensmitteln sensibilisieren
Unters Schlachtermesser kommt die süße "Rosalie" aber nicht allzu schnell. Ihre Aufgabe ist die einer Mutterkuh, die Milch für das Frühstück zu Hause gibt. Was alles aus Milch gemacht wird, das probierten die Kinder mit ihren großen Ehrengästen aus Politik und Landwirtschaft gestern Vormittag an der überbordenden Freiluft-Bar. Frische Milch aus dem Zapfhahn, Joghurt, Käse, Quark und Kuchen haben ihren Ursprung bei "Rosalie" und ihren Vorfahren. Die Kinder werden bald die große Melkanlage besuchen, den Geruch von Mist und Futter riechen. Neugierig darauf sind auch ihre Eltern. Sie begleiteten gestern ihre Schützlinge zur umjubelten Namenstaufe am Klein Rottmersleber Kuhstall. Und vielleicht entschließen sich die Kinder eines Tages auch dazu, ein eigenes Tier zu halten oder Landwirt zu werden. Früher arbeiteten gerade auf dem Lande viele Menschen auf dem Bauernhof oder hielten sich Tiere zur Selbstversorgung. Heute ist nur noch ein Prozent der deutschen Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Das Wissen um den Arbeitsalltag der Bauer von heute soll den Kindern helfen, die Achtung vor den Lebensmitteln zu bewahren. Denn allzu oft werden Brot und Milch nur allzu schnell in den Müll geworfen. Dafür wollen die Rottmersleber Landwirte zusammen mit ihren Verbänden, den Landfrauen der Hohen Börde, der Gemeinde und der Ortschaft die jüngste Rottmersleber Generation sensibilisieren. Auch der Landkreis Börde unterstützt das Projekt. Die Ehrengäste überhäuften die Kleinen mit Geschenken, Wissensspielen und Mitmach-Angeboten für die kommenden Monate. Und sie wünschten viel Spaß - am Ackerrand, im Kuhstall und beim Auswerten in der ländlichen Kita-Stube.