Perspektive Arsenfabrik vor Verkauf

Die Osterwiecker Arsenfabrik steht offenbar unmittelbar vor dem Verkauf. Ab 1. August könnte sie neue Eigentümer haben.

Von Mario Heinicke 28.07.2020, 01:01

Osterwieck l Im Westharz überschlugen sich die Nachrichten. Für etwa 300 Beschäftigte im Raum Goslar, aber auch Osterwieck ein Auf und Ab der Gefühle. Es stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Drei großen Chemie- und Metallbetrieben droht das Aus. Drei alteingesessenen Unternehmen, die zur französischen Recylex-Gruppe gehörten, für die seit Mai ein Schutzschirmverfahren, eine spezielle Form der Insolvenz in Eigenverantwortung, läuft. Darunter PPM Pure Metals im Langelsheimer Ortsteil Herzog Juliushütte. Zu PPM gehört auch die Osterwiecker Arsenfabrik im hiesigen Industriegebiet.

In den vergangenen Wochen wurde Medienberichten zufolge viel verhandelt. Denn es steht der 31. Juli als Termin für Nachfolge-Lösungen. Ansonsten droht die Insolvenz und damit das Aus. Hoffnungen wurden zuletzt am ehesten für die Firmen Harz Metall in Oker und Norzinco in Goslar vermeldet, am wenigsten für PPM. Auch übers Wochenende sei es zu keinem Ergebnis gekommen, sagte PPM-Geschäftsführer Dr. Jan Freerks Riecken.

PPM Pure Metals hat rund 100 Mitarbeiter, davon etwa 20 in Osterwieck. Eine Zukunft könnte es aber für die Ilsestädter Arsenfabrik geben, in der seit einigen Jahren die Produktion von metallischem Reinst-Arsen konzentriert ist. Die Verhandlungen zum Verkauf seien sehr weit fortgeschritten, berichtete Riecken. Es gebe Investoren aus der Finanzbranche, die den Betrieb übernehmen könnten. „Alle aus Deutschland“, sagte Riecken auf Nachfrage. Wenn es zu den Unterschriften kommt, würde die Verwaltung des neuen Unternehmens in Osterwieck ihren Platz einnehmen.

Für PPM als Gesamtunternehmen hatte sich ein chinesischer Investor interessiert. Wie die Goslarsche Zeitung vorige Woche schrieb, habe das Bundesverteidigungministerium dessen Engagement aus sicherheitspolitschen Gründen abgelehnt.

Die Arsenproduktion in Osterwieck ruht seit Montag. Was aber nicht mit der momentan ungewissen Situation zu hat. Geschäftsführer Riecken sprach von einem langfristig geplanten Wartungsstillstand, den es jedes Jahr in der Sommerurlaubszeit für zwei Wochen gebe.

Metallisches Reinstarsen ist der Ausgangsstoff, mit dem nach Weiterverarbeitung unter anderem Computerchips und hochwertige Leuchtdioden hergestellt werden. Osterwieck war zuletzt eine von weltweit nur drei Fabriken, die dieses Arsen allerhöchster Güte produzieren konnten. Die anderen sitzen in Asien.

Der Bau der Osterwiecker Arsenfabrik hatte vor 20 Jahren für heftigen Widerstand aus der Bevölkerung gesorgt. Im Jahr 2000 wurde bekannt, dass ehemalige PPM-Mitarbeiter in Osterwieck als Konkurrenz zu ihrem früheren Arbeitgeber eigenständig solch eine Fabrik aufbauen wollten. Die massiven Proteste führten zu Verzögerungen. Die Astron AG konnte erst Ende 2003 in Betrieb gehen. Sie geriet damit zeitlich in eine Absatzkrise, und es folgte schon bald die Insolvenz.

2007 lief die Produktion aufs Neue an, der einstige Kontrahent PPM hatte den Betrieb übernommen, zunächst unter der Firmenbezeichnung Reinstmetalle Osterwieck. Trotz gewissen Nachfrageschwankungen ist Reinstarsen auf dem Weltmarkt gefragt. Der Betrieb arbeitet dreischichtig, bis zum vorigen Jahr hatte er für eine längere Phase sogar vierschichtig produziert.