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Niederdeutsche Matinee in der Kulturfabrik Plattdeutsch ist keine Muttermilchsprache, Plattdeutsch kann und muss man lernen

Von Marita Bullmann 30.09.2013, 03:18

Der Landesheimatbund nahm den Europäischen Tag der Sprachen zum Anlass, zu einer Niederdeutschen Matinee einzuladen. Plattdeutsche Geschichten erfüllten gestern die Kulturfabrik und auch der Appell, das Platt zu erhalten.

Haldensleben l Es wird wieder mehr Plattdeutsch gesprochen, bekräftigte Dr. Reinhold Goltz gestern in der Kulturfabrik. Der Bremer ist Sprecher des Bundesrats für Niederdeutsch und erzählte im schönsten Platt. "Einsprachigkeit ist heilbar", erklärte er. "Europa will, dass jeder mindestens drei Sprachen hat." Das bedeute neben Englisch und Deutsch "noch le lütte Sprake, de hört ok datau."

Die Sprache, die man von Zuhause mitnimmt, sei auch "ein Stück Fingerabdruck." Dabei sei es gar nicht wichtig, wenn man Fehler mache, denn: "Es gibt kein richtiges Platt!" Dafür sei er selbst das beste Beispiel: "Mien Platt is son Mischmasch." Da er von Finkenwerder nach Kiel und dann nach Bremen gezogen sei, habe er von jedem Platt etwas aufgenommen.

Goltz ermunterte: "Und wenn einer 100000 Fehler macht, das ist egal, wenn er nur spricht." Die Familien haben Verantwortung bei der Erhaltung der Sprache, aber auch Staat und Schule müssen ran. "Plattdeutsch ist keine Muttermilchsprache", Plattdeutsch könne und müsse man lernen. Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass Plattdeutsch in Hamburg heute ein Schulfach ist, fragte er. Nach der Grundschule wird jetzt auch für den Sekundarschulbereich geplant. Plattdeutsch habe es heute sogar in die junge Musikszene geschafft.

Dr. Goltz überreichte Dr. Saskia Luther von der Arbeitsstelle Niederdeutsch der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ein Kinderbuch, das ins Plattdeutsche übersetzt wurde. Sie werde beim nächsten plattdeutschen Vorlesewettbewerb ganz kurz als Einführung was aus dem "Grüffelo" vorlesen, versprach sie. Das Kinderbuch "Der Grüffelo" der Schriftstellerin Julia Donaldson ist 1999 erschienen.

Die Sprache sei ein Teil Heimat, stellte Dr. Martin Bredenbeck vom Bund Heimat und Umwelt in Deutschland fest: "Heimat ist überall was anderes, Heimat ist, wo man sich verantwortlich fühlt, wo man sich engagiert, wo man mitredet."

Eva Brandt veröffentlicht 1000. Geschichte auf Plattdeutsch

Vier Vertreter aus dem Landkreis Börde redeten mit, sie machten mit ihren Geschichten deutlich, wie sie sich bemühen, andere für die plattdeutsche Sprache zu begeistern. Dr. Erhard Beulecke, Vorsitzender des Heimatvereins Hohe Börde aus Hohenwarsleben, organisiert Veranstaltungen, schreibt plattdeutsch und trägt seine Geschichten auch vor. Gestern sang er sogar eine Strophe der Börde-Hymne, die bei vielen Veranstaltungen angestimmt wird, wie er bekräftigte. Und er kategorisierte die Menschen danach, wie sie zum Plattdeutschen stehen, in zehn Sorten.

Eva Brandt aus Oschersleben gehört zu den Schreibern. In jeder Woche erscheinen von ihr in der Volksstimme Gedanken zu meist aktuellen Themen. "Im November habe ich die 1000. Geschichte drin", kündigte sie an. Damit biete sie Lese- und Gesprächstoff. Bekannt sind ihre Struppi-Geschichten, die oft im plattdeutschen Vorlesewettbewerb vorgetragen werden.

Monika Mendt aus Domersleben kam vor 43 Jahren als Büttenrednerin zum Karneval, aber nur mit plattdeutschen Reden. Längst geht sie auch in die Schulen, spricht und liest mit den Kindern plattdeutsch, unterstützt den Vorlesewettbewerb. Monika Mettner aus Ivenrode lebt nach dem Motto "In miene Welt wird platt vertellt". Sie schreibt und liest plattdeutsche Geschichten für Erwachsene, aber auch für Kinder, die auch im Vorlesewettbewerb zu hören sind.

Auch Platt-Vertreter aus dem Harz, der Altmark und sogar aus Anhalt stellten gestern ihre Geschichten vor. Aus Harz und Börde waren sogar junge Damen gekommen, die aus dem plattdeutschen Vorlesewettbewerb hervorgegangen waren, freute sich Dr. Ursula Föllner von der Arbeitsstelle Niederdeutsch der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Sie begrüßte Herta Tope aus Neuenhofe besonders, sie setze sich in Haldensleben sehr engagiert fürs Plattdeutsche ein. Und so kündigte Dr. Föllner gleich die nächsten plattdeutschen Termine in Haldensleben an: die Preisverleihung des plattdeutschen Literaturwettbewerbs am 26. Oktober in der Ziegelei und den Bördeausscheid des plattdeutschen Vorlesewettbewerbs am 19. November in der Kulturfabrik.