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Porträt Entwicklungshelferin in Südindien

Johanna Beiküffner aus Halberstadt geht für ein Jahr nach Indien. Dort wird sie an einer Förderschule arbeiten.

Von Renate Petrahn 17.08.2018, 23:01

Halberstadt l Weltwärts, der entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), wurde 2008 ins Leben gerufen. Seitdem haben sich rund 34 000 Freiwillige in Entwicklungsprojekten in Asien, Afrika und Südamerika engagiert. Zu den jungen Leuten, die sich in den Dienst von Weltwärts im 10. Jahr seines Bestehens stellen, gehört Johanna Beiküfner aus Halberstadt.
Mit einem Benefizkonzert Anfang August im Kulturbahnhof hat sie sich von Freunden und Bekannten verabschiedet und gleichzeitig für das Projekt Weltwärts und für das Internationale Rote Kreuz, das diesen Freiwilligendienst im Auftrage des BMZ organisiert, gesammelt. Die Spendenbüchse wurde mit 550 Euro gefüllt, weitere Spenden, unter anderem, vom Betreiber des Kulturbahnhofs, wurden zugesagt.
Noch hat Johanna Beiküfner Zeit. Zeit, um mit Schwester Gesine und Freunden die Ferien zu genießen, aber auch um sich langsam von Halberstadt zu lösen.
Am 1. September beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt. Und neu bedeutet neu in jeder Hinsicht: neue Aufgaben, neue Freunde und ein neues Lebensumfeld.
Für ein Jahr wird die Halberstädterin in Chennai, ehemals Madras, leben.
Die Hauptstadt des Bundesstaats Tamil Nadu ist mit rund 8,9 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt in Indien.
In Chennai erwartet Johanna Beiküfner die Arbeit an einer Förderschule für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Alter von sechs bis 15 Jahren. Schön, dass die 18-Jährige nicht sagt, Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Vor Ort wird gemeinsam mit den Mentoren entschieden, wie sie sich bei den Lern- und Spielangeboten für die Kinder und Jugendlichen, unter ihnen auch Autisten, einbringen kann.
Die für diese Aufgaben erforderlichen tools wie Einfühlungsvermögen, Sensibilität und Geduld, Toleranz und Kreativität besitzt Johanna Beiküfner in hohem Maße. Vieles davon ist bereits in ihrem Charakter angelegt, vieles hat die Erziehung im kirchlich geprägten Elternhaus bewirkt, und viel haben ihr die vier Jahre im Musikzweig der Landesschule Pforta gegeben. Mit der Übersiedlung an das Internatsgymnasium Schulpforta ab der neunten Klasse hat sie eine Trennung von Zuhause schon mal "geübt" und erfahren, was Eigenverantwortung heißt. Jetzt mit dem Abitur in der Tasche können die Zukunftspläne, zumindest für die kommenden 12 Monate, schon etwas weiträumiger ausfallen. Zukunftspläne, die, bezogen auf die eigene Person, bedeuten: immer bereit zu sein zu lernen, neue Herausforderungen anzunehmen und dabei sich selbst treu bleiben.
Natürlich fährt die Entwicklungshelferin nicht allein nach Südindien. Neben dem üblichen Gepäck, das dieses Mal 30 Kilogramm wiegen darf, hat sie eine besondere Reisebegleiterin: ihre Geige, auf der sie klassische Musik, gern Mendelssohn-Bartholdy, spielt, aber nicht nur. Auch moderne Komponisten, wie René Hirschfeld, gehören zum Repertoire. Wer jedoch glaubt, Johanna Beiküfner sei eine in sich versunkene Musikerin und ein Bücherwurm (natürlich kennt sie Hermann Hesse's Siddartha- diese Phase ist allerdings schon vorbei, wie sie sagt), der die Kurzgeschichten von Dostojewski oder die Neapel-Saga von Elena Ferrante liebt, irrt sich. Genauso liebt sie die Herausforderung als Sportkletterin. Das erfordert Mut und erdet.
Ein Buch nimmt sie derzeit häufig in die Hand. Es ist ein Lehrbuch für Tamil, der Verkehrssprache im Süden Indiens. Zwar spricht die angehende Entwicklungshelferin gut Englisch, jedoch reicht das nicht aus, um in Kontakt mit den Menschen ihrer Kultur, ihrer Religion in Chennai zu kommen, da nicht alle Menschen Englisch sprechen. Und darum vertieft sich Johanna Beiküfner in Tamil, um ihrem Ziel, Menschen helfen und ­Gutes zu tun, ein Stück näher zu kommen.