Huskys und Samojeden rasen zum Saisonabschluss durch den Heidewald bei Rabensol Schlittenhunde im Wettlauf mit der Sonne
Zum Saisonabschluss flitzten am Wochenende Schlittenhundewagen durch den Heidewald bei Rabensol. Ihr schärfster Konkurrent war nicht die Zeit. Denn: Die aufsteigende Frühlingssonne saß allen im Nacken.
Rabensol/Colbitz l Der zarte Vogelgesang geht unter im morgendlichen Gebell aus 320 Hundekehlen. Mühsam schleicht die Sonne durchs Geäst im Heidewald. Gegen acht wärmen ihre Strahlen nur ein wenig. Noch! Für den Nachmittag sind mehr als 20 Grad angesagt. Zuviel für die robusten Huskys und Samojeden.
Die Hitze bleibt der größte Gegner der Schlittenhunde
Kalt kann es den Huskys und Samojeden nicht genug sein. Das haben die Huskys schon im Goldrausch des 19. Jahrhunderts bewiesen, als ein sibirischer Pelztierhändler mit seinen Schützlingen bei Wettläufen im bitterkalten Alaska alle überraschte. Der Siegeszug der Huskys begann. Die Hitze aber ist und bleibt der größte Gegner aller Schlittenhunde.
"Bis zu 15 Grad können wir die Tiere starten lassen, sonst wird es gefährlich. Ein Schlittenhund der ein Mal kollabiert, ist hinterher meist nicht mehr der alte", erklärt Rennleiter Helmut Gottschlich. Doch trotz des frühmorgendlichen Starttermins pilgern die Hundefreunde in Scharen zum Waldgasthof Rabensol, südlich von Colbitz. Die Hunde starten um 8 Uhr. Um 10 Uhr sollte eigentlich der erste Startschuss fallen. Doch um zehn ist alles vorbei. Da frühstücken die Hunde schon. Auf der anderen Seite der Campingwagen duftet der Kaffee der Musher (Schlittenhundeführer). Beide Seiten sind geschafft und wechseln vertraute, liebevolle Blicke.
Seit 1987 fährt Helmut Gottschlich Schlittenhunderennen. Seit einigen Jahren laden er und seine Mitstreiter vom Sachsen-Anhalter Schlittenhundeclub (SASC) e.V. zum Saisonabschluss in die Heide ein.
"Aus dem Süden können wir niemanden hierher locken"
Am Wochenende folgten 59 Starter aus dem Norden und Nordosten Deutschlands dem Ruf nach Rabensol. "Aus dem Süden können wir hier niemand her locken. Dort liegt meist noch Schnee. Und es geht nun mal um Schlittenhunde." Bei den Schlittenhunde-Wagen-Rennen gibt es erst seit gut zehn Jahren Meisterschaften und Wertungsläufe. Früher ging es mit den gummibereiften Wagen nur zum Training. Doch der Schnee wird seltener. Dafür werden die Wagen immer teurer. Wer sein Gefährt nicht selbst baut, muss für ein gutes Stück bis zu 1800 Euro auf den Tisch blättern. Ein Hundeschlitten kostet genauso viel. Einen guten Hund mit Papieren bekommt man ab 1000 Euro, nach oben gibt es keine Grenzen.
Der Schlittenhundesport kostet Geld und Zeit. "Für die ganz großen Rennen, die über 50, 60, 70 Kilometer gehen, muss ein Musher vier mal die Woche 20 bis 30 Kilometer fahren. Mindestens", erzählt Helmut Gottschlich. Bei solchen Prestige-Rennen in Alaska oder Österreich werden sogar Doping-Kontrollen und Gen-Tests ein Thema. Gen-Tests? "Ja klar, nicht jeder Hund, der aussieht wie ein Husky, ist auch ein echter Husky", berichtet Gottschlich.
Trotz ausbleibenden Schnees in der Heimat und trotz der Kosten - die Leidenschaft für ihren Sport und ihre Tiere scheinen den Sachsen-Anhalter Hundeschlittenfreunden Flügel zu verleihen. Zuletzt holten sich Marc Wiatowsky in der Jugend und sein Vater Andreas Wiatowsky den Europameistertitel in ihrer Rennklasse.
In der Spitze bringen es die Hunde auf Tempo 40
Am Wochenende ging es auf der Strecke der "Colbitzer Heideläufer" nicht ganz so schnell zu - auch wegen der Temperaturen. Dennoch brauchten die Spitzengespanne für die 5,5 Kilometer lange Strecke nur Zeiten um die zehn Minuten. "In der Spitze bringen es die Wagen auf über 40 km/h und auf Durchschnittsgeschwindigkeiten von 27 km/h", erzählt Gottschlich, der mit seinen sechs Samojeden unterwegs war. Die sind zwar langsamer als Huskies, halten aber viel längere Strecken durch. "Samojeden stammen aus dem Ostural, werden nicht nur als Transporthund eingesetzt, sondern dienen auch als Hütehund, der Herden selbst gegen Wölfe und Bären zu verteidigen weiß", erzählt Gottschlich, spricht seinen Schützlingen beim Vorübergehen zärtlich zu. Dankbar blicken die schneeweißen Samojeden zurück in seine wachen Augen, als scheinen sie zu wissen: "Hier haben wir es richtig gut."