1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Schweißtreibender Einsatz im Kanal

Feuwehr-Übung Schweißtreibender Einsatz im Kanal

Blaulicht in Halberstadt. Die Feuerwehr muss einen Verletzten aus einem Kanal retten. Zum Glück ist alles eine Übung.

Von Sabine Scholz 13.09.2016, 09:12

Halberstadt l 13.15 Uhr, Steffen Kramer greift zum Diensthandy, wählt die 112. Sein Kollege Nico Urban reagiert nicht, aus dem Kanal dringt Qualm. Der Mitarbeiter der Abwassergesellschaft Halberstadt (AWH) scheint bewusstlos geworden zu sein.

13.20 Uhr, die Feuerwehr trifft ein, mit Löschfahrzeug und Drehleiter. Gruppenführer Thomas Käsebier eilt zu Steffen Kramer, lässt sich die Situation erklären. Der Rettungstrupp macht sich bereit, wenige Minuten später steigen Robert Möller und Marcel Weise in den Kanal hinab. Mit Atemschutz, keiner weiß, was für Gase den AWH-Mitarbeiter haben bewusstlos werden lassen. Derweil rollen Dirk Weimann und Thomas Bothe einen Löschschlauch aus, das Drehleiterfahrzeug wird in Position gebracht. Über die Drehleiter wird später die Trage mit dem Verletzten nach oben gezogen.

Das eingespielte Miteinander der Feuerwehrleute hat Beobachter. Neben Ingo Wetzel, stellvertretender Feuerwehrchef in Halberstadt, sind das von der AWH der Geschäftsführer Thomas Valentin, Netzmeister Ronald Nossal, Lutz Rahn, Vorarbeiter im Klärwerk, und Klärwerk-Chef Udo Fuhrmeister. Im Hintergrund wirkt Lothar Winter, er sorgt für den Nebel im Kanal.

Das gemauerte Bauwerk ist 1,45 Meter hoch, gut zwei Meter breit und ein Abschlagsbauwerk am alten Sandfang am Bullerberg, einem Hauptzufluss ins Klärwerk. Bei Stark-regen wird der am Sandfang abzweigende Kanal gebraucht, dann fließt ein Teil des stark verdünnten Schmutzwassers in die Holtemme, um das Klärwerk zu entlasten.

In der Altstadt Halberstadts finden sich viele solcher begehbaren Mischwasserkanäle. „Zwölf Kilometer, um genau zu sein, und die gemauerten Kanäle sind rund 130 Jahre alt“, sagt Ronald Nossal. Er erklärt auch, warum bereits zum dritten Mal Feuerwehr und AWH nun schon diese Form des Rettungseinsatzes üben. Zum einen, damit die AWH-Mitarbeiter im Ernstfall besonnen reagieren, zum anderen, damit die hauptberuflichen Feuerwehrleute die unterirdischen Bauwerke kennenlernen.

„Wir testen außerdem so verschiedene Alarmierungssysteme. Beim ersten Mal ging es über einen sogenannten Totmannschalter, beim zweiten Mal über die Informationskette Leitwarte der Stadtwerke, diesmal nun direkt über die zentrale Leitstelle“, berichtet Nossal. Nach der Übung weiß er, dieser Weg ist der schnellste, die Feuerwehr ist eine Minute eher da als bei den ersten beiden Varianten.

Wobei alle ihre Berechtigung haben. Der Totmannschalter setzt automatisch einen Notruf ab, wenn er in die Waagerechte kommt. Solche Geräte tragen die AWH-Mitarbeiter, wenn sie allein im Einsatz sind. „Auch da kann jemand an einer Böschung stürzen und sich verletzen“, erklärt Nossal. Normalerweise steigt ein Kollege nicht allein in einen Kanal. Beim Einstieg in die zum Teil zehn Meter hohen Schächte muss der Abstieg gesichert werden und im Kanal besteht durchaus die Gefahr, dass sich gefährliche Gase bilden. Auch wenn die Mitarbeiter ein Messgerät mit sich führen, das vor solchen Gasen warnt, der Fluchtweg kann versperrt oder zu lang sein, um sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Meist liegen 80 bis 100 Meter zwischen den einzelnen Kanalschächten.

14 Uhr, die Schicht der Feuerwehrleute, die diesmal zum Einsatz gerufen wird, macht ihre Sache gut, Ronald Nossal und Ingo Wetzel werten vor Ort die Übung aus, geben Hinweise. „Das Training fruchtet, auf allen Seiten“, sagt Nossal zufrieden. Auch seine Kollegen müssen lernen, die Ruhe zu bewahren, wenn es zu einem Notfall kommen sollte.

„Übrigens, wir hier in Halberstadt sind im Umkreis von mindestens 100 Kilometern die einzigen, die diese Art der Zusammenarbeit pflegen“, fügt Nossal an. Üben müssen alle, Feuerwehr und Abwassergesellschaften. Aber in anderen Orten geschehe das eben getrennt.