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Doppeljubiläum am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte / Nach 60 Jahren Aus für Vorschule Ständchen, mit Händen zu singen

Von Sabine Scholz 05.06.2015, 03:24

Mit vielen Liedern, die mit Stimmen und/oder den Händen gesungen werden, haben am Donnerstag die Schüler des Landesbildungszentrums für Hörgeschädigte ein Doppeljubiläum gefeiert. In die Freude mischte sich aber auch Wehmut. Nach 60 Jahren steht die Vorschule vor der Schließung.

Halberstadt l Musik schallt über den Hof, Martin Eggert begrüßt die Schüler und Gäste, die sich zu einem kleinen Festprogramm auf dem Hof des Landesbildungszentrums versammelt haben. Es gibt etwas zu feiern. Nach dem großen Fest im vergangenen Jahr, als das 185-jährige Bestehen der Schule gefeiert wurde, sind es diesmal zwei Bestandteile dieser Schule für Menschen mit Hörbehinderungen. Der Vorschulteil existiert seit 60, die Schule für Taubblinde seit 30 Jahren.

Die Kleinsten eröffnen das Programm, sie sind aufgeregt, singen und spielen "Weil heute Dein Geburtstag ist". Der kleine Gabentisch, den sie dafür gestalten, bleibt das ganze Programm über stehen. Da spielt ein taubblindes Mädchen ein Stück auf dem Keyboard, eine Gruppe aus dem Kindergarten "Rappelkiste" singt ein Ständchen, der Grundschulchor tritt auf, drei Klassen singen ein Lied in Gebärdensprache. Das macht auch Steffen Klein, der bis 1998 das LBZ besuchte und an diesem Vormittag unter anderem Tim Bendzkos "Nur noch kurz die Welt retten", vorträgt.

In die Feststimmung mischt sich auch Trauer, denn die Vorschuleinrichtung steht vor dem Aus. Im August werden erstmals keine neuen Kinder mehr aufgenommen, in drei Jahren ist dann Schicht im Schacht. Dann wechseln die letzten der jetzt betreuten Vorschulkinder in die Schule. Zurzeit besuchen 19 Kinder den Vorschulteil des LBZ, sieben lernen ab August in der ersten Klasse.

Warum vom Land die seit Jahrzehnten gut funktionierende Konstruktion aufgegeben wird, kann Schuldirektor Martin Eggert nicht sagen. "Wir sind dem Auftrag des Kultusministeriums gefolgt und haben eine neue Konzeption erarbeitet", sagt Eggert.

Ziel des Landes sei es, hörgeschädigte Kinder ab August dieses Jahres möglichst wohnortnah zu betreuen. "Wir sollen nun ambulante Angebote vorhalten, um eine spezielle Förderung anzubieten. Das könnte entweder ein, zwei Tage in der Woche bei uns erfolgen oder für jüngere Kinder und jene aus entfernteren Gemeinden im Block von sechs bis acht Wochen", umreißt Eggert das Konzept. Das sehe auch Weiterbildungsangebote für die Erzieher in den Kindergärten vor, die die hörbehinderten Jungen und Mädchen dann besuchen. Ob die Erzieher dazu ins LBZ reisen oder die Fachleute aus dem LBZ in die jeweilige Einrichtung, müsse man sehen. Denn ob das Konzept zum Tragen kommt, sei unklar, sagt Eggert. Es seien noch Fragen offen. Zum Beispiel die nach der Finanzierung oder die, was mit den Betreuungsplätzen in den Heimatkindergärten passiert, wenn die Kinder gerade im LBZ sind.

Die Vorschulbetreuung, die in Halberstadt seit 60 Jahren angeboten wird, hat zum Ziel, die Kommunikationsfähigkeit jedes einzelnen Kindes zu fördern, seine Entwicklungsbedingungen zu berücksichtigen und es dennoch gut auf die Schule vorzubereiten, erklärt Eggert auf Nachfrage. Dieses Angebot passt nicht so recht in die Struktur des Kultusministeriums, denn für Kindertagesstätten ist das Sozialministerium zuständig.

Welche Auswirkungen die Änderung haben wird, ist unklar. Zunächst einmal müssen sich betroffene Eltern umsehen, ob sie in ihrer Nähe eine Tagesttätte finden, die dem speziellem Förderbedarf ihres Kindes gerecht werden kann.