Wolfgang Sender vom Naturpark mit einer positiven Bilanz: 45 Paare ziehen Nachwuchs auf Störche adoptieren in Not geratene Jungtiere
45 Storchenpaare ziehen im Drömling ihren Nachwuchs auf. Mitarbeiter des Naturparks hoffen, dass alle Jungtiere überleben. Faktoren wie das Nahrungsangebot spielen dabei eine Rolle. Manchmal helfen Naturschützer nach. In Not geratene Jungtiere kommen zu Adoptiveltern.
Sachau/Wegenstedt/Buchhorst l "2012 ist kein Spitzenjahr, aber ein relativ gutes Storchenjahr", zog Wolfgang Sender, Mitarbeiter der Naturparkverwaltung Drömling, zufrieden Bilanz. Ob wirklich alle Jungtiere durchkommen, vermag der sogenannte "Storchenvater" jetzt noch nicht zu sagen. "Es sind viele Nester, in denen die Jungen noch sehr klein sind. Da können in dem einen oder anderen Nest noch Verluste auftreten", weiß der Experte.
Um ein Haar wären Jung-störche in Sachau ums Leben gekommen. Dort ist ein Altstorch in einen Strommast geflogen und verendet. Naturschutzhelfer Hans-Günter Benecke, auf dessen Grundstück sich der Horst befindet, hat das Unglück beobachtet. "Ein Storch allein hätte die vier Jungen nicht durchbringen können. Die Jungen waren noch zu klein und brauchten Wärme. Wenn ein Storch Futter holt, wärmt der andere inzwischen den Nachwuchs. Außerdem hält in den ersten drei Wochen immer einer der Altstörche Wache. Es kommen nämlich auch Greifvögel, die das unbewachte Nest plündern", erklärte Sender. Benecke hat sofort Hilfsmaßnahmen eingeleitet, die vier Jungen aus dem Nest geholt und zum Storchenhof nach Loburg gebracht.
"Einer der Jungen war schon so geschwächt, dass er nicht überlebt hat. Aber die drei anderen Jungstörche haben sich in Loburg gut entwickelt", erzählte Sender und berichtete von der guten Zusammenarbeit mit den Loburger Storchenschützern. Sender erklärte: "Eine Rettung macht aber nur Sinn, wenn diese Jungstörche wieder erfolgreich in die Natur ausgewildert werden. Dabei ist es von Vorteil, wenn sie nicht zu sehr auf Menschen geprägt sind." Wenn die Kleinen lange per Hand aufgepäppelt werden, würden sie sich durch den ständigen Kontakt an die Menschen gewöhnen.
Sender und seine Kollegen schauten genau, welche Störche in der Lage sind, zusätzlich Futter zu finden, um die Adebars großziehen zu können. "Dabei ist es sehr wichtig, dass die Jungen, die man dazu setzt, genau so weit entwickelt sind, wie die, die sich bereits im Nest befinden", erklärte der "Storchenvater". Ins Nest nach Sachau zurück konnten die Kleinen nicht. Zu groß sei das Risiko, dass der Futter- und Pflegetrieb des Alttieres schon nachgelassen habe.
Als Adoptiveltern haben die Ranger das Paar vom Horst am Bahnhof in Buchhorst auserkoren. "Dort gab es in diesem Jahr nur zwei Jungstörche. Da haben wir einfach noch zwei dazugesetzt", erklärte Sender. Das dritte geflügelte "Waisenkind" kam zu Storcheneltern nach Wegenstedt. Dort wachsen nun mit dem "Kuckuckskind" insgesamt drei junge Langschnäbel auf. "Die Altstörche füttern die neuen Jungen mit. Das ist bei uns noch nie schief gegangen", blickte Sender zurück. Die Naturschützer haben mit der Zeit schon Erfahrungen gesammelt. Schon viele Jungstörche sind in fremden Nestern flügge geworden. Die Ranger sind guter Dinge, dass die adoptierten Adebars auch in diesem Jahr überleben. Sender wies darauf hin, dass später auf den Infotafeln an den jeweiligen Horsten nur die Jungstörche, die das Paar selbst ausgebrütet hat, aufgeschrieben werden. Die "Waisenkinder" werden nicht dokumentiert, um die Statistik nicht zu verfälschen.
Zu Verlusten beim Nachwuchs kam es im Drömling in diesem Jahr an vielen Stellen. "Wir hatten während der Schlupfzeit eine Phase, in der wenig Niederschlag gefallen ist. Wenn die Störche in den ersten Wochen zu wenig Nahrung für ihre Jungen finden, setzt ein Schutzmechanismus ein, bei dem sie das schwächste Tier aus dem Nest schmeißen", beschrieb der Storchenexperte. Er erklärte: "Es macht letztendlich in der Natur keinen Sinn, dass zum Beispiel vier schwache Störche den Flug nach Afrika nicht schaffen. Aus menschlicher Sicht mag uns das brutal vorkommen, aber das hat sich in der Natur so durchgesetzt. Sonst könnte die Art nicht überleben."