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Tasse Kaffee Direktor mit Blick auf den Dom

Der Direktor der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt hat seit Februar seinen Amtssitz am Halberstädter Domplatz.

Von Sabine Scholz 15.07.2018, 10:00

Halberstadt l Manchmal rutscht es ihm noch raus, das „Servus“ oder „Grüß Gott“. Spätestens daran erkennen seine Mitmenschen, er ist ein „Taugetreckter“, ein Zugezogener. Lachend berichtet Eike Henning Michl von seinen Bemühungen, die sprachliche Prägung der vergangenen 18 Jahre abzulegen. Doch ab und zu klingt es ein bisschen an, das fränkische rollende „R“. „Dabei bin ich gar kein Franke“, sagt der Wissenschaftliche Direktor der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt.

Bis zu seinem Studium der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, der mittelalterlichen Geschichte und Bauforschung an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg lebte Michl im Hessischen. Aufgewachsenen ist er in Wolfhagen im Landkreis Kassel, ging dort zur Schule, legte sein Abitur ab. Im Jahr 2000 dann Bamberg. Eine Stadt, deren ausgeprägte Biergartenkultur er schon ein bisschen vermisst.

Dafür entschädigt ihn die tolle Landschaft. „Die hat hier viel zu bieten“, sagt er. Mittelgebirge liegen ihm. Wenn es die Zeit zulässt, schwingt er sich aufs Rad und dreht seine Runden. Wobei er als normaler Radler unterwegs ist und daher deutlich ein Manko spürt: es fehlt ein gut ausgebautes Radwegenetz. „Das würde die Region deutlich aufwerten, die ja wirklich toll ist.“

Neben den natürlichen Reizen sei es das kulturelle Angebot, das einen hier förmlich erschlage, das aber eben auch den besonderen Kick ausmache.

„Ich bin noch dabei, Land und Leute kennenzulernen, schaffe es kaum, mir auch mal privat was von den spannenden Angeboten anzuschauen.“ Wobei er da nicht nur Halberstadt und den Harz meint, sondern ganz Sachsen-Anhalt.

Von seinem schmalen Büro aus blickt Michl auf den Halberstädter Dom. Seit Anfang des Jahres ist die Direktion 3 der Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt in der Stolbergschen Kurie untergebracht, an der Nordseite des Domplatzes. Dass man dem gotischen Kathedralbau seine Geschichte ansieht, findet Michl sympathisch. Er weiß zum einen, dass man an einem Dom nie fertig wird, zum anderen wirken manche Bauwerke nach ihrer Sanierung steril. Diese Gefahr besteht wohl am Halberstädter Dom ebensowenig wie bei der Burg Falkenstein. Auch die fällt in Michls Ressort.

Der Wissenschaftliche Direktor koordiniert von Halberstadt aus die Arbeit seiner Direktion, zu der sechs Referate gehören sowie rund 30 Mitarbeiter. So zählen unter anderem die Lyonel-Feininger-Galerie Quedlinburg, die Neuenburg, Schloss Goseck und Burg Falkenstein mit ihren Gebäuden in der musealen Arbeit zur Kulturstiftung. Die inhaltliche Begleitung obliegt dem Bereich von Michl. Vom Mittelalter bis zur Moderne spannt sich der zeitliche Bogen, ein großer Zeitraum, aber spannend. In Geschichte eintauchen kann er auch, wenn er alte Bauwerke in Augenschein nimmt. Eine Forschungsarbeit am Bamberger Dom ließ ihn vom Erfahrungsschatz der Steinmetze und Zimmerleute der dortigen Dombauhütte profitieren, auch ganz praktisch.

Der Fachmann für die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit muss sich in vieles einarbeiten. „Aber ich habe ja zum Glück kompetente Kollegen in den Referaten und Museen“, sagt Michl, „das erleichert die Arbeit.“

Die umfasst für ihn in seiner Direktion inhaltlich Forschungsarbeit ebenso wie die Aufarbeitung der Erkenntnisse für das digitale Zeitalter. Die Referatsleiterinnen Digitalisierung sowie Forschung und Publikation haben ihre Büros ebenfalls in der alten Kurie am Domplatz. „Mit mir sind wir acht Mitarbeiter, die hier in Halberstadt ihren Arbeitsplatz haben“, sagt Michl. Alle anderen sind in den Einrichtungen vor Ort, in denen er regelmäßig vorbeischaut.

Der Wechsel von reiner Forschungsarbeit in die Verwaltung wissenschaftlicher Arbeit ist nicht leicht, ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn er von seiner Zeit in Bamberg erzählt. Aber hörbar ist auch die Freude an der neuen Herausforderung, der er sich seit Oktober 2017 in der Kulturstiftung stellt.

Aber so ganz kann und will er den Archäologen in sich nicht verleugnen, auch wenn er schon eine Weile nicht mehr selbst gräbt. Dass das Städtische Museum Halberstadt den archäologischen Funden aus dem Stadtgebiet relativ großen Raum gibt, freut ihn ebenso wie eine Hilfestellung, die er hiesigen Archäologen geben konnte. In den Vitrinen in der Rathauspassage, die von der Geschichte des Stadtzentrums und den Grabungen vor dessen Neubebauung berichten, hatte er ein Gefäß entdeckt, dessen Funktion nicht definiert werden konnte. „Das ist eine frühneuzeitliche Bienentränke“, so Michl, „es gibt vergleichbare Objekte in Österreich“.

Mit dieser Epoche kennt er sich aus, Michl war seit 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit in Bamberg. Seine Doktorarbeit verfasste er, als er für ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft mittelalterliche Siedlungsstrukturen in einer Mikroregion Unterfrankens untersuchte. Seine Promotionsarbeit erschien 2015: „Castellum, Curia, Palatium?! Die mittelalterliche Besiedlungsgeschichte eines mainfränkischen Zentralortes auf dem Kapellberg bei Gerolzhofen“. Diese Studie wurde mit dem Otto-Meyer-und-Elisabeth-Roth-Promotionspreis, dem Hans-Löwel-Wissenschaftspreis sowie dem Eduard-Anthes-Preis für Archäologie ausgezeichnet.

Michl ist nicht nur „Kopfmensch“, auch wenn er sehr gerne liest. Es lockt ihn dann doch auch regelmäßig in die Natur.