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Komplettes Zeitungsarchiv für die Zukunft gesichert / Erbe der Kreisstadt wird digitalisiert Viele Bits und Bytes statt Druckerschwärze

Von Jörg Endries 24.10.2013, 03:07

Zukunftssicher sollen die Bestände des Historischen Archivs der Stadt Halberstadt gemacht werden. Aus diesem Grund wird ein Teil der Schätze digitalisiert. Abgeschlossen ist die Digitalisierung des kompletten Zeitungsarchivs - in der Vorbereitung ist das Personenstandsregister.

Halberstadt l Die Räume des Historischen Archivs der Stadt Halberstadt sind erfüllt von Geschichte. Kaiser, Könige, Päpste, Bischöfe, Bürgermeister, Ratsherren, Unternehmer, ganz normale Bürger haben in Halberstadt ihre Spuren hinterlassen, die Geschichte dieser Stadt bestimmt und geprägt. Ihr Erbe wird gut gehütet im Keller des Gleimhauses am Halberstädter Domplatz.

Bits und Byts halten mittlerweile auch in diese besondere Schatzkammer Einzug. Das Gedächtnis der Stadt wird digitalisiert, um die wertvollen Dokumente zukunftssicher zu machen und die Archivarbeit zu verbessern. "Das ist notwendig, weil Papier nicht unbegrenzt haltbar ist", so Anette Bartl vom Historischen Archiv. Wobei heute niemand verlässlich etwas zur Lebensdauer der Datenträger sagen kann.

In einem ersten Schritt ist das komplette Zeitungsarchiv digitalisiert worden. Das umfasst einen Zeitraum von 1785, als in Halberstadt mit den "Gemeinnützigen Blättern" die erste Zeitung erschien, bis zur heutigen Volksstimme.

Eine halbe Million Blatt Papier in 269 500Dateien

In den zurückliegenden Monaten sind 748vorhandene Sicherheitsfilme sowie eine digitale Neuerfassung von Beständen in etwa gleicher Größenordnung erfasst worden, berichtet Lutz Wirth, Geschäftsführer der SZK-Servicezentrums Kossenblatt GmbH, die den Zuschlag für die Aktion erhalten hat. Wirth übergab gestern den digitalisierten Datensatz an Michael Haase, stellvertretender Oberbürgermeister. "Das entspricht etwa einer halben Million Papierseiten", so Lutz Wirth. Die sind auf dem Datenträger in 269 500Dateien und 2750Ordnern gespeichert.

Das Projekt hat etwa 20 000Euro gekostet. Zwei Drittel davon hat die Familysearch International übernommen, ein Unternehmen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage mit Sitz in den USA (Mormonen). Die finanziert auch den zweiten Teil des Digitalisierungprojektes - die Erfassung des Personenstandsregisters der Stadt Halberstadt. Mit einem konkreten Hintergrund: Die Kirche sammelt auf der ganzen Welt genealogische Daten, weil sie sich der Ahnenforschung verschrieben hat. Rechtlich und vom Datenschutz sei das alles abgesichert, betont Wirth.

Michael Haase unterstrich, dass das Historische Archiv nicht nur von örtlicher, sondern von nationaler und internationaler Bedeutung sei. Daher sei es wichtig, sich den modernen Nutzungsbedingungen zu stellen.

Über 1200 Jahre bewegte Geschichte werden am Domplatz gehütet. Mehr als 87 131Dokumente und 1360laufende Meter Geschichte umfasst das Historische Archiv. Darunter befinden sich Urkunden aus der Zeit vom 11.bis zum 20.Jahrhundert. Dazu zählt auch das älteste erhaltene Schriftstück des Hauses. Eine Urkunde aus dem Jahr 1068, auf der König Heinrich IV. die Privilegien und Rechte der Halberstädter Kaufleute bestätigt und ihnen Zollfreiheit auf allen königlichen Märkten bewilligt.

Das Pergament ist nur eine von insgesamt 1202 Urkunden im Bestand des Archivs. Eine eindrucksvolle Sammlung von Siegeln aus dem 13. bis 17.Jahrhundert, Kirchenbücher, Häuserlisten, Fotos, Karten-, Plakat-, Gesetzblatt- und eine stadtgeschichtliche Sammlung gehören ebenfalls dazu.

Der Geschichtsfundus ist jedem, der daran interessiert ist, zugänglich. Pro Jahr nutzen etwa 1200Besucher dieses Angebot.

Auch das Archiv hat eine Geschichte

Natürlich hat auch das Archiv eine Geschichte. Die beginnt im 11.Jahrhundert mit der Aufbewahrung der Privilegien der Marktleute. Erwähnt wird es erstmals am 17.Mai 1632. Ein tiefer Einschnitt war die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Bereits 1943 wurde wegen der drohenden Bombenangriffe mit der Auslagerung des Archivs begonnen. 90Prozent des Stadtarchivs, etwa 80Kisten und 1000Aktenpakete verschwanden in einer Schachtanlage bei Bernburg. Wie sich später herausstellte, ein Schritt, der den Schatz gerettet hat. Beim Bombenangriff auf Halberstadt am 8.April 1945 wurde das Gebäude des Archivs zerstört. Das Gedächtnis Halberstadts wäre um ein Haar ausgelöscht worden. Es wurde gerettet, aber nach Ende des Zweiten Weltkrieges als Beutegut vor allem von der Sowjetarmee in Besitz genommen.

Nach der Wiedereröffnung 1950 dauerte es 48Jahre bis die letzten 100Handschriften und Drucke aus Armenien nach Halberstadt zurückkehren konnten