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Aller-Laien mit schriller Märchen-Komödie auf Erfolgskurs in Ostingersleben Warum Leselampe Jutta Außerirdischen den Weg durch den Märchenwald weist

Von Carina Bosse 21.11.2011, 05:37

Was haben Rumpelstilzchen und das Raumschiff Surprise gemeinsam? Ganz einfach: Sie treffen beim neuen Stück der "Aller-Laien" in einem ungewöhnlichen Märchenwald aufeinander.

Ostingersleben l Jede noch so gepflegte Fernsehunterhaltung, die heute leider selten geworden ist, kann nicht konkurrieren mit dem Live-Programm, das am Freitag zum zweiten Mal die Aller-Laien präsentierten. Auf der Bühne in Willis Saal in Ostingersleben legten sie ein rund 90-minütiges Stück der Extra-Klasse vor. "Rumpelstilzchen - Periode I" vereinte alle Elemente eines klassischen Märchens mit moderner Comedy und aktuell-politischen Ereignissen.

Es war einmal vor noch gar nicht allzu langer Zeit, da kriselte es im Königreich von Harald, dem Glamourösen (gespielt von Annika Paulin) tüchtig. Die Euro-Krise hatte auch sein Reich erwischt. Doch da der Rettungsschirm gerade ganz woanders aufgespannt werden musste, hat des Königs Berater Pofalla (Manuela Baethge) alle Hände voll zu tun, um nach Möglichkeiten der Geldbeschaffung zu suchen.

Welch Glück, dass er beim Grübeln gerade dort vorbei kommt, wo der Müller (Diana Jäger) und seine Frau (Annette Kniep) selbst nach Alternativen suchen. Dumm nur, dass Pofalla deren Rede über die Tochter (Sabrina Bergmann) gründlich missversteht.

So nimmt das Märchen seinen Lauf, und das liebreizende Mädel landet in des Königs Schloss in einer Kammer voller Stroh: Einzige Aufgabe: aus dem Stroh Gold spinnen. Vor der Tür eine Wache (Regina Krause) hat sie keine Chance zu entkommen.

In ihrer Not und weil die Gütige Fee (Maren Kruse) sie im Stich lässt, bittet sie ein just aufgetauchtes, gar merkwürdiges Männlein um Hilfe. Mit dem Rumpelstilzchen schien Dörthe Krause eine Paraderolle innezuhaben, denn jeder Schritt auf der Bühne, jeder witzig-spritzige Text und vor allem diese hämischen Lacher sorgen für Würze in der Märchen-Suppe.

Hauptmann Krause begeistert "op platt" das Publikum

Dem gierigen Berater ist eine Kammer voller Gold natürlich nicht genug, nach der zweiten Nacht soll sich eine dritte anschließen. Da jedoch sind der Müllers Tochter Schmuck und MP-3-Player samt Kopfhörer als Bezahlung ausgegangen. Das Männlein verlangt ihr erstes Kind als Königin. Längst hat sich des Königs Sohn da schon in des Müllers Tochter verguckt.

Bald drauf muss Harald dank einer Intrige des entlassenen Pofallas abdanken, sein Sohn (Marcus Basilius) besteigt mit seiner jungen Frau den Thron.

Knackige Dialoge, fetzige Musik und echte Spielfreude in einem Bühnenbild von Doreen Träger, unterstützt von Antje Basilius, sorgen immer wieder für spontanen Applaus und begeisterte Zwischenpfiffe.

Für die sorgt auch Hauptmann Krause (Gerd Homann) in DDR-Uniform. In plattdeutscher Mundart beschafft er der jungen Königin zwei Boten (Stefanie Intrau und Sabrina Masuhr). Die Penner sind willig und ziehen in die Welt, um für (steuerfreie) Euros - wenn auch erfolglos - Namen zu sammeln.

Noch einmal Bewegung ins Stück kommt beim Auftritt von Zofe Cindy (Steffi Homann). Nicht zufällig trägt sie einen pinkfarbenen Trainingsanzug als Markenzeichen. Und genau wie ihre Namensvetterin Cindy aus Marzahn mischt sie den Märchenwald gehörig auf, bringt Schneeweißchen (Annette Kniep) und Rosenrot (Manuela Basilius) so richtig auf Trab und schließlich mit Mr. Spitzohr Spuck (Annika Kaiser), Käpt\'n Jürgen T. Kork (Manfred Brandt) und Schrotty (Patrizia Frank) auch irgendwie zusammen.

Spielfreudige bedanken sich bei Drehbuchautorin

Der Auftritt des letztgenannten Trios samt der unentbehrlichen Leselampe Jutta mitten durch die Zuschauerreihen wird begeistert gefeiert. Und das außerirdische, scheinbar "anders- herumgepolte" Gespann weiß sogar noch Rat, wo ein gar merkwürdig anzuschauendes Männlein ums Feuer tanzt. Schließlich weiß Jutta immer, wo es langgeht. Und Rumpelstilzchen verrät ganz von allein seinen Namen, der dringend gebraucht wird, um das Kind der Königin zu retten. So nimmt die Märchenkomödie ein glückliches Ende.

Und so stand am Ende des Stückes das Publikum mit anhaltendem Applaus gemeinschaftlich im Saal, um das Ensemble zu feiern.

Personelle Probleme, denn Kerstin und Winfried Otto fielen in diesem Jahr auf der Bühne aus, mit Helga Frank eine neue Märchenerzählerin und Proben, bei denen nie alle zusammen üben konnten, konnten dem Stück und seiner Regisseurin und Drehbuchautorin Katrin Kaiser scheinbar nichts anhaben.

Ihr galt nach zahlreichen Dankesworten ihrerseits der Dank des Ensembles: "Noch viele kreative Ideen", wünschte Manfred Brandt mit einer Blumenvase und Blumen als Geschenke für Katrin Kaiser. Und ausgefallene Spiel-Ideen sind wohl das einzige, was ihr nie ausgehen werden.

Eigentlich ist es viel zu schade, dass nach gerade mal zwei Vorstellungen "Rumpelstilzchen - Periode I" schon wieder in der Versenkung verschwindet. Einziger Trost: Katrin Kaiser kündigte an, dass der Stoff dieses Jahres fortsetzungsfähig sei. Das macht doch schon superneugierig auf die nächste Periode.