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Ultraleichtflugzeug Wie Retter tödlichen Flugzeug-Absturz bei Schlanstedt im Harz erlebten

Am Mittwochnachmittag ist ein Ultraleichtflugzeug im Huy abgestürzt. Sofort waren Ersthelfer vor Ort, konnten dem Piloten aber nicht mehr helfen.

Von Ramona Adelsberger Aktualisiert: 18.06.2021, 08:21
Flugzeugabsturz bei Schlanstedt: Nachdem die Untersuchungen der Kripo und des Bundesamtes für Flugunfalluntersuchung abgeschlossen waren, wurde die Maschine abtransportiert.
Flugzeugabsturz bei Schlanstedt: Nachdem die Untersuchungen der Kripo und des Bundesamtes für Flugunfalluntersuchung abgeschlossen waren, wurde die Maschine abtransportiert. Foto: B. Blum

Schlanstedt - Diesen Tag hatte sich der Schlanstedter Ortswehrleiter Volker Leimberg ganz anders vorgestellt. „Solche Tage braucht kein Mensch.“ Was war passiert? Während er in Wernigerode bei einer Untersuchung war und sich auf einen schönen Hochzeitstagabend mit seiner Frau freute, ging der Piper und meldete: „Flugzeugabsturz bei Schlanstedt.“ Sofort sei er zurück geeilt und habe von den Kameraden aus Dedeleben die Einsatzleitung übernommen. Leimberg: „Das Flugzeug befand sich etwa zwei Meter neben der Einschlagstelle, die etwa 60 Zentimeter tief ist.“

Zum Unglück selbst berichtete der Schlanstedter Landwirt Werner Bockhorst: „Meine Leute waren auf der Fläche direkt neben der Absturzstelle in der Nähe des Teufelslochs und haben Heu gepresst.“

Das Flugzeug sei schon sehr niedrig aus Richtung Schlanstedt gekommen, habe dann unmittelbar vor den landwirtschaftlichen Fahrzeugen noch einmal hochziehen können, so dass eine Kollision mit der Technik noch abgewendet werden konnte. Dann aber sei die Maschine senkrecht in das Kornfeld gestürzt.

Unglücksmaschine war im Kornfeld kaum zu sehen

„Wir waren also unmittelbar vor Ort, um erste Hilfe leisten zu können.“ Leider sei das aber vergebens gewesen. Der Pilot habe den Aufprall nicht überlebt. Sofort wurde der Notruf abgesetzt und an der Betonstraße, die zum Unglücksort führt, ein Einweiser platziert, um den Rettungskräften den Weg zu weisen. Gleichzeitig hatten die Landwirte eine Gleichzeitig hatten die Landwirte eine Schneise bis zur Unglücksstelle freigeschnitten.

Werner Bockhorst: „Die Maschine lag im Kornfeld und war kaum zu sehen. Wären wir nicht zufällig vor Ort gewesen, hätte es möglicherweise sogar Tage dauern können, bis sie gefunden worden wäre.“

„Ich bin schon 40 Jahre Feuerwehrmann und habe schon viele Tote gesehen, der Anblick dieses Unglückspiloten allerdings wird mich noch sehr lange verfolgen“, sagte Volker Leimberg, der den Toten mit geborgen hatte. „Nach einem solchen Einsatz können wir mit einem Notfallseelsorger sprechen, um das Geschehen zu verarbeiten“, so Leimberg. Er habe jedoch die Wartezeiten während des Einsatzes sofort genutzt, um mit seinen Kameraden, vor allem mit den jüngeren, Einzelgespräche zu führen. „Es wird sich zeigen, ob das ausgereicht hat.“

Neben den Schlanstedter Kameraden, die mit elf Einsatzkräften vor Ort waren, wurden auch die Feuerwehren aus Eilenstedt, Dingelstedt, Aderstedt und Eilsdorf alarmiert, zudem der Einsatzleitwagen aus Dedeleben. Dazu kamen Rettungshubschrauber, Notarzt, Rettungswagen, Polizei, Kripo und Fachleute von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung aus Braunschweig. Ein zweites Fahrzeug der Feuerwehr Schlanstedt war zur Absperrung des Feldweges abgestellt, um die Gaffer von der Unglücksstelle fernzuhalten.

Pilot wollte nicht in Dingelstedt landen

Die allererste Vermutung, dass der Pilot möglicherweise den nahen Luftlandeplatz in Dingelstedt anfliegen wollte, hat sich nicht bestätigt. Denn der Unglücksflieger soll nicht allein unterwegs gewesen sein. Wie Uwe Becker vom Polizeirevier Harz bestätigte, sind zwei dieser Ultraleichten im brandenburgischen Lüsse (bei Bad Belzig) gestartet und wollten nach Goslar.

Die Polizei hat einen Mitschnitt des Funkverkehrs der beiden Piloten ausgewertet, der dann plötzlich abbrach. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ein technischer Defekt nicht ausgeschlossen werden“, sagte Uwe Becker und betonte, dass es sich bei dem Toten um einen erfahrenen 72-jährigen Piloten handelt.

Der Flugpartner im zweiten Flugzeug habe dann, nachdem der Kontakt zur Unglücksmaschine abgebrochen war, sofort den Notruf gewählt und sich nach dem Verbleib des Kollegen erkundigt.

Die Gegenwart eines weiteren Flugzeuges würde auch den Widerspruch erklären, der sich aus den Beobachtungen der Mitarbeiter der Firma Klaas ergibt, die sich zufällig ebenfalls am Unglücksort befunden hatten. Sie hatten mittels einer Drohne die Arbeiten auf der Bockhorst-Fläche gefilmt und sich eben in ihr Fahrzeug begeben, um die Aufnahmen auszuwerten. Ihre Drohne war also zum Zeitpunkt des Unglücks nicht mehr in der Luft. Sie erklärten allerdings, ein Motorengeräusch über sich wahrgenommen und sich sehr gewundert zu haben.

Der Unglückspilot selbst kann das nicht gewesen sein, weil es sich bei seiner Maschine um einen Motorsegler handelt, der die Thermik nutzt und daher meist geräuschlos unterwegs ist. Allerdings wird vermutet, dass sein Motor möglicherweise nicht wieder angesprungen ist.

Ursache wird jetzt von Spezialisten untersucht

Der Leiter des Luftsportvereins Dingelstedt Dirk Spangenberg hat nach einem Blick auf die Reste der verunfallten Maschine bestätigt, dass es sich hier um einen solchen Motorsegler handelt. Er erläuterte, dass diese Motorsegler eigenstartfähig sind und der Motor üblicherweise nach dem Thermikfliegen als Heimkehrhilfe dient. „Trotzdem stürzt man nicht so einfach ab, bloß weil der nicht anspringt“, sagte er.

Genaueres zur Unfallursache wird wohl erst zu erfahren sein, wenn die Kriminalisten und Experten von der Flugunfalluntersuchung ihre Ermittlungen abgeschlossen haben.