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Badeanstalt Ostalgie-Ende unterm Sprungturm

Um die 30 Jahre fristete die Badeanstalt Weferlingen ein tristes Dasein. Gebäude und Anlagen waren dem Verfall preisgegeben.

Von Carina Bosse 18.11.2020, 00:01

Weferlingen l Gern denkt Hans-Werner Kraul an seine Kindheit in der Weferlinger Badeanstalt zurück. Der Bürgermeister der Einheitsgemeinde hat ganze Sommer im Bad mitten im Wald verbracht, hier seine Schwimmstufe abgelegt und bei den Ferienspielen mitgemacht. Einige Zeit war es seine Mutter, die aus dem Bad-Kiosk heraus Würstchen und bunte Brause verkauft hat. Schöne Erinnerungen, die ihn nun mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf den Rückbau des Areals blicken lassen. Seit Ende Oktober haben schwere Bagger und Radlader das Regime übernommen. Die Gebäude, Sprungtürme und Becken sind dem Erdboden gleich gemacht und rückgebaut worden. Ein Drei-Meter-Sprungbrett, zwei ein Meter-Bretter und natürlich Startblöcke gehörten wie auch eine Rutsche zum Bad. Wann es genau entstand, wissen Hans-Werner Kraul und Ortsbürgermeister Dirk Kuthe nicht zu sagen.

Bis 1952 existierte aber sein Vorgänger am Kolonnenweg. Es dürfte nicht allzu lange gedauert haben, bis die Badeanstalt an anderer Stelle neu errichtet wurde. Schließlich ging es darum, das geschlossene Bad in unmittelbarer Nähe zur Grenze zu schließen, aber den Weferlingern ein neues Domizil zu errichten.

Bis zum Fall der Mauer nutzten die Badeanstalt Jahr für Jahr vor allem die Kinder. Dann geriet es in wirtschaftliche Schieflage, denn die Subventionen durch das DDR-Regime verschwanden quasi über Nacht.

Alle Bemühungen Anfang der 1990er Jahre auf den Erhalt durch einen Freundeskreis der Badeanstalt scheiterten letztendlich an den Kosten. Auch ein Neubau mit 1,4 Millionen D-Mark war damals im Gespräch, aber schon da fehlte es am Geld. Und die jährlichen Folgekosten wären auch nicht unerheblich gewesen, so Hans-Werner Kraul.

Lange hat es gedauert, die ersten Rückbaupläne in die Tat umzusetzen. So lange, dass schon Landkreis-Dezernent Dietrich Bredthauer in das Vorhaben involviert war. Es sollte eine Renaturierung werden, als Ausgleich- und Ersatzmaßnahme für einen Eingriff in die Natur an anderer Stelle.

Dass es nun doch noch geklappt hat, freut nicht nur die Kommune, sondern auch die Weferlinger Quarzwerke. Auch Betriebsleiter Henry Löwe blickt zufrieden auf die letzten Runden des Radladers und der Traktoren, die Muttererde zum Aufbringen der Fläche heranbringen. Auch wenn es lange gedauert hat, die Zusammenarbeit mit der kreislichen Abfallentsorgung für die Entsorgung und das Umweltamt des Landkreises habe gut funktioniert.

Auf dem rund 0,8 Hektar großen Gebiet sollen künftig wieder Bäume und Sträucher stehen, die Natur holt sich zurück, was ihr einst für die Badeanstalt genommen worden war.

Bepflanzt wird die Fläche des ehemaligen Waldbades allerdings erst im kommenden Jahr, damit die Natur ausreichend Zeit hat, sich nach dem Eingriff ein wenig zu erholen. „In einem Jahr sieht es hier schon wieder ganz anders aus“. sagt Betriebsingenieur Martin Cieslik aus Erfahrung. Er weiß, dass das schnell gehen wird. Meterhoch habe der Bewuchs gestanden, als die Quarzwerke mit dem Renaturierungsprojekt beginnen konnten.

Um die Jungpflanzen wird es dann erst einmal einen Wild-Schutzzaun geben, der aber später wieder verschwinden soll. Die Jungbäumchen werden ihre Zeit brauchen, um zu wachsen, aber sie bieten Hans-Werner Kraul und den Weferlingern dann bald wieder die Möglichkeit, neue Erinnerungen an ausgedehnte Waldspaziergänge gleich am Wohngebiet Riesenfeld zu sammeln. Und beim Vorbeigehen auf dem Waldweg kann man sicher trotzdem noch viele Jahre in Erinnerungen an die einstige Badeanstalt schwelgen.

Flächen wie diese sind kostbar für ein Unternehmen wie die Quarzwerke. Denn wo immer sie ihre kostbaren Produkte abbauen, müssen sie an anderer Stelle Aufforstungsmaßnahmen nach einem bestimmten Schlüssel vornehmen. Darum ist es für Henry Löwe auch so ein Glücksfall, eine Renaturierung in unmittelbarer Nachbarschaft zum Werk vornehmen zu können. Und die beauftragten Unternehmen kamen alle aus der näheren Umgebung.