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Bäckerstammtisch Einer trägt immer Spendierhosen

"Brot essen ist keine Kunst, aber Brot backen": Zum 251. Mal haben sich Bäcker aus Haldensleben an einem großen Tisch getroffen.

Von Anett Roisch 16.01.2019, 00:01

Haldensleben l Das gemütliche Beisammensein pflegen die Mitglieder des Haldensleber Bäckerstammtisches. Regelmäßig treffen sich aktive und ehemalige Bäckermeister der Stadt und der Region, um sich in der Gaststätte Richter über Ideen und Probleme im Handwerk auszutauschen.

Gegründet haben die Männer der weißen Zunft den Stammtisch vor über 27 Jahren. Seitdem ist kein Monat vergangen, an dem sich die Bäcker nicht getroffen haben. „Es sind schon Bäcker aus unserer Runde gestorben, aber wir haben das Glück, dass schon einige junge Bäcker nachgerückt sind“, erklärte Alterspräsident Georg Henke aus Haldensleben.

Die Themen gehen den Bäckern nie aus. „Wir sind wie eine große Familie. Das Schöne ist, dass wir keine Konkurrenten, sondern Kollegen sind. Das ist das Fundament unseres Tisches, sonst würden wir nicht zusammensitzen“, betonten die Handwerker. Es gab auch mal Zeiten, in denen die Bäcker in der Not auch ihre Söhne zur Aushilfe in eine andere Backstube schickten.

„Wir verraten auch unsere Rezepte, aber erst wenn wir genug getrunken haben“, sagte Bartels schmunzelnd.

Auch Geburtstage feiern die Bäcker gemeinsam, so dass zu beinahe jedem Treffen jemand die Spendierhosen an hat. Bei besonderen Feiern und Jubiläen sind die Frauen der Bäcker dabei. Mit den Jahren sind auch die Damen miteinander befreundet.

Zum 251. Stammtisch ließ es sich Landrat Martin Stichnoth nicht nehmen, den Bäckern einen Besuch abzustatten. „Wir hatten schon immer zu den Landräten einen heißen Draht. Herr Webel besuchte uns zum 100. Stammtisch, Herr Walker zum 200. und Sie sind nun zum 251. unser Gast. Wir haben gleich ein Anliegen – dabei geht es nicht um Geld, sondern um unser Bäckermuseum“, erklärte Henke.

Bäckermeister Hannes Bleßmann hatte in Uthmöden räumliche Möglichkeiten, ein kleines Museum zu gründen. Es war damals die Zeit, wo viele Bäckereien schließen mussten. Durch das Museum konnten eine Menge Utensilien vor der Verschrottung gerettet werden.

„Handwerk hat Tradition – insbesondere das Bäckerhandwerk in den ostdeutschen Bundesländern“, betonten die Meister. In den Zeiten vor der Wende wurde die Versorgung der Bevölkerung nämlich im Wesentlichen ohne Maschinen und ohne technische Hilfsmittel mit den eigenen Händen sichergestellt. Daran können sich die Bäcker am Stammtisch noch sehr gut erinnern. Damit die Geschichte des Handwerks nicht verblasst, zeigten die Bäcker im Museum ihre früheren Arbeitsgeräte.

Nachdem auch die Bäckerei in Uthmöden geschlossen wurde, kamen die Maschinen und die Ausstellungsstücke in eine stillgelegte Bäckerei in die Magdeburger Straße nach Haldensleben. „Es war eine herrliche Sache, die uns allen Spaß gemacht hat. Aber nun soll auch dieses Gebäude verkauft werden. Was wird nun aus den schweren Ausstellungsstücken?“, fragte Henke.

Eine Chance für die Einrichtung des Museums ergab sich in einer ehemaligen Bäckerei in Barleben. Einige Maschinen und Gerätschaften wurden bereits dort hingeschafft, aber nach dem Wechsel des Bürgermeisters in Barleben scheinen alle Bemühungen der Bäcker vergeblich zu sein. „Wir hoffen weiter darauf, mit dem Auf- und Ausbau des Museums in Barleben oder anderswo ein attraktives Ausflugsziel schaffen zu können. Wir könnten das Museum für Reisegruppen öffnen und Schautage veranstalten“, sagte Henke, der nun den Landrat um Unterstützung bat. Stichnoth versicherte, dass er versuchen wird, einen geeigneten Ort für das Bäckermuseum zu finden.

Der Landrat wünschte den am Markt arbeitenden Bäckern sowie ihren Ehefrauen und Familien viel Kraft, um ihr Unternehmen auch in Zukunft wirtschaftlich führen zu können.