EIL

Coronavirus Zoff um Schutzmasken

Die Masken, die Engagierte derzeit in Haldensleben nähen, dürfen offiziell nicht Mundschutz genannt werden.

Von Juliane Just 03.04.2020, 01:01

Haldensleben l „Mir springen die Näherinnen ab. Sie haben Angst“, sagt Andrea Oelze. Die Inhaberin des Stoffladens Nähvada in Haldensleben hat mit ihrem Team vor zwei Wochen eine Hilfsaktion gestartet. Sie haben Helferinnen aufgerufen, mit ihnen Masken zu nähen, die Mund und Nase verdecken und damit die Gefahr einer Tröpfcheninfektion verringern könnten. Sie haben die Stoffteile Mundschutz genannt. Für den Begriff könnte es nun Ärger geben.

Denn: Es geht um potenzielle Verstöße gegen das Medizinproduktegesetz. Zweck dieses Gesetzes ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte zu sorgen. Die Stoffmasken dürfen – egal ob als Spende oder gegen einen Obolus – nicht als Mundschutz oder Atemschutz angeboten werden. Bezeichnungen mit dem Zusatz „Schutz“ sind allein Medizinprodukten vorbehalten. Es gibt Juristen, die sich auf so etwas fokussieren. Doch: Viele Experten warnen vor Hysterie, denn bisher gab es deutschlandweit noch keine Abmahnung wegen selbst genähter Masken.

Auch Näherin Andrea Oelze hat davon schon gehört. „Ich habe Kontakt zu meinem Rechtsanwalt aufgenommen, um mich rechtlich abzusichern“, sagt sie. Ihren selbstgenähten Masken haben sie nun den Namen „Mund- und Nasenabdeckung“ gegeben.

Das Bundesgesundheitsministerium hat sich ebenfalls zu den Masken in Eigenkreation geäußert. Zu unterscheiden sind laut der Website im wesentlichen Masken, die als Behelfs-Mund-Nasen-Masken aus handelsüblichen Stoffen hergestellt werden und solche, die aufgrund der Erfüllung einschlägiger gesetzlicher Vorgaben Schutzmasken mit ausgelobter Schutzwirkung darstellen. Die selbstgenähten Masken dürfen nicht als Medizinprodukte oder Gegenstände persönlicher Schutzausrüstung in Verkehr gebracht und nicht mit entsprechenden Schutzwirkungen ausgelobt werden.

„Uns ist doch völlig egal, wie die Teile heißen“, macht Andrea Oelze ihrem Ärger Luft. „Wichtig ist, dass wir mit unserer Aktion helfen können.“ Sie findet, es sei eine „Sauerei“, dass den Näherinnen in ganz Deutschland nun derart Angst gemacht wird, obwohl sie Gutes tun wollen.

Insgesamt 5000 solcher Masken haben die Haldensleberinnen mit ihren zahlreichen Helfern bereits genäht. Sie haben das Schnittmuster selbst kreiert. Die Masken wurden teils bereits gespendet an medizinische Einrichtungen, Physio- und Ergotherapien, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker, Einkaufsmärkte, Pflegedienste und Krankenhäuser. Über 300 Personen sind ihnen bereits zur Seite gesprungen. „Ich möchte keine freiwillige Näherin wegen des falschen Begriffs verlieren“, sagte Andrea Oelze.