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Familientradition Wenn zwei Welten aufeinander prallen

Daniel Funke will die seit mehr als 150 Jahren in Familienhand befindlicheTischlerei in Eimersleben weiterbetreiben. In fünfter Generation.

Von Carina Bosse 09.03.2019, 00:01

Eimersleben l Wenn Daniel Funke über seine Handwerkerfamilie redet, kann er mehr als 150 Jahre zurückblicken. In fünfter Generationen befindet sich die Tischlerei Funke nun schon in Familienhand, mit dem studierten Produktdesigner soll das nicht abreißen.

Dabei war es eigentlich seine Frau Stefanie, ebenfalls studierte Produktdesignerin, die den Anstoß dazu gab, von der Großstadt wieder aufs Land zu ziehen und das Unternehmen von Vater und Geschäftsführer Jürgen Funke weiterzuführen.

Beide sind seit 2009 Inhaber von Form und Drang, einer Software-Entwickler-Firma im sächsischen Leipzig. Leipzig deshalb, weil es etwa auf halbem Wege zwischen der Heimat von Stefanie Funke und der von Daniel Funke liegt.

„Aber unsere Kinder sollen auf dem Land aufwachsen“, sagt Daniel Funke schmunzelnd. Nach dem Studienabschluss 2008 sah es dabei noch überhaupt nicht so aus, als das junge Paar in Leipzig eine Design-Agentur aufbaut - mit Erfolg. Diese weiter zu betreiben und gleichzeitig am Know-how für die Tischlerei im beschaulichen Eimersleben zu arbeiten, ist seit Dezember 2017 ein Balanceakt für die ganze Familie. Aber einer mit einer Riesenchance und großem Potenzial, wie Drang-und-Form-Geschäftsführer Daniel Funke findet.

Die Arbeit in der Tischlerei, zu der neben Jürgen Funke auch seit mehr als 24 Jahren Geselle Dirk Schmidt gehört, unterscheidet sich sehr von der in der Agentur, wo vorrangig Industrie-Software mit individuellen Lösungen für verschiedene Branchen designet wird.

Und doch möchte Daniel Funke versuchen, beides unter einen Hut zu bringen. Dafür haben Funkes jüngst in zwei neue, nicht eben billige, sehr moderne Maschinen investiert - eine moderne Säge- und eine Furniermaschine.

„Das Eine ist ,to be‘, das Andere ,to see‘“, nennt er die besondere Herausforderung, beide Jobs zu stemmen und erfolgreich fortzusetzen, beim Namen. Vor allem noch am Computer entstehen visuell in 3 D derzeit Ideen für eine Eigenmarke. Umgesetzt werden soll sie auf den Maschinen in der Familientischlerei.

Das Produkt - um das es sich handelt, ist noch ein streng gehütetes Geheimnis - soll zur Messe „Architekt at work“ im Herbst 2020 auf den Markt gebracht werden. „Wir haben uns alle zusammengesetzt und überlegt, womit wir individuelle und einzigartig auf den Markt treten können“, sagt Daniel Funke. Die zündende Idee hatte Vater Jürgen Funke, das technische Know-how am Computer steuert nun die fünfte Familiengeneration bei.

Jeder im Team profitiere von den Leistungen des anderen. So können individuelle Stärken gemeinsam genutzt und ausgebaut werden.

Die Funkesche Werkstatt wird gerade um- und ausgebaut, um mehr Platz zu schaffen. Parallel werden von Jürgen Funke und Dirk Schmidt die Aufträge weiter ausgeführt. Gängige Fenster- und Türenanfertigungen, Möbel und Treppen gehören ebenso dazu wie individuelle Lösungen rund um das Holzhandwerk.

Beliefert wird der Betrieb von Holzhändlern und Baumbesitzern aus der Region. Es hat sich herumgesprochen, dass gutes Holz bei Funkes in guten Händen ist und weiter verarbeitet wird.

Da, wo Daniel Funke und seine kleine Familie mit den beiden Kindern vor gut einem Jahr ihre Zelte aufgeschlagen haben, begann im Jahr 1867 Heinrich Funke mit seiner eigenen Tischlerei. Der gab sie später in die Hände seines gleichnamigen Sohnes Heinrich, der wiederum wurde von seinem Sohn Alwin, dem Vater von Jürgen Funke, beerbt. In den 1920er Jahren zog die Werkstatt auf die gegenüberliegende Straßenseite in der Magdeburger Straße, wo auch heute noch das entsprechende Schild an der historischen Gebäudekulisse zu sehen ist.

Dahinter verbirgt sich ein historischer Schatz, ebenso wie eine moderne Produktions- und Holzverarbeitungsstrecke.

In einem Raum kann man sofort in die Zeit vor 100 Jahren eintauchen, wo ausschließlich Handarbeit zählte, wo Hobel, Beitel, Meißel, Konvolut und Feile (Ur-)Opas Geschichte vom Handwerk erzählen und mit allen den Werkbänken und Regalen ein ganz urtümlicher Charme erhalten geblieben ist.

Gleich nebenan bedient Dirk Schmidt die moderne Sägemaschine, stellt per Touch das Display an, um dann nur noch das gewünschte Maß einzutippen und den Vorgang zu starten. Ihm ist das reine Handwerk noch gut vertraut, aber er hat sich auf die Modernisierung des Produktionsprozesses eingestellt.

„Bei der Erweiterung unserer Räumlichkeiten haben wir große Unterstützung im Dorf erhalten“, freut sich Daniel Funke über die Bereitschaft der Eimersleber zu helfen. Die neuen schweren Geräte hätten ohne die Hilfe der Bevölkerung gar nicht an ihren Platz gebracht werden können. Landwirte halfen mit schwerer Technik.