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Gut Glüsig Biohof vor dem Aus

Nach zwei Jahren auf Gut Glüsig schmeißt Hubert Ostmeier hin. Die Schlachterei sowie die Verkaufsläden will der Geschäftsführer schließen.

15.06.2020, 23:01

Gut Glüsig l Hubert Ostmeier will nicht mehr. Seit zwei Jahren führt er mit seinem Sohn die Geschäfte auf Gut Glüsig. Ebenso lange gebe es nun schon die „Querelen“ mit dem Veterinäramt, sagt Ostmeier. In den vergangenen Wochen habe es sieben oder acht Kontrollen gegeben, behauptet er. Nun wolle er „definitiv“ aufhören. „Wir müssen uns das hier nicht antun“, sagt der 69-jährige Unternehmer.

Kontrolliert worden seien etwa die Ohrmarken der Rinder, berichtet Ostmeier. Dass bei den Tieren draußen auf der Weide immer mal wieder Ohrmarken fehlten, sei nicht ungewöhnlich, sagt er. „Sie werden jeden Tag ein Tier finden, das die Ohrmarke verloren hat“, betont der Geschäftsführer der Gut Glüsig GmbH. Vom Veterinäramt seien ihm strenge Kontrollen angekündigt worden. Spaß habe er unter diesen Bedingungen nicht mehr bei der Arbeit, sagt Ostmeier.

Zur Gut Glüsig GmbH gehören laut dem Geschäftsführer der Vertrieb und die Bio-Schlachterei des Hofs. Drei Metzger, drei Verkäuferinnen und eine Bürokraft würden mit der Schließung ihren Job verlieren, sagt Ostmeier. Um den ökologischen Landwirtschaftsbetrieb von Gut Glüsig kümmert sich sein Sohn Emmanuel Ostmeier. Rund 150 Hektar bewirtschaftet er nach eigener Aussage. Wie es damit weiter geht, ist ungewiss. Mit der Schlachterei breche „sein größter Kunde“ weg, berichtet Emmanuel Ostmeier. Um seine Tiere in eine Bio-Schlachterei zu bringen, müsste er sie nun hunderte Kilometer transportieren. Hubert Ostmeier berichtet, auf Gut Glüsig seien zuletzt etwa zehn Schweine in der Woche und zwei Rinder im Monat geschlachtet worden. Der zertifizierte Bioland-Betrieb sei „auf dem Weg gewesen, schwarze Zahlen zu schreiben und nachhaltig wirtschaftlich gesund zu sein“, sagt Hubert Ostmeier.

Die Gutswirtschaft hatten die Ostmeiers vor zwei Jahren von der Caritas übernommen. Zuvor hatte die Wohnfahrtsorganisation dort 25 Jahre gewirtschaftet. Behinderte Menschen und benachteiligte Langzeitarbeitslose durften auch nach der Übernahme der Ostmeiers auf dem Hof mithelfen.

Das Veterinäramt des Landkreises wird derzeit kommissarisch von Julian Nader geleitet. Nader sagt, er könne nicht nachvollziehen, dass der Geschäftsführer seinen Betrieb schließen wolle, weil seine Behörde zu viel kontrolliere. In diesem Jahr habe es auf dem Gut bisher nur eine „routinemäßige“ Kontrolle des Tierhaltungsbetriebs gegeben. Dabei seien „tierschutzrechtliche Abweichungen“ festgestellt worden, die zu beheben seien. Was für Abweichungen das sind, wolle er im Detail nicht sagen. Es seien aber keine Bußgelder verhängt worden, betont Nader.

Der Schlachtbetrieb des Gutes ist dieses Jahr laut Nader noch gar nicht kontrolliert worden. Zwar seien Kontrollen geplant gewesen, berichtet der Veterinäramtsleiter, es sei aber nicht dazu gekommen. „Für uns ist es zielführender, wenn der Betriebsinhaber die Kontrolle begleitet“, sagt Nader. Das sei bei den letzten Kontrollterminen nicht möglich gewesen. Eine Kontrolle ohne den Betriebsleiter müsse gerechtfertigt sein, etwa mit einem Verdacht, dass dort gegen das Tierrecht verstoßen werde.

Häufiger kontrolliert hat der Landkreis den Schlachtbetrieb allerdings in den vergangenen beiden Jahren. Nader teilt mit, es habe seit Juli 2018 insgesamt sieben Kontrollen „im Bereich Veterinärwesen“ gegeben, dazu kämen sechs Lebensmittel- und Fleischhygiene-Kontrollen. Dabei habe man „Abweichungen im Bereich des Tierschutzes und der Lebensmittelüberwachung“ festgestellt. Bußgelder seien bis heute nicht verhängt worden.

Angesprochen auf die Kontrollen der Ohrmarken bei den Tieren sagt Nader: „Uns ist bewusst, dass Ohrmarken verloren gehen.“ Die Kennzeichnung der Tiere müsse dann aber erneuert werden, betont er.

Hubert Ostmeier sagt auf Nachfrage, seine Entscheidung, den Betrieb nicht weiter zu führen, sei endgültig. „Hier ist ein Maß voll“, betont er.

Auf Gut Glüsig sind darüber nicht alle unglücklich. Schon im vergangenen Jahr berichteten einige Mieter am Gut von Konflikten mit den neuen Eigentümern. Drei kleine Mietshäuser befinden sich direkt neben dem Gut. Schon im vergangenen Herbst hatten sich Bewohner beschwert, dass sie vier Monate lang ohne Heizung und Warmwasser auskommen mussten. Zu ihnen gehörten Eleonore und Manuel Groth. Seit 2011 wohnten sie in einem dortigen Mietshaus, im vergangenen April sind sie nun ausgezogen. Eleonore Groth berichtet, auch im Winter sei die Heizung immer wieder ausgefallen. Für warmes Wasser hätten sie sich nach den ersten Ausfällen selbst einen Boiler gekauft. Teilweise bis zu 100 Euro höhere Stromkosten hätten sie dadurch monatlich gehabt. Die Streitigkeiten mit dem Vermieter hätten sie dazu bewogen, früher wegzuziehen, als sie es eigentlich vorgehabt hätten, berichtet Groth.

Eike Grassing will nicht ausziehen. Er wohnt seit 18 Jahren in einem Mietshaus am Gut. Derzeit sei die Heizung und das Warmwasser wieder ausgefallen, seit neun Wochen schon, sagt Grassing. Eine Kündigung für seine Wohnung hat er schon im vergangenen Jahr bekommen. Doch der 64-Jährige hat nicht vor zu gehen. Er hat sich Beistand von einem Mieterverein gesucht.

Hubert Ostmeier räumt auf Nachfrage offen ein, dass er für die drei Mietshäuser andere Pläne gehabt habe. Ein Haus hätte sein Wohnhaus werden sollen, im zweiten sollte ein Tagungs- und Meditationszentrum entstehen, das dritte derzeitige Mietshaus sollte Übernachtungsmöglichkeiten für die Tagungsgäste bieten. Hubert Ostmeier sagt: „Es kann nicht sein, dass ein Mieter die ganze Entwicklung des Objekts stoppt.“

Und die Heizung? Ostmeier sagt, die Heizung werde über das Blockheizkraftwerk des Gutes betrieben. Das sei defekt.