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Hausbau Seele des Fachwerkhauses erkunden

Frank Behrens stellt sich einer besonderen Herausforderung. Der Rätzlinger saniert das Haus seiner Vorfahren.

Von Anett Roisch 27.05.2020, 01:01

Rätzlingen l „Seit sechs Generationen gehört das Haus der Familie. Das gibt mir den Motivationsschub, jetzt eine ordentliche Kernsanierung hinzulegen“, beschreibt der 61-Jährige. Er gesteht, dass er das Haus auch saniert, weil er „ein Dach über dem Kopf braucht“. Behrens zeigt von der Hofseite aus auf das Holzskelett des Fachwerkhauses und erklärt: „Mein Vater Burkhard Behrens ist hier in diesem Haus geboren.“

In der Lindenstraße gehört das Haus, das zirka 1860 gebaut wurde, zu den ältesten. Das Grundstück war früher so etwas wie das Geschäftszentrum von Rätzlingen. Während sich die Sparkasse und das Standesamt im zu sanierenden Haus befanden, diente das zweite Haus, in dem jetzt seine Mutter Margret Behrens wohnt, als Post. Als Spur des einstigen Geldinstituts ist noch das Fundament des Tresors zu sehen. „Einige, die in diesem Standesamt geheiratet haben, sind bereits gestorben, andere können sich noch gut an ihre Trauung erinnern“, weiß Behrens.

Drei Jahre bevor Behrens mit der Sanierung startete, habe er schon mit der Planung begonnen. Dabei hat er sich nicht nur mit der Geschichte des Ortes beschäftigt, sondern auch die Seele des Hauses erkundet.

Ursprünglich ist der Rätzlinger gar nicht aus dem Baugewerbe. Eigentlich komme er aus der Maschinenbaubranche. „Ich habe mir mein Wissen zum Fachwerk angelesen. Und mir gute Leute geholt, von denen ich viel gelernt habe. Das was ich kann, habe ich selbst umgesetzt“, schildert der Bauherr. Der Keller war komplett zugeschüttet. „Über mehrere Wochen dauerte es, ihn zu zweit auszuschachten. Unterhalb mussten wir Beton machen, damit wir eine Stehhöhe reinbekommen und das Fundament stabilisiert ist“, sagt der Bauherr.

In den 20er Jahren wurde das Haus mit ortsbildprägender Funktion aufgestockt. Nun wurden oben aus vier kleinen Räumen ein großer gemacht. Stück für Stück wurden die Gefache rausgenommen, marode Balken durch neues Holz ersetzt. Behrens deutet auf einige Mauern, die er selbst gesetzt hat. Jedoch die Facharbeiten, wie das Einsetzen der Ziegeldecken oder das fachgerechte Anpassen der wichtigen Bauteile, habe er den Spezialisten überlassen. „Die Zimmerei Blümner aus der Altmark und das Team des Diplomingenieurs Andreas Haeusler aus Breitenrode sind meine Fachleute, die langjährige Erfahrungen bei größeren Restaurierungsarbeiten haben“, beschrieb Behrens.

Nachbar Jörg Lauenroth-Mago gerät ins Schwärmen: „Ich bin beeindruckt, mit wie viel Leidenschaft hier gearbeitet wird und wie grundsätzlich versucht wird, zu verstehen, wie dieses Haus einst war. Es wird alles wieder originalgetreu hergerichtet. Auch bei den Baustoffen schaut Frank, dass diese baubiologisch passen.“

Behrens schwört darauf, dass die Steine mit Kalkhydrat verarbeitet werden: „Damit haben schon die alten Römer gebaut. Das sieht man heute noch an historischen Mauerwerken, die nach 2000 Jahren noch stehen.“

Während Behrens auf der Baustelle schuftet, deckt seine Mutter auf dem Hof im Sonnenschein den Mittagstisch. „Es ist ein schönes kleines Anwesen. Und es macht Spaß, es wieder zum Leben zu erwecken“, sagt Behrens. Ihm zur Hand gehen dabei – wenn es sich ergibt – seine beiden Söhne Arne und Finn sowie Tochter Josephina. „Ich verdiene mein Geld in der Schweiz, aber Rätzlingen ist meine Heimat und mein Zuhause“, betont der Bauherr. Ende des Jahres sollen die Fassade des Hauses fertig und alle Versorgungsanschlüsse verlegt sein.